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Zunehmende Gewalt trübt Beginn heikler USA-Taliban-Gesprächsrunde

Der Beginn einer möglicherweise entscheidenden USA-Taliban-Verhandlungsrunde über Frieden in Afghanistan ist am Samstag von Berichten ausufernder Gewalt gegen Zivilisten überschattet worden.

Agentur
sda
03.08.19 - 17:18 Uhr
Politik
US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad ist für die Gespräche nach Doha geflogen. (Archivbild)
US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad ist für die Gespräche nach Doha geflogen. (Archivbild)
Keystone/EPA/ALI ABBAS

Vorläufigen Ergebnissen zufolge wurden alleine im Juli mehr als 1500 Zivilisten verwundet oder getötet. Dies sei die höchste Monatszahl seit Mai 2017, teilte die Uno-Mission in Afghanistan (Unama) am Samstag mit.

Somit wurden alleine im Juli fast halb so viele zivile Opfer verzeichnet wie im gesamten ersten Halbjahr 2019. Der Anstieg sei vor allem regierungsfeindlichen Kräften zuzurechnen. Die Taliban hätten mehr militärische Ziele in städtischen Gebieten angegriffen.

«Mit der Intensivierung der Friedensbemühungen in den vergangenen Wochen hat auch der Konflikt vor Ort zugenommen», erklärte der Uno-Sondergesandte für Afghanistan, Tadamichi Yamamoto, den Angaben zufolge. Er forderte die Konfliktparteien auf, die militärische Eskalation zur Verbesserung der Verhandlungsposition in den Friedensgesprächen zu unterlassen.

Die Taliban greifen weiterhin täglich Sicherheitskräfte an. Innert 48 Stunden seien mindestens 17 Soldaten und Polizisten in den Provinzen Ghor und Daikundi bei Taliban-Überfällen auf Militärstützpunkte und Kontrollposten getötet worden, teilten Behörden am Samstag mit.

Beginn von Gesprächen in Katar

Die Uno-Mitteilung kam wenige Stunden vor Beginn einer wichtigen Runde der Gespräche der USA mit den Taliban über eine politische Lösung des fast 18 Jahre dauernden Konflikts. Taliban-Sprecher Sohail Schahin bestätigte den Beginn der Gespräche im Golfemirat Katar. Beide Seiten zeigten sich zuletzt optimistisch, ein Abkommen zu erzielen.

Bei den Gesprächen geht es vor allem um den Abzug der amerikanischen und verbündeten ausländischen Truppen, eine Waffenruhe und Garantien der Taliban, dass Afghanistan nicht zu einem sicheren Hafen für Terroristen wird. Die Gespräche sollen in offizielle Verhandlungen der Regierung in Kabul mit den Taliban münden. Die Taliban lehnen diese bisher ab, da sie die Regierung als Marionette des Westens betrachten.

«Die Taliban signalisieren, dass sie eine Vereinbarung abschliessen möchten. Wir sind bereit für ein gutes Abkommen», twitterte der US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad in der Nacht zu Samstag.

USA für Friedensabkommen

Washington verfolge ein Friedensabkommen, das einen Rückzug ermögliche und kein Abzugsabkommen, schrieb Khalilzad weiter. Die US-Präsenz in Afghanistan sei von den Bedingungen im Land abhängig, und jeglicher Truppenabzug basiere ebenso auf diesen.

Den USA war in den vergangenen Wochen vorgeworfen worden, mit dem Abschluss eines Abkommens mit den Taliban vor allem einen raschen Truppenabzug erreichen zu wollen. US-Präsident Donald Trump hat deutlich gemacht, dass er die Truppen nach Hause bringen möchte.

«Militärisches Patt»

US-Generäle beschreiben die Lage in Afghanistan seit längerem als militärisches Patt. Ungeachtet dessen sagte Trump am Freitag im Weissen Haus, die USA könnten den Krieg in Afghanistan innerhalb weniger Tage gewinnen. Dann kämen aber Millionen Menschen ums Leben, und das auch ohne den Einsatz von Atomwaffen, sagte Trump.

Der US-Präsident hatte sich bereits im Juli ähnlich geäussert - was in Afghanistan für grosse Irritationen gesorgt hatte. «Wir könnten den Krieg in Afghanistan in weniger als einer Woche gewinnen. Aber ich will nicht zehn Millionen Menschen töten». In Afghanistan leben laut Weltbank rund 37 Millionen Menschen.

Vielen Afghanen bereitet ein möglicher US-Truppenabzug Sorge. Der Vizepräsidentschaftskandidat Amrullah Saleh versicherte dem Magazin «Spiegel» (neue Ausgabe), der US-Rückzugsplan bedeute nicht das Ende. «Die Taliban werden das Land nicht übernehmen», versicherte er. Auf die Frage, ob er sich einen Frieden mit den Islamisten vorstellen könne: «Wir sind auf alles vorbereitet. Wenn sie Frieden wollen, gut, wenn nicht, können wir auch damit umgehen.»

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