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Parlamentsgegner gehen mit Stadt auf Konfrontationskurs

Die Gegner des Stadtparlaments Rapperswil‑Jona kämpfen mit harten Bandagen: Sie erwägen eine Abstimmungsbeschwerde, falls die Stadt gewissen Forderungen nicht nachkommt. Die Gemeinde nimmt es gelassen

Fabio
Wyss
16.01.23 - 18:13 Uhr
Politik
Damals ging es noch: An der Bürgerversammlung konnten die Parlamentsgegner ihre Argumente einbringen – sie pochen auf dieses «Recht», auch vor dem Urnengang.
Damals ging es noch: An der Bürgerversammlung konnten die Parlamentsgegner ihre Argumente einbringen – sie pochen auf dieses «Recht», auch vor dem Urnengang.
BILD ARCHIV

Die Vorwürfe wirken auf den ersten Blick happig. Die Gemeindekanzlei von Rapperswil‑Jona verwehre dem Gegenkomitee zum Stadtparlament, ihre Argumente darzulegen. Konkret geht es um das Abstimmungsbüchlein, das im Vorfeld der Urnenabstimmung vom 12. März in die Haushalte verteilt wird.

Das Nein-Komitee möchte seine Gegenargumente in diesen Stimmunterlagen einbringen. Gemäss Medienmitteilung vom Montag hat das Komitee wiederholt diese Bitte an die Stadt herangetragen. «Der Stadtrat hat sich dagegen mehrfach und eisern gewehrt», schreibt das Komitee.

Was ist da los? «Das Vorgehen basiert auf den geltenden rechtlichen Grundlagen», sagt Andrea Frei, Leiterin Kommunikation der Stadt. Sie zitiert dazu das St. Galler Gemeindegesetz. Dieses lege in Artikel 71 fest, dass den Stimmberechtigten vor jeder Abstimmung über eine Sachvorlage das Gutachten des Rates bekannt zu geben sei. Gegenargumente seien ausschliesslich einem Initiativ- oder Referendumskomitee vorbehalten. Diese könnten eine kurze und sachliche Stellungnahme verfassen.

Bei der Vorlage zum Stadtparlament handelt es sich aber nicht um eine Initiative oder ein Referendum. Sondern der Stadtrat beantragt eine Änderung der Gemeindeordnung. Folglich gebe es auch kein Initiativ- oder Referendumskomitee. «Die Stadtkanzlei hat dies auf Anfrage aus den Reihen des Nein-Komitees auch wiederholt dargelegt», sagt Frei. Ein Gesprächsangebot mit Stadtpräsident Martin Stöckling sei ebenfalls unterbreitet worden. Es wurde bis anhin nicht wahrgenommen.

Komitee sicherte sich rechtlich ab

Laut Parlamentsgegner Robert Hegner liegt der Verzicht auf das Gespräch daran, dass das Komitee «in dieser wichtigen Sache ein verbindliches, schriftliches Statement von der Stadt erhalten» wollte. «Nachdem in verschiedenen Mails mit der Stadtkanzlei nicht auf unsere Argumente eingegangen wurde, haben wir zunächst rechtliche Abklärungen getroffen», sagt Hegner auf Anfrage.

Gegen das Parlament: Joe Kunz, Robert Hegner, Franziska Kohler und Martin Casal vom Nein-Komitee
Gegen das Parlament: Joe Kunz, Robert Hegner, Franziska Kohler und Martin Casal vom Nein-Komitee

Diese Abklärungen wurden per Einschreiben und der nochmaligen Bitte um Publikation der Argumente an die Stadt verschickt. Bei den aufgeführten Argumenten handelt es nicht nur um die bereits veröffentlichten Äusserungen des Komitees. Sondern die Stadtkanzlei soll auch Äusserungen von Stadtpräsident Stöckling veröffentlichen, die er vor drei Jahren gegenüber der «Solothurner Zeitung» machte.

Zum Beispiel sagte er damals, dass sich das politische System Rapperswil‑Jonas ohne Parlament bewährt habe. Notabene sind die erneuten Forderungen nach einem Parlament – und der Meinungsumschwung im Stadthaus – aber erst später eingetreten. Nämlich, nachdem der Stadtrat und Ortsparteien beim Strassenprojekt «Stadtraum» eine Abstimmungsschlappe einfuhren.

Verstärkt wurden die Rufe nach einem Parlament durch die viel zitierte Bürgerversammlung 2021 zur Lido-Sanierung. An der folgenreichen Versammlung nahmen bloss 249 Stimmberechtigte teil. Anfang 2019 im Interview mit der «Solothurner Zeitung» sprach Stöckling noch von jeweils 400 bis 700 Personen, welche die Bürgerversammlungen besuchen.

Folgt Abstimmungsbeschwerde?

Werden solche «Fakten» nicht im Abstimmungsbüchlein erwähnt, droht eine Abstimmungsbeschwerde. Das hält das Komitee im Einschreiben vom 3. Januar an die Stadt fest. Die Parlamentsgegner sehen sich aufgrund der Bundesverfassung im Recht. Namentlich wegen der politischen Rechte: «Es soll garantiert werden, dass jeder Stimmberechtigte seinen Entscheid gestützt auf einen möglichst freien und unabhängigen Prozess der Meinungsbildung treffen kann», steht in jenem Schreiben.

Eine einseitige Information ergäbe laut dem Komitee die rechtliche Möglichkeit, gegen die Abstimmung anzutreten. Dadurch könnte die Abstimmung zum Stadtparlament «allfällig als ungültig erklärt werden». Das Komitee «Nein zum Stadtparlament» behält sich rechtliche Schritte gegen die Abstimmungsunterlagen und damit gegen die Abstimmung «ausdrücklich» vor, wie es schreibt.

Stadt hält am Vorgehen fest

Der Stadtrat hat letzten Freitag dem Komitee den Eingang des Einschreibens bestätigt. Sagte aber auch, dass noch verschiedene Abklärungen für die Beantwortung notwendig seien. «Wir sichern Ihnen aber eine speditive Behandlung zu.» Auf Anfrage der «Linth-Zeitung» wirkte Kommunikationsleitern Frei am Montag selbstsicher: «Die Stadt hält aufgrund der klaren gesetzlichen Grundlagen an ihrem Vorgehen fest.»

Sämtliche Abstimmungsbeschwerden der letzten Jahre fielen zugunsten der Stadt aus.

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Genau deshalb muss das Parlament verhindert werden, schöner könnte uns die Stadt ja gar nicht demonstrieren wie sie mit der Ihr verliehenen Macht umgehen wird. Argumentationen von uns Bürgerinnen und Bürger verhindern. Falls es am 12. März ein Ja gibt werden wie das bitter bereuen.

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