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Erstwohnungsanteil wird im Kurort Flims zur Pflicht

Wie lässt sich bezahlbarer Wohnraum für Einheimische, Zuziehende und Personal in einer Tourismusgemeinde sichern? Flims hat Massnahmen in petto – und kann sie nun dank einem Urnenentscheid umsetzen.

Jano Felice
Pajarola
26.11.23 - 13:15 Uhr
Politik
Kommunales Zweitwohnungsgesetz soll helfen: Flims möchte Einheimischen, Zuziehenden und dem touristischen Personal genügend Wohnraum bieten können.
Kommunales Zweitwohnungsgesetz soll helfen: Flims möchte Einheimischen, Zuziehenden und dem touristischen Personal genügend Wohnraum bieten können.
Bild Archiv

Die Zahl spricht für sich. Mindestens 100 Erstwohnungen wurden in Flims alleine im Zeitraum von 2017 bis 2021 in Zweitwohnungen umgenutzt. Das hat eine Studie der Fachhochschule Graubünden ergeben. Und der Trend geht weiter. Mit einem Entscheid an der Urne gibt der Flimser Souverän nun Gegensteuer: Er hat am Sonntag mit 540:191 Stimmen eine Teilrevision der Ortsplanung für die Förderung von Erstwohnungen und den Erlass eines kommunalen Zweitwohnungsgesetzes gutgeheissen, wie die Gemeinde mitteilt.

Einheimische sollen aus dem Dorfzentrum nicht verdrängt werden

Das Grundproblem: Die Nachfrage nach Wohnraum hat in Flims in den letzten Jahren stark zugenommen, die Immobilienpreise sind deutlich gestiegen, insbesondere auf dem Zweitwohnungsmarkt. Und das wiederum erhöht den Druck auf die altrechtlichen Wohnungen – sie werden wegen der Preise und der Nachfrage vermehrt auf dem Zweitwohnungsmarkt gehandelt.

Gemäss den aktuellsten Erhebungen vom Juni 2022 gibt es in Flims gut 5000 Wohnungen, und 95 Prozent davon sind altrechtlich, das heisst, sie haben schon vor der Annahme der Zweitwohnungsinitiative anno 2012 bestanden und können folglich nach Bundesrecht uneingeschränkt als Zweitwohnraum genutzt oder umgenutzt werden. Ortsansässige belegen momentan noch rund ein Drittel dieser altrechtlichen Wohnungen. Dieser Anteil soll nicht noch weiter schrumpfen, im Gegenteil: Die Einheimischen sollen nicht verdrängt werden und abwandern müssen, ausserdem sollen Wohnungen für Zuziehende und für Tourismuspersonal vorhanden sein.

50 Prozent Erstwohnungsanteil bei neubauähnlichen Eingriffen

Das Mittel dazu ist das am Sonntag genehmigte Zweitwohnungsgesetz. Es führt eine sogenannte Erstwohnungsanteilspflicht ein. Das heisst: Werden altrechtliche Wohnungen abgebrochen und wieder aufgebaut, müssen 50 Prozent der Hauptnutzfläche als Erstwohnung zur Verfügung gestellt werden. Dasselbe gilt bei neubauähnlichen oder wesentlichen Umbauten. Die Erstwohnungspflicht kann alternativ durch eine Ersatzabgabe abgegolten werden, und zwar pro Quadratmeter nicht realisierter Erstwohnungsfläche. Diese Mittel verwendet die Gemeinde dann für die aktive Förderung von Erstwohnungen, wie es in der Abstimmungsbotschaft heisst.

Sechs Millionen Franken für Wärmeproduktionsanlage

Ebenfalls bejaht wurden am Sonntag ein neues Gesetz über den Bevölkerungsschutz sowie ein zinsloses rückzahlbares Darlehen von sechs Millionen Franken an die Flims Electric AG. Die Finanzierungshilfe dient dem Bau einer rund 16 Millionen Franken teuren Produktionsanlage für Wärme auf der Basis von Holzschnitzeln aus den lokalen und regionalen Wäldern inklusive Wärmeleitungsnetz. Ausgelöst wird das Darlehen laut Mitteilung erst, wenn die Projektkosten auf einer gesicherten Basis stehen, die Verträge mit der Gemeinde Laax als Partnerin sowie mit den Hauptwärmeabnehmern vorliegen und die Führung von Flims Electric das Projekt freigegeben hat. Geplant ist die Energiezentrale im Flimser Gebiet Prau Pulté.

Jano Felice Pajarola berichtet seit 1998 für die «Südostschweiz» aus den Regionen Surselva und Mittelbünden. Er hat Journalismus an der Schule für Angewandte Linguistik in Chur und Zürich studiert und lebt mit seiner Familie in Cazis, wo er auch aufgewachsen ist.

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