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Bündner will das Lesen revolutionieren

Schneller und effektiver Lesen: Das soll dank Bionic Reading möglich sein. Die Idee stammt aus Graubünden und soll in die ganze Welt hinaus.

Corinne
Raguth Tscharner
06.05.18 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Fokussiert: Renato Casutt will mit seiner Lesemethode Bionic Reading das Lesen revolutionieren.
Fokussiert: Renato Casutt will mit seiner Lesemethode Bionic Reading das Lesen revolutionieren.
YANIK BÜRKLI

Bionic Reading heisst die vom Churer Renato Casutt ausgetüftelte Lesemethode, mit der ein Leser Inhalte schneller, bewusster und nachhaltiger aufnehmen können soll. «Mittels Auszeichnung von Fixationspunkten hat man die Möglichkeit, schneller über den Text zu gleiten und die darin enthaltenen Informationen einfacher und effektiver zu nutzen», sagt Casutt. «Es soll in unserer hektischen Zeit fokussiertes Lesen ermöglichen.»

«Es soll in unserer hektischen Zeit fokussiertes Lesen ermöglichen.»

Der vorangegangene Textabschnitt ist ein Beispiel dafür, wie beim Bionic Reading das Auge mithilfe von typografischen Merkmalen durch den Text geführt wird. Der Leser nehme die hervorgehobenen Anfangsbuchstaben eines Wortes wahr und das Gehirn vervollständige es dann, indem es auf den schon bestehenden Wortschatz zurückgreife, erklärt Casutt. Ähnlich wie bei Wörtern, die trotz verdrehter Buchstaben noch verständlich sind, weil das Gehirn sie automatisch korrigiert. Laut Casutt unterstützt Bionic Reading im Gegensatz dazu aber zusätzlich das Auge. «Es sagt dem Gehirn, es soll sich nur auf einzelne Bereiche des Wortes fokussieren – auf das Nötigste reduzieren.» Das beschleunige den Vorgang, und man hüpfe anschliessend schneller weiter im Text, so Casutt. Überhaupt mache man so während des Lesens keine Rücksprünge, weil man automatisch weitergehe und den Satz sinngemäss zusammensetze.

Die Zeit ist reif

Die Idee zum Projekt hatte Casutt bereits vor neun Jahren im Rahmen eines Schulprojekts. «Ich habe es aber lange in der Schublade gelassen, weil die Technik noch nicht so weit war.» Erst im Frühling 2016 nahm Casutt das Projekt richtig auf und fand in Unternehmensentwickler Stefan Hagen einen Partner. Nach zweieinhalb Jahren Entwicklungsphase gründeten sie am Freitag schliesslich die Bionic Reading GmbH.

«Jetzt wird es Schlag auf Schlag weitergehen», sagt Casutt. In wenigen Tagen habe man erste Gespräche mit dem grössten E-Book-Lieferanten Europas, der grosses Interesse an Bionic Reading bekunde und die Software optimal für seine gesamte Leserschaft einsetzen könnte.

Und es soll noch weiter gehen. «Wir wollen in jedem Browser vertreten sein, sodass der Internetnutzer die Möglichkeit hat, die Lesefunktion Bionic Reading zu wählen», sagt Casutt, der mit Tech-Giganten wie Microsoft, Adobe und Google arbeiten möchte. «Das sind unsere Vorstellungen für die Zukunft, die auch absolut realistisch sind.»

Ziel ist es laut Casutt, dass Bionic Reading internationale Verbreitung findet. Und dass es ein Standard werde. «Wir möchten, dass das Lesen revolutioniert wird. Dass man die Informationsaufnahme grundsätzlich überdenkt.»

Es muss gewollt sein

Damit Bionic Reading funktioniere, müsse man es aber zulassen, so Casutt. Nur dann werde man einen sehr positiven Effekt haben. «Aber wenn man es nicht zulässt, liest man einfach normal und dann können die Auszeichnungen als störend empfunden werden.» Befragungen haben laut Casutt aber gezeigt, dass das Projekt bisher durchaus positiv aufgenommen wird.

Corinne Raguth Tscharner ist stellvertretende Chefredaktorin Online und Zeitung und Chefin vom Dienst bei «suedostschweiz.ch». Zuvor erlernte sie das journalistische Handwerk als Volontärin in vier verschiedenen Redaktionen (Print, Online, Radio, TV) und war als Online-Redaktorin tätig.

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Meine Güte. Haben wir echt keine echten Probleme auf unserer armen Welt?
"Der Leser nehme die hervorgehobenen Anfangsbuchstaben eines Wortes wahr und das Gehirn vervollständige es dann, indem es auf den schon bestehenden Wortschatz zurückgreife, erklärt Casutt."
Das nenne ich Vorurteil. Das haben wir in Politik und Medien overkillmässig - schädlich finde ich das.
Beispiel:
Russland/Putin wird insbesondere in Europa US-schlechtgeredet, das Gegenteil müssten wir tun.
https://www.youtube.com/watch?v=P_AZhXhOpII
Meine Ansicht: "Demokratie" (was ist das?) haben wir in Europa nicht wegen den USA sondern wegen Russland. Wenn Russland fällt, sehe ich kein Regulativ noch Zuflucht mehr - auch für Snowdon war Russland die einzige. Und Assange vermodert in Ecuadors London. Warum wohl?
Zitat:
Carl Amery äußert in seinem 1998 erschienenem Buch "Hitler als Vorläufer: Auschwitz - der Beginn des 21. Jahrhunderts?" die Befürchtung, dass Hitler kein "Betriebsunfall der Geschichte" sei, sondern der Versuch einer Antwort auf die schon lange erkennbare Bedrohung der Menschheit durch die Ressourcenverknappung. Damit verknüpft Amery die Warnung, dass ein ähnlicher, diesmal besser ausgeführter "Hitlerismus" drohe, sollte uns nicht rechtzeitig eine angemessene Antwort auf die zunehmenden Probleme einfallen. Eine ernst zu nehmende und vorausschauende Warnung, wenn man sich die Konflikte der jetzigen Zeit anschaut.

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