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Wird Graubünden zum Exoten?

Die Lia Rumantscha und Pro Grigioni Italiano stellen sich gegen die Fremdspracheninitiative. Die Initiative bringe für den Kanton zu viele Nachteile.

Corinne
Raguth Tscharner
15.05.18 - 04:30 Uhr
Politik
«Lasst die Schule mal in Ruhe»: Johannes Flury argumentiert gegen die Fremdspracheninitiative.
«Lasst die Schule mal in Ruhe»: Johannes Flury argumentiert gegen die Fremdspracheninitiative.
YANIK BÜRKLI

«Mit nur einer Fremdsprache auf Primarschulstufe würde der Kanton Graubünden zu einem Exoten werden», sagte der Präsident der Lia Rumantscha, Johannes Flury, gestern im Hinblick auf die Volksabstimmung über die Fremdspracheninitiative im kommenden September. Die Initiative sieht vor, dass in den Bündner Primarschulen künftig nur noch eine Fremdsprache obligatorisch ist. Im aktuellen System sind es zwei.Flury sagte, dass die Schweiz sich entschieden habe. «Und ich finde es wichtig, dass wir in Graubünden nicht etwas anderes machen als alle anderen Kantone im Land.» Zudem verursache eine erneute Umstellung des Sprachensystems Kosten und organisatorische Schwierigkeiten. Es würde die Bündner Schulen zu einer weiteren Veränderung zwingen. «Mein Hauptargument ist: Lasst die Schule mal in Ruhe», so Flury. Ausserdem würden die sprachlichen Minderheiten des Kantons klar benachteiligt werden. Die italienische noch mehr als die romanische. So spricht sich auch die Organisation Pro Grigioni Italiani (Pgi) gegen die Initiative aus. Das Argument, dass die Schüler überfordert seien, lasse er nicht gelten, sagte Franco Milani, Präsident der Pgi. Die versäumten Unterrichtsstunden auf Primarschulstufe müssten von Gesetzes wegen auf Sekundarschulstufe nachgeholt werden und würden dort zur Überlastung führen. «Ausserdem können sich die Schüler bereits heute vom Unterricht befreien lassen», sagte Milani.

Franco Milani erklärt, weshalb man die Initiative ablehnen sollte.

Auch der Gegenvorschlag mit nur einer Kantonssprache als Fremdsprache mag Milani und Flury nicht überzeugen. «Wir verstehen nicht, wieso wir als dreisprachiger Kanton vom Zweisprachensystem wegkommen möchten», so Milani. «Der Trend in der Schweiz geht klar in Richtung mehr Sprachen. Es ist nicht zeitgemäss, dass wir in die umgekehrte Richtung gehen.»

Corinne Raguth Tscharner ist stellvertretende Chefredaktorin Online und Zeitung und Chefin vom Dienst bei «suedostschweiz.ch». Zuvor erlernte sie das journalistische Handwerk als Volontärin in vier verschiedenen Redaktionen (Print, Online, Radio, TV) und war als Online-Redaktorin tätig.

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Wer sagt denn, dass der Trend der anderen Kantone der richtig ist?
Wer immer in den Fuss-Stapfen von anderen geht, hinterlässt keine Spuren!
Und es kann ja nicht sein, dass es immer mehr in Richtung Sprachen gehen soll und die MINT-Fächer immer mehr darunter leiden!
Fragt doch die Kinder in der Primar was sie wollen und was sie sinnvoll finden.

Es ist doch ganz logisch, dass ein Kind erstmal seine Muttersprache richtig können soll (inkl. Rechtschreibung und Grammatik) bevor es dann gleich ZWEI Fremdsprachen lernen soll, nebst allem anderen Neuen das noch mit dabei ist...

In Wahljahren sollten keine so wichtigen Themen VOR der Wahl diskutiert werden

Sie sprechen mir aus dem Herzen! Bei all diesen Diskussionen denkt leider niemand mehr an die Kinder...
Übrigend leiden nicht nur die MINT-Fächer an Stundenreduktion, sondern auch die praktischen Fächer wie Werken und Handarbeit. Wie schon Pestalozzi gesagt hat «Lernen mit Kopf, Herz und Hand» - das wäre wichtig!

„Flury sagte, dass die Schweiz sich entschieden habe.“ - nein, die Schweiz hat sich nie entschieden in dieser Angelegenheit. Zudem wurde das HarmoS-konkordat in GR abgelehnt, sodass wir sicherlich nicht mit anderen Kantonen mitziehen müssen.
Wäre die Fremdspracheninitiative nicht für ungültig erklärt worden, hätte das Volk auch früher darüber befinden können, sodass man die Einführung einer zweiten Fremndsprache in der Primarschule verhindern hätte können. Ganz offensichtlich gibt es nicht nur im Bauwesen, sondern auch im Schulwesen einen Filz, deren Akteure sich mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten zu verteidigen versuchen.

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