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Stadt holt Tourismusmagnet von Dubai ins Lido

Der Schweizer Expo-Pavillon hat in Dubai Millionen begeistert. Nun geht seine Reise nach Rapperswil‑Jona. Das soll die Bevölkerung über das frühere Aus im Lido hinwegtrösten – und sich gar lohnen.

Fabio
Wyss
31.03.22 - 18:50 Uhr
Tourismus
Der Renner an der Expo: Der Schweizer Pavillon steht noch in Dubai und bald schon im Lido Rapperswil-Jona.
Der Renner an der Expo: Der Schweizer Pavillon steht noch in Dubai und bald schon im Lido Rapperswil-Jona.
PRESSEBILD

Eine gute und eine schlechte Nachricht machte die Stadt Rapperswil‑Jona gestern Donnerstag publik. An einer Videokonferenz informierte Stadtpräsident Martin Stöckling zusammen mit Vertretern aus der Tourismusbranche über die Pläne beim Lido. «Wir wollen einen Rückschlag als Chance nutzen. Ich bin der festen Überzeugung, dass uns das gelingt», eröffnete Stöckling.

Zuerst zur schlechten Nachricht – dem «Rückschlag»: Statt eine letzte Badisaison 2022 bleibt das sanierungsbedürftige Lido trockengelegt. Stöckling erklärte das mit einem Bewilligungsentzug seitens Kanton. Der Grund dafür seien neuerliche Schäden im Untergrund der maroden Anlage. Die «Linth-Zeitung» liess sich diese Schilderung nach der Informationsveranstaltung vom Kanton St. Gallen schriftlich bestätigen (siehe Box).

Leck verhindert Badeplausch im 2022
Als gäbe es nicht genug Tiefpunkte in Sachen Lido. Nun entzieht der Kanton der Stadt Rapperswil‑Jona auch noch die Bewilligung für den Badebetrieb. Grund dafür ist ein Kontrollgang des Kantonsstatikers Bruno Dell’ Acqua. Er stellte in den Technikräumen unter der Restaurantterrasse einen neuen Riss fest. «An der Seitenwand des Schwimmbeckens ist so ein Leck entstanden», erklärt Dell’ Acqua auf Anfrage. Diverse weitere bauliche Massnahmen wären für einen Badebetrieb 2022 nötig – vor der Saison aber nicht realisierbar – gewesen.
(wyf)

Fertig mit Schwimmen: Statt Badeplausch gibt es ab Juni im Lido ein touristisches Highlight. BILD MARKUS TIMO RÜEGG
Fertig mit Schwimmen: Statt Badeplausch gibt es ab Juni im Lido ein touristisches Highlight. BILD MARKUS TIMO RÜEGG

Nun zum positiven Aspekt dieser Hiobsbotschaft: Ins Lido soll stattdessen «Glamour der Kategorie Weltklasse» Einzug halten. Dieser Wortlaut stammt von Simon Elsener, Direktor Rapperswil Zürichsee Tourismus (RZST). Mit «Glamour» meint er den Schweizer Pavillon, der zurzeit in Dubai steht. Im Wüstenstaat weilen darum auch Elsener und Stöckling. Sie schalteten sich von dort in die Videokonferenz zu. Bis gestern dauerte in Dubai die Weltausstellung an. «Der Schweizer Pavillon hat hier knapp zwei Millionen Besucher aus der ganzen Welt begeistert. Nun soll er der Schweizer Bevölkerung erhalten bleiben und für Rapperswil‑Jona einen Mehrwert bieten», sagte Elsener.

Für Stadt lohnt sich Pavillon

Geplant ist, dass der Pavillon ab Juni für Gäste offen stehen soll. Dafür müssen im Erdreich vom Lido noch bauliche Massnahmen getätigt werden. «Im Zuge der Lido-Sanierung müssten ohnehin das Becken und weitere Installationen zurückgebaut werden», erklärte Stöckling. Er versicherte, dass der Pavillon zu keinen Mehrkosten führe, sondern sich eher noch finanziell lohne.

Der Grund: Tourismus Schweiz, RZST, Zürich Tourismus und Geldgeber aus den Vereinigten Arabischen Emiraten beteiligen sich an den Kosten. An der Konferenz konnte aber keiner der Vertreter genaue Angaben zu den dafür nötigen Geldbeträgen machen. «Darüber wurde mit den privaten Geldgebern Stillschweigen vereinbart», sagte Elsener. Auch ohne genaue Zahlen zu kennen, ist aber klar, dass sich die Transport- und Instandstellungskosten summieren dürften.

Teuer und beliebt

Das zeigen nur schon die initialen und betrieblichen Kosten für die Expo: Medienberichten zufolge soll der Pavillon rund 15 Millionen Franken verschlungen haben. Personen aus dem Umfeld der Expo-Organisatoren haben darum nach Elseners Aussagen grosses Interesse daran, dass der Schweizer Pavillon weitergenutzt werden kann.

Das quadratische Gebäude ist aber nicht nur teuer, sondern auch beliebt. Im Innern begeisterte ein aus Wasser produziertes Nebelmeer die internationalen Gäste. So kürte eine Jury den Schweizer Pavillon zum besten in der Kategorie der mittelgrossen Länderauftritte. Gesamthaft reichte es dem Schweizer Auftritt in die Top 5 der beliebtesten und «most instagrammable» Bauten der diesjährigen Weltausstellung. Notabene rund 200 Länder waren in Dubai vertreten.

