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Sie bringen Licht in die Klimadebatte

Wie schafft es Rapperswil‑Jona, bis 2050 klimaneutral zu werden? Um diese Frage drehte sich ein Podium, das von örtlichen Jungparteienorganisiert wurde. Und bei dieser Generation auf Resonanz stiess.

Fabio
Wyss
18.01.23 - 17:54 Uhr
Politik
Podiumsdiskussion in Rapperswil-Jona: Mitte-Präsident Ivo Reichenbach, Ost-Mitarbeiterin Zoe Stadler, Stadtrat Christian Leutenegger und WWF-Vertreter Robin Stacher (v.l.) zeigen den Weg zu Netto Null bis 2050 auf.
Podiumsdiskussion in Rapperswil-Jona: Mitte-Präsident Ivo Reichenbach, Ost-Mitarbeiterin Zoe Stadler, Stadtrat Christian Leutenegger und WWF-Vertreter Robin Stacher (v.l.) zeigen den Weg zu Netto Null bis 2050 auf.
BILDER FABIO WYSS

Kaum ein Veloabstellplatz lässt sich finden – trotz winterlichem Wetter. Auf dem Zeughausareal in Rapperswil‑Jona herrscht für einen Dienstagabend ungewohnt viel Betrieb. Im Lokal «Opendoor 67» organisieren die lokalen Jungparteien der Mitte, SP und GLP eine Klimadebatte. «Wir Junge wollen zum Thema Klimawandel etwas beitragen, weil es unsere Generation direkt betrifft», sagt Mitorganisator Filip Bovens.

Er ist überrascht, weil deutlich mehr das Podium mitverfolgen wollen, als erwartet. Knapp 70 mehrheitlich Junge wohnen der Veranstaltung bei. Mit einem Referat datiert Fabian Ruoss, der Klimabeauftragte der Stadt, eingangs das Publikum auf. Sein Fazit: «Die Lösungen liegen bereit, man muss nur willig sein, diese anzupacken. Dann ist das Netto-Null-Ziel bis 2050 erreichbar.»

Netto-Null anvisiert: Fabian Ruoss (l.), Klimabeauftragter der Stadt
Netto-Null anvisiert: Fabian Ruoss (l.), Klimabeauftragter der Stadt

5,6 Millionen im 2023

Dafür brauche es aber grosse Anstrengungen, sagt Ruoss. Die Stadt hat darum alleine für dieses Jahr 5,6 Millionen Franken budgetiert für Massnahmen im Zusammenhang mit Klimaschutz, Biodiversität und erneuerbaren Energien. Zu den grössten Herausforderungen zählt er den Verkehr. Dieser nimmt in der anschliessenden Debatte viel Raum ein. «Es braucht weniger Strassenfläche. Wer Strassen sät, erntet Verkehr», sagt Zoe Stadler, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Ost.

Mitte-Präsident Ivo Reichenbach klagt indes über teils ungenügende ÖV-Verbindungen. Seine Firma ist im Joner Buech angesiedelt. «Von dort dauert es mit Bus und Zug länger nach Zürich als von Uznach her.» Klar kämen deshalb viele seiner Mitarbeitenden mit dem Auto. «Wenn aber alle auf Zug und Bus umsatteln, würde dies das System auch nicht verkraften», sagt Reichenbach. Er propagiert darum flexiblere Arbeitszeiten und mehr Homeoffice.

Mit Steuern lenken

Entgegen der Meinung seiner Kantonalpartei ist Reichenbach auch für steuerliche Lenkungsmassnahmen. «Wer möglichst weit weg arbeitet, kann das von den Steuern abziehen. Stattdessen müssten kurze Arbeitswege gefördert werden», sagt er.

Ähnliche politische Fehlanreize erwähnt Robin Stacher vom WWF. «Der Kanton Thurgau kannte bis vor Kurzem eine Umstiegsprämie für Leute, die von fossilen Fahrzeugen auf Elektroautos umstiegen. Jene, die bewusst auf ein Auto verzichten, gehen aber leer aus.» Das Auto als Verkehrsmittel wurde gemäss Stacher in den letzten Jahren von der Politik bevorzugt. Obwohl auch bei fossilfreiem Antrieb Emissionen entstünden – etwa durch Pneuabrieb.

Politisch direkt Einfluss nimmt der vierte Podiumsgast, Rapperswil‑Jonas Bauchef Christian Leutenegger. «Wir müssen die Leute nicht mit dem Vorschlaghammer vom Auto wegbringen», findet er. Lieber feiner Druck, denn zu viel Druck erzeuge Gegendruck. Als Beispiel erwähnt er Parkplätze: «Das wird ein grösseres Thema in der Ortsplanungsrevision.» Statt wie bisher ein Minimum an Parkplätzen könnte künftig ein Maximum vorgeschrieben werden.

Zudem weiss er von Firmen wie Geberit, die sich an ÖV-Tickets ihrer Angestellten beteiligen. «Ich versuche das im Personalwesen in der Stadt ebenfalls durchzubringen», sagt Stadtrat Leutenegger. Er ist aber überzeugt, dass bei allen Massnahmen der Umstieg im Kopf jedes Einzelnen passieren müsse. Und dass das Velo das beste aller Verkehrsmittel in einer Stadt wie Rapperswil‑Jona ist.

Hoffnung und Appell

Dabei setzt er viel Hoffnung in jüngere Generationen. «Meine Kinder könnten unser Auto benutzen. Sie tun es nie, sondern fahren mit dem Zug oder Velo. Ich war damals anders», sagt Leutenegger. An die Jungen im Publikum sagt er, dass er sich auf ein Wiedersehen freuen würde: «Kommt an unsere Veranstaltungen zur Ortsplanungsrevision! Dort könnt ihr direkt Einfluss auf klimapolitische Anliegen nehmen.»

Das «Opendoor 67» ist bis auf den letzten Platz belegt: Die Klimadebatte lockt ins Zeughausareal.
Das «Opendoor 67» ist bis auf den letzten Platz belegt: Die Klimadebatte lockt ins Zeughausareal.
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