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Was bedeutet ein demokratischer Entscheid?

Um die geplante Aufweitung der Linth beim Kundertriet in Mollis ist ein juristischer Streit entflammt. René Brandenberger zu den Vorwürfen, dass «gezielte Falschaussagen» verbreitet wurden.

Südostschweiz
27.06.23 - 04:30 Uhr
Politik
«Die Aussage von Regierungsrat Kaspar Becker ist schlicht und ergreifend infam», wehrt sich René Brandenberger, .
«Die Aussage von Regierungsrat Kaspar Becker ist schlicht und ergreifend infam», wehrt sich René Brandenberger, .
Bild Sasi Subramaniam

von René Brandenberger*

Die Aussage von Regierungsrat Kaspar Becker, wir hätten mit «gezielten Falschaussagen» das Projekt einer Aufweitung am Escher-Kanal torpediert, ist schlicht und ergreifend infam. Mehr noch: Es zeigt die respektlose Haltung eines Mitglieds unserer Kantonsregierung gegenüber den Grundrechten unserer Demokratie, sich gegen ein Vorhaben zur Wehr zu setzen. Und wenn ein solches Vorhaben unnütz, gefährlich, zerstörerisch und eine reine Geldverschwendung ist, ohne jeglichen Nutzen für das Volk, wie dies bei der geplanten Aufweitung am Escher-Kanal im Kundertriet der Fall ist, dann greift der Präsident der Linthkommission zu Unterstellungen, die es zu klären gilt. Da hört für mich der Spass auf!

In einem ganzseitigen Beitrag «Linthkommission stellt sich gegen Gemeindeversammlung» macht Becker bezüglich der geäusserten Kritik an der Aufweitung im Chli-Gäsitschachen das Volk glauben, dass alles bestens sei. Dabei hat er selbst noch am 17. Juni 2022 in den «Glarner Nachrichten» in einem ebenfalls ganzseitigen Beitrag zugegeben: «Das ist nötig, weil die bestehende Aufweitung im Chli-Gäsitschachen ein Problem hat. Seit 2017 steigt dort die Flusssohle an, weil sich zu viel Geschiebe ablagert.» Ich bin gerne bereit, die Vergess­lichkeit von Kaspar Becker zu verzeihen, wenn er zugibt, dass die Aufweitung Chli-Gäsitschachen überhaupt nichts gebracht hat, weder in Bezug auf erhöhten Hochwasserschutz, noch in Bezug auf Naturschutz. Dass unsere Kritik, wie Becker sagt, für die Linthkommission «in keiner Weise nachvollziehbar» ist, wirft aber noch eine viel schwerwiegendere Frage auf; nämlich diejenige der fachlichen Kompetenz der Linthverwaltung.

Ich gebe zu, dass ich – genau wie Hans Conrad Escher von der Linth – kein Wasser­baumeister mit Fachausbildung bin. Da musste sich Escher auf seine Ingenieure Tulla und Osterried verlassen. Ich für meinen Teil verlasse mich ebenfalls auf die ausgewiesenen Ingenieure und auf die Fachliteratur der ETH/VAW und verweise auf die Publikation Nr. 200, Flussaufweitungen: Möglichkeiten und Grenzen. Würden der Präsident der Linth­kommission, vor allem aber die Linthverwaltung, diese Publikationen nicht nur kennen, sondern auch studieren, dann würden Aussagen wie «Aufweitungen gelten heute als vor­rangige und unbestrittene Massnahmen für den Hochwasserschutz» sehr stark relativiert werden müssen, weil sie beim Projekt Kundert­riet überhaupt nichts bringen würden.

Schliesslich sei an dieser Stelle noch eine Sache unmissverständlich festgehalten: Die Linthkommission und Linthverwaltung brüsten sich immer wieder damit, Direktbetroffene und Verbände «von Anfang an» einzube­ziehen. Das stimmt. Sie werden «an den Tisch» geholt, haben aber nichts zu sagen. Die Behauptung, sie würden das Projekt mittragen, ist deshalb mehr Zweckoptimismus als den Tatsachen entsprechend. Für die Linth-Escher-Stiftung ist die Hochwassersicherheit und der demokratische Entscheid des Stimmvolkes von Glarus Nord der alles entscheidende Massstab für unser jetziges und künftiges Handeln.

*René Brandenberger ist Präsident der Linth-Escher-Stiftung und ehemaliger Landrat

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