Dass der Schweizer Pavillon bei all den Kosten und Auszeichnungen nicht im Wüstensand verlottert, ist von daher lobenswert. Und freut den eigentlichen Vater der Baute: Iwan Funk, Co-Geschäftsleiter der Zürcher Bellprat Partner AG. Dieses auf Tourismusinszenierungen spezialisierte Architekturbüro hat schon den Erlebnisweg Obersee entwickelt. Ein paar Schuhnummern grösser ist die ausgeführte Planung für die Weltausstellung.

Funk hat die Umsetzung vor Ort in Dubai mitentwickelt, darum könne er bestätigen: «Die Nachhaltigkeit ist bei den Expo-Verantwortlichen ein wichtiges Thema.» Neben dem Thema Ökologie betreffe das auch den kulturellen Austausch. «Darum sollen nach der Expo die Bauten weiter existieren.»

Vom Zürichsee ins Skigebiet

In Rapperswil‑Jona bleibt der Pavillon indes nur vorübergehend. Nach einem viermonatigen Aufenthalt am Zürichsee geht die Reise weiter in die Berge. Im Skigebiet Laax soll dann der 30 auf 30 Meter grosse Pavillon mindestens den ganzen Winter über stehen. Ob er danach nochmals zurück ins Lido kommt, ist von diversen Faktoren abhängig, wie Stadtpräsident Stöckling sagt: «Einerseits müssen wir schauen, ob unsere Bevölkerung überhaupt Gefallen findet am Pavillon. Andererseits ist noch unklar, was politisch beim Standort Lido passiert.»

Dass der Pavillon zumindest vorübergehend ins Lido passt, scheint für Stöckling aber unbestritten. «Neben Knies Zauberhut und dem Eisstadion ergänzt neu der Pavillon unsere Kulisse östlich vom Seedamm perfekt.» Rapperswil‑Jona erlange zudem internationale Bekanntheit. Auch glaubt er an positive Nebeneffekte für das Gewerbe: «Viele werden die Besichtigung des Pavillons verbinden – etwa mit einem Besuch des Kinderzoos oder einem Abendessen in der Altstadt.»

«Täglich 15 000 kommen nicht»

Auf die Frage dieser Zeitung, wie viel Tourismus denn eigentlich zu viel sei, reagierte Tourismusdirektor Elsener mit einem Lachen: «Man muss sich keine Sorgen machen, die täglich 15 000 Besucher des Pavillons in Dubai werden wir nicht erreichen.» Mit Extraschiffen sollen aber Gäste von Zürich nach Rapperswil kommen (siehe «Drei Fragen an …»). Damit solle der Städtetourismus angekurbelt werden, sagte Zürichs Tourismuspräsident Guglielmo Brentel.

Er hält die überregionale Arbeit mit Rapperswil Zürichsee Tourismus schon länger für hervorragend. «Aber die Grössenordnung dieses Projekts übertrumpft alles Bisherige», sagt der in Jona wohnhafte Brentel. Sein Einfluss in die nationalen und internationalen Tourismusnetzwerke ist laut Simon Elsener «matchentscheidend», um den 20 Meter hohen Pavillon in die Rosenstadt zu holen.

Gemäss Stöckling stehen im Lido seit Donnerstagnachmittag die Bauvisiere. Ab Montag soll das Bewilligungsverfahren beginnen.

Guglielmo Brentel, der Präsident von Zürich Tourismus im Interview.
Guglielmo Brentel, der Präsident von Zürich Tourismus im Interview.

Ist das nicht zu gross für Rapperswil-Jona?

Herr Brentel, der Schweizer Pavillon kommt nach Rapperswil‑Jona. Wie ordnen Sie das ein?
Das ist eine einmalige Chance, Rapperswil‑Jona als Qualitätstourismusort zu stärken. Rapperswil‑Jona als Kleinodpendant zu Zürich stärkt die ganze Region. Nach Corona reisen Städtereisende weniger, aber länger. Es ist darum wichtig, Gründe für einen längeren Aufenthalt anzubieten. Zusammen mit dem Enea-Baummuseum, dem Kinderzoo und dem Schloss erhält die Rosenstadt mit dem hochprämierten Pavillon einen weiteren Leuchtturm.

Sie wohnen selber in Rapperswil‑Jona. Ist das nicht eine Nummer zu gross für diese Stadt?
Unter den Folgen der Pandemie leidet am meisten der Städtetourismus. Um diesen anzukurbeln, braucht es besondere Massnahmen. Die Destination Zürich will nicht grösser, sondern besser werden, sodass die Entwicklung nachhaltig ist – mit einem qualitativ hochstehenden Individualtourismus mit hoher Wertschöpfung für den Tourismus und das Gewerbe.

An der Medienkonferenz sprachen Sie über Extraschiffe von Zürich nach Rapperswil. Wen wollen Sie damit zum Pavillon locken?
Das Ziel ist es, Tagesbesucher und übernachtende Touristen für einen Ausflug nach Rapperswil‑Jona zu gewinnen. Grosses Potenzial sehe ich bei Einwohnern, Besucherinnen und Touristen von Zürich und dem Flughafen. Der Pavillon auf dem Lido bildet dafür den perfekten zusätzlichen Reisegrund. Und da das Angebot nur auf Zeit zur Verfügung steht, ist es umso attraktiver. (
wyf)

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