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Mehr als 60 Tote bei Anschlag in Moskau - Suche nach den Tätern

Bei dem mutmasslichen Terroranschlag auf eine Veranstaltungshalle am Stadtrand von Moskau sind mehr als 60 Menschen getötet worden. Das meldete die Nachrichtenagentur Tass am frühen Samstagmorgen unter Berufung auf das Staatliche Ermittlungskomitee Russlands. Spezialeinheiten der russischen Nationalgarde waren an der Crocus City Hall in der Stadt Krasnogorsk im Moskauer Gebiet im Einsatz und suchten nach den Tätern. Zudem wurden Personen in Sicherheit gebracht. Um wie viele Angreifer es sich handelte, war zunächst nicht bekannt. Auf Videos war zu sehen, wie Menschen um ihr Leben rannten. Die Hintergründe des Angriffs waren zunächst unklar. Das Ermittlungskomitee nahm ein Verfahren wegen eines mutmasslichen Terrorakts auf, wie die Behörde im Nachrichtendienst Telegram mitteilte.

Agentur
sda
23.03.24 - 02:31 Uhr
Politik
dpatopbilder - Ein Soldat der russischen Nationalgarde (Rosgwardija) sichert ein Gebiet, während über Crocus City Hall am westlichen Rand Moskaus ein gewaltiger Brand zu sehen ist. Foto: Dmitry Serebryakov/AP
dpatopbilder - Ein Soldat der russischen Nationalgarde (Rosgwardija) sichert ein Gebiet, während über Crocus City Hall am westlichen Rand Moskaus ein gewaltiger Brand zu sehen ist. Foto: Dmitry Serebryakov/AP
Keystone/AP/Dmitry Serebryakov

Die Terrormiliz Islamischer Staat reklamierte den Anschlag für sich, wie das IS-Sprachrohr Amak am Freitag im Internet unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen meldete. Experten gingen davon aus, dass dieses Bekennerschreiben echt ist.

Am Freitagabend gab es Behördenangaben Schüsse und Explosionen in der Veranstaltungshalle. Mehrere Unbekannte in Kleidung in Tarnfarben hätten die Crocus City Hall kurz vor einem Konzert der Rockgruppe Piknik gestürmt und das Feuer eröffnet, teilte die russische Generalstaatsanwaltschaft mit. Westliche Botschaften hatten zuletzt vor Terroranschlägen in Moskau gewarnt. Der Kreml hatte dies als Provokation des Westens bezeichnet.

Das russische Zivilschutzministerium teilte mit, dass das Gebäude, in dem auch eine Konzerthalle mit Tausenden Sitzplätzen ist, auf einer Fläche von 13 000 Quadratmetern in Flammen stand. Auch Löschhubschrauber waren im Einsatz. An dem Gebäude waren lodernde Flammen zu sehen und eine riesige Rauchwolke. Das Dach soll eingestürzt sein. Dutzende Rettungswagen waren im Einsatz und viele Busse, um Menschen in Sicherheit zu bringen. Die Lage war über Stunden unübersichtlich. Das russische Gesundheitsministerium sprach von 145 Verletzten, zu denen auch Kinder zählten. 115 von ihnen seien in Krankenhäuser gebracht worden. Etwa 60 Erwachsene seien schwer verletzt.

In der Crocus City Hall gibt es mehrere Veranstaltungssäle, die auch für Messen genutzt werden. Es ist eine der beliebtesten Freizeitstätten für die Moskauer und die Menschen im Umland der russischen Hauptstadt. Immer wieder sind dort auch Stars aufgetreten. Am Freitagabend hätte es ein Konzert der russischen Rockband Piknik geben sollen.

Russlands Präsident Wladimir Putin liess sich nach Kremlangaben «seit der ersten Minute» über die Geschehnisse informieren. Er erhalte über die entsprechenden Dienste ständig alle wichtigen Informationen über das Geschehen und die eingeleiteten Massnahmen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge.

Die Chefin des Föderationsrats, dem Oberhaus des russischen Parlaments, Valentina Matwijenko, drohte den Drahtziehern des Anschlags mit Vergeltung. «Diejenigen, die hinter diesem fürchterlichen Verbrechen stehen, werden die verdiente und unausweichliche Strafe dafür erhalten», schrieb sie auf ihrem Telegram-Kanal. Der Staat werde zugleich alles tun, um den Hinterbliebenen zu helfen, kündigte sie an.

Das ukrainische Aussenministerium wies den Verdacht einer ukrainischen Verwicklung zurück. Die USA mahnten in einer ersten Reaktion ebenfalls an, keinen Zusammenhang mit der Ukraine herzustellen. «Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Ukraine oder Ukrainer mit den Schüssen zu tun hatten», sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, in Washington. Man könne noch nicht viel zu den Details mitteilen, rate aber zu diesem frühen Zeitpunkt eindringlich von der Annahme ab, dass es eine Verbindung zur Ukraine gebe. Das US-Aussenministerium riet amerikanischen Staatsbürgern vor Ort, grosse Menschenansammlungen zu meiden.

Die Europäische Union verurteilte den Angriff. Die EU sei schockiert und entsetzt, schrieb EU-Kommissionssprecher Peter Stano auf der Plattform X (früher Twitter). Die EU verurteile jegliche Angriffe auf Zivilisten. «Unsere Gedanken sind bei allen betroffenen russischen Bürgern.» UN-Generalsekretär António Guterres und der UN-Sicherheitsrat verurteilten den Anschlag ebenfalls.

Das Auswärtige Amt schrieb auf X von einem «furchtbaren Angriff auf unschuldige Menschen». Die Hintergründe müssten rasch aufgeklärt werden. «Unser tiefes Mitgefühl gilt den Familien der Opfer», hiess es weiter. Auch Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sprach ebenfalls auf X von einem «feigen Angriff auf Menschen, die einfach nur Musik hören wollten».

Als Konsequenz des Anschlags bleiben am Wochenende alle Theater und Museen in Moskau geschlossen, darunter weltberühmte wie die Tretjakow-Galerie und das Puschkin-Museum. Zuvor hatte der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin gesagt, dass alle Grossveranstaltungen in Europas grösster Stadt abgesagt seien. Auch im Moskauer Umland sagten die Behörden Massenveranstaltungen ab.

2002 hatten tschetschenische Bewaffnete 850 Menschen in einem Musical-Theater in ihre Gewalt gebracht. Am vierten Tag des Dramas betäubte der Inlandsgeheimdienst die Geiselnehmer und die Geiseln mit einem Gas. Die Terroristen wurden erschossen. 135 Geiseln kamen ums Leben, die meisten von ihnen durch unzureichende medizinische Versorgung.

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