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Das Trio, dass den Schweizer Animationsfilm bis heute prägt

Im Spezialprogramm «Rencontre» der Solothurner Filmtage werden die Gründer des Genfer Studios GDS, Claude Luyet, Georges Schwizgebel und Daniel Suter, geehrt. Sie gelten als Pioniere des Schweizer Animationsfilm.

Agentur
sda
19.01.24 - 10:00 Uhr
Kultur
Die drei Pioniere des Animationsfilms vom Studio GDS: Claude Luyet, Georges Schwizgebel und Daniel Suter (v.l.n.r.). Sie werden dieses Jahr an den Solothurner Filmtagen mit einem Spezialprogramm geehrt.
Die drei Pioniere des Animationsfilms vom Studio GDS: Claude Luyet, Georges Schwizgebel und Daniel Suter (v.l.n.r.). Sie werden dieses Jahr an den Solothurner Filmtagen mit einem Spezialprogramm geehrt.
Handout: Matthieu Croizier

«Es ist unmöglich, sich für den Schweizer Animationsfilm zu interessieren, ohne die drei Filmemacher des Studios GDS zu kennen», sagt Christian Gasser, Kulturjournalist und Dozent für Animationsfilm an der Hochschule Luzern, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

1971 gründeten die drei Grafiker das Studio in Carouge bei Genf. Das Trio hatte sich kurz zuvor in einer Werbeagentur kennen gelernt. Georges Schwizgebel und Daniel Suter hatten ihr Studium an der Ecole des Arts Décoratifs abgeschlossen, Claude Luyet hatte gerade seine Ausbildung als Grafiker beendet. Seit der Gründung ihres Ateliers haben die Drei 42 Animationsfilme kreiert. In Zahlen: 265 Filmminuten in 52 Jahren.

Im Gespräch sagt Gasser, dass Georges Schwizgebel als Meister des Schweizer Animationsfilms gilt. «Aus seiner Generation ist er der einzige, der es geschafft hat, eine Karriere im Animationsfilm zu machen und mit rund 25 Filmen und Kurzfilmen ein auch im internationalen Vergleich beachtliches Werk zu schaffen.»

Animation der Träume

Schwizgebel gewann mit seinen Werken mehrere, auch internationale Auszeichnungen. 2018 etwa den Ehrenