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Fluorverbot: Verunsicherung im Fahrerinnenlager

Der Einsatz von Fluorwachs ist in dieser Weltcupsaison verboten. Drei Tage vor dem Auftakt hat die FIS den Grenzwert von 1,0 auf 1,8 angehoben. Zurück bleiben Fragen und verunsicherte Fahrerinnen.

Agentur
sda
27.10.23 - 18:00 Uhr
Ski alpin
Ein Mitarbeiter bringt Wachs auf einem Skibelag auf
Ein Mitarbeiter bringt Wachs auf einem Skibelag auf
KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER

Es ist das Thema, das im Skizirkus kurz vor dem Saisonstart am meisten zu reden gibt: Das auf diese Saison neu eingeführte Verbot von Fluorwachs. So unverfänglich dieses ist - Fluor ist umweltschädlich und krebserregend -, so viele Fragen wirft die Umsetzung auf.

Konkret geht es um den von der FIS festgelegten Grenzwert. Erst setzte der internationale Skiverband diesen auf 1,0 fest, ehe er ihn drei Tage vor dem Saisonstart auf 1,8 anhob. Dies, um «einen reibungslosen Ablauf der Tests zu Beginn der Saison zu gewährleisten und um jegliche Spekulationen über eine mögliche Kontamination von Skis auszuschliessen», wie aus einem internen FIS-Dokument hervorgeht. Dies allein zeigt, dass die Messmethoden noch nicht ausgereift sind. Den Beleg dafür liefert die FIS gleich nach: «Der Schwellenwert für Tests wird für einen begrenzten Zeitraum bis zum 31. Dezember 2023 angehoben.» Was dann folgt, schreibt der Weltverband nicht. Fragezeichen über Fragezeichen, die auch an den Athletinnen und Athleten nicht spurlos vorbei gehen.

«Es ist kompliziert»

Lara Gut-Behrami etwa sagt: «Es ist kompliziert.» Ski ohne Fluor hätten bei den Tests im Vorfeld rot angezeigt. «Es ist verwirrend.» Die Tessinerin spricht von erhöhtem Druck auf die Servicemänner, von möglicher Sabotage und Manipulation. «Vielleicht könnte man mit Fluor starten, aber im Ziel zeigt es nichts an. Es gibt noch viele Unsicherheiten.»

Ins gleiche Horn stösst Wendy Holdener. «Wir hatten zuletzt schon mehr Diskussionen aufgrund der Unklarheiten. Ich mache mir aber weniger Sorgen als die Speed-Fahrerinnen», so die Slalom-Spezialistin, die vornehmlich in den technischen Disziplinen zuhause ist.

Schnelle Disziplinen mehr betroffen

Grössere Auswirkungen hat das Verbot in den schnellen Disziplinen, wo der Wachs die Gleitfähigkeit des Skis massgeblich beeinflusst. Lara Gut-Behrami spricht von bis zu einer Sekunde, die man verlieren könnte, wobei es natürlich auch auf die Strecke und die Schneebeschaffenheit ankommt.

Ein langjähriger Servicemann, der namentlich nicht genannt werden möchte, erklärt: «Fluor ist extrem wasserabweisend. Sein Einsatz macht also vor allem dann Sinn, wenn die Temperaturen hoch und der Schnee nass sind. Ist es jedoch sehr kalt und der Schnee trocken, wie üblicherweise in Nordamerika, kann Fluor gar kontraproduktiv wirken.»

Verwende man wie bis anhin Fluorpulver oder flüssigen Fluorwachs, kämen Werte zwischen 10 und 14 heraus, so der Servicemann. Sprich: Eine komplette Missachtung des Verbots würde die Athleten auffliegen lassen. Den angepassten Toleranzwert auszuschöpfen wäre hingegen möglich, wenn auch riskant.

Dass in Sölden reihenweise Disqualifikationen ausgesprochen werden, davon geht trotz vieler Unklarheiten niemand aus. Michel Vion, Generalsekretär des internationalen Skiverbands, sagte am FIS-Forum in Sölden einen Tag vor dem Saisonstart vielsagend: «Wir wollen keine Disqualifikationen.»

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