Lufthansa steigt bei Alitalia-Nachfolger ein - Staat bleibt an Bord
Nach etlichen Versuchen landet die Lufthansa auf dem italienischen Markt. Bei der schrittweisen Übernahme der Ita Airways bleibt der italienische Staat zunächst an Bord.
Nach etlichen Versuchen landet die Lufthansa auf dem italienischen Markt. Bei der schrittweisen Übernahme der Ita Airways bleibt der italienische Staat zunächst an Bord.
Nach monatelangen Verhandlungen hat der deutsche Konzern mit dem italienischen Staat die Übernahme eines Minderheitsanteils von 41 Prozent an Ita Airways vereinbart, wie es am Donnerstag in einer Mitteilung hiess.
Dafür sollen der Ita 325 Millionen Euro Eigenkapital aus Lufthansa-Barmitteln zufliessen. Auch der italienische Staat habe sich verpflichtet, weitere 250 Millionen Euro in das Unternehmen einzubringen.
Kaufoption für restliche Anteile
Man habe zudem Optionen vereinbart, die es Lufthansa ermöglichen, die verbleibenden Anteile an ITA zu einem späteren Zeitpunkt zu übernehmen. Der Kaufpreis werde sich dabei nach der Geschäftsentwicklung von Ita Airways richten, teilte das Unternehmen mit.
Die Verträge sollten «in Kürze» abgeschlossen werden. In italienischen Medien hatte es am Montag noch geheissen, dass der Staat einen kleinen Anteil von 5 bis 10 Prozent noch länger halten könnte, um weiterhin wichtige Informationen aus erster Hand zu erhalten und Einfluss zu nehmen.
EU muss zustimmen
Der Deal steht unter dem Vorbehalt wettbewerbsrechtlicher Prüfungen auf nationaler und europäischer Ebene. Die EU-Wettbewerbshüter dürften insbesondere darauf achten, ob an den Flughäfen in Rom und Mailand Angebotsmonopole entstehen.
Die 2020 gegründete Italia Trasporto Aereo (Ita) hatte im Oktober 2021 den Flugbetrieb der insolventen Vorgängerin Alitalia übernommen, ist allerdings nicht deren Rechtsnachfolgerin. Start- und Landerechte wie auch die Marke Alitalia hat sich die neue Airline allerdings gesichert. Der legendäre Name könnte unter dem neuen Konzerndach möglicherweise schon bald wieder reaktiviert werden.
Als neuer Ita-Chef ist der italophile Lufthansa-Strategiechef Jörg Eberhart im Gespräch, der bereits die in Norditalien aktive Regionaltochter Air Dolomiti geleitet hat. Er soll mit einem weiteren Lufthanseaten in den fünfköpfigen Ita-Verwaltungsrat einziehen.
Hohe Verluste
Im vergangenen Jahr hat Ita Airways bei einem Umsatz von knapp 1,6 Milliarden Euro unter dem Strich einen Verlust von 486 Millionen Euro eingeflogen. Als Grund für die roten Zahlen nannte die Gesellschaft Ende März die Nachwehen der Corona-Pandemie, die gestiegenen Treibstoffkosten infolge des Ukraine-Krieges sowie den schlechten Euro-Dollar-Kurs.
Aktuell hat Ita laut dem Finanzministerium 71 Flugzeuge und soll im laufenden Jahr den Umsatz auf 2,5 Milliarden Euro steigern. Für Ende 2027 werden 94 Flugzeuge und ein Umsatz von 4,1 Milliarden Euro angepeilt. Die Belegschaft soll von aktuell 4300 auf mehr als 5500 Beschäftigte steigen.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr sprach von einer Win-Win-Situation für Italien, die Ita und sein Unternehmen. Er will die schlanke Alitalia-Nachfolgerin mit ihrer jungen Flotte über höhere Auslastung, günstigeren Einkauf und bessere Flugkoordination in die Gewinnzone bringen. Er sagte: «Als Teil der Lufthansa-Group-Familie kann Ita sich zu einer nachhaltigen und profitablen Fluggesellschaft weiterentwickeln, die Italien mit Europa und der Welt verbindet.»
Nach der kartellrechtlichen Überprüfung könnte der Abschluss der Teilübernahme bereits im Sommer vollzogen werden. Lufthansa will dann die operative Führung bei der dann fünften Netzwerk-Airline des Konzerns übernehmen.
Rom als sechstes Drehkreuz
Die Deutsche Lufthansa AG hat bereits die ehemaligen Staats-Fluglinien der Nachbarländer Schweiz, Österreich und Belgien erworben und als eigenständige Marken weitergeführt. Die belgische Sabena-Nachfolgerin Brussels Airlines hatte Lufthansa in zwei Stufen übernommen und zunächst ebenfalls mit einer Minderheit begonnen.
Rom soll dabei zum sechsten Drehkreuz des umsatzstärksten Luftverkehrskonzerns Europas werden. Als ein weiteres mögliches Übernahmeziel gilt die portugiesische Tap.
Die Lufthansa will jenseits der Alpen schon seit vielen Jahren Fuss fassen. Ein 2009 gestarteter Versuch unter dem Namen Lufthansa Italia fand schon 2011 sein Ende. Derzeit lockt der Konzern lediglich mit seiner Regionaltochter Air Dolomiti Umsteiger aus dem reichen Norditalien ans Drehkreuz München.
Nun erwirbt die Lufthansa mit der Ita Marktanteile in dem von externen Billigfliegern beherrschten Umfeld. Die Italiener erhoffen sich vom Kranich-Konzern mehr wirtschaftliche Sicherheit und eine Aufwertung ihrer Flughäfen.