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Schweizer Händler wollen Steuererhöhung abfedern

Ab nächstem Jahr gilt in der Schweiz ein höherer Mehrwertsteuersatz. Die meisten Händler planen deswegen jedoch keine Preiserhöhungen.

Südostschweiz
18.10.23 - 04:30 Uhr
Politik
Lastwagen vor dem Volg-Lager in Winterthur: Ob der Konzern die Verkaufspreise wegen des ab nächstem Jahr geltenden höheren Steuersatzes anhebt, ist noch offen.
Lastwagen vor dem Volg-Lager in Winterthur: Ob der Konzern die Verkaufspreise wegen des ab nächstem Jahr geltenden höheren Steuersatzes anhebt, ist noch offen.
Bild Melanie Duchene / Keystone

von Tabea von Ow

Erstmals seit sechs Jahren klettert der Mehrwertsteuersatz wieder in die Höhe. Als Folge der vom Stimmvolk angenommenen AHV-Reform steigt der Normalsatz von bislang 7,7 auf 8,1 Prozent. Der reduzierte Satz für Lebensmittel legt von 2,5 auf 2,6 Prozent zu.

Vor ein paar Tagen kündigte der Detailhändler Aldi Schweiz gross an, er werde die Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht an seine Kundinnen und Kunden weitergeben. Insbesondere bei Lebensmitteln, wo die Steuer um 0,1 Prozentpunkte hoch geht, fällt die Erhöhung allerdings auch kaum ins Gewicht. So steigt etwa die Mehrwertsteuer bei einem halben Kilo Schweizer Cherrytomaten mit einem Verkaufspreis von knapp 5 Franken nur um rund einen halben Rappen. Bei teureren Produkten wie etwa einer Waschmaschine für 800 Franken und der etwas stärkeren Erhöhung der Steuer macht sich der Unterschied hingegen bemerkbar. In diesem Fall verteuert sich das Produkt theoretisch um rund 3 Franken. Diesen Betrag muss das Unternehmen also von der Marge streichen, wenn es ihn nicht weiterreichen möchte oder kann.

Händler stehen unter massivem Konkurrenzdruck

Aldi dürfte nicht der einzige Händler sein, der die Mehrwertsteuererhöhung selber tragen will. Der Geschäftsführer des Handelsverbands Schweiz, Bernhard Egger, geht davon aus, dass viele Händler diese Mehrkosten nicht an ihre Kunden weiterreichen werden. Das hat auch mit der Psychologie der Preisgestaltung zu tun, wie er gegenüber AWP sagt: «Vor allem wenn der Verkaufspreis ein sogenannter Grenzpreis ist – also zum Beispiel 99.00 Franken, 9.95 oder auch 4.99 – werden die Händler ihn kaum erhöhen.» Gemäss Studien aus der Verhaltenspsychologie sind Konsumenten nämlich eher bereit ein Produkt zu kaufen, wenn es statt 10.00 Franken 9.90 Franken kostet. Der Gedanke der Preispsychologie dürfte gemäss Egger von den Händlern denn auch stärker gewichtet werden als eine mögliche Margenverengung wegen der Mehrwertsteuererhöhung.

Ein weiterer Punkt ist die starke Konkurrenz unter den Anbietern. «Der Wettbewerbsdruck führt tendenziell dazu, dass die Retailer zumindest einen Teil der Mehrkosten nicht an die Endkunden weitergeben», meint die Geschäftsführerin des Verbandes Swiss Retail Federation, Dagmar Jenni.

Viele Händler wollen die Preise nicht hochschrauben

So geben denn auch diverse Händler auf Anfrage bereits bekannt, dass sie die entstehenden Mehrkosten selber tragen wollen. «Die Migros sowie auch Denner und Migrolino werden im Januar 2024 keine mehrwertsteuer­bedingten Preiserhöhungen durchführen», schreibt etwa die Migros-Gruppe auf Nachfrage. Auch Lidl verweist darauf, dass man die Mehrkosten übernehme und die Preise für die Kundschaft damit gleich blieben. Bei anderen steht die Entscheidung noch nicht fest. «Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht klar, ob die Mehrwertsteuererhöhung zu höheren Verkaufspreisen führen wird», heisst es etwa bei Volg.

«Der Wettbewerbsdruck führt tendenziell dazu, dass die Retailer zumindest einen Teil der Mehrkosten nicht an die Endkunden weitergeben.»

Dagmar Jenni, Geschäftsführerin des Verbandes Swiss Retail Federation

Es sind auch nicht nur die Händler, die primär im Lebensmittelbereich tätig sind, welche die Kosten selber tragen. So gibt etwa auch Manor an, dass «keine grundsätzliche Preiserhöhung aufgrund der höheren Mehrwertsteuern» geplant seien. Andere Detailhändler haben sich noch nicht entschieden. Eine Voraussage sei bei Mediamarkt nicht möglich, sagte etwa einer Sprecherin auf Anfrage. Und bei Coop heisst es lediglich, dass eine Anpassung auf 2,6 von 2,5 Prozent im Food-Bereich ohnehin gering sei und die Auswirkungen daher «kaum spürbar».

Dass die Detailhändler ihre Waren wegen der Mehrwertsteuer nicht verteuern, heisst allerdings nicht, dass das Einkaufen nicht teurer wird. Die allgemeine Teuerung schenkt viel deutlicher ein als die Erhöhung der Mehrwertsteuer. So kostete beispielsweise 1 Kilo Kartoffeln im September dieses Jahres im Schnitt 3.02 Franken und damit gemäss Zahlen des Bundesamts für Statistik 5,3 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.

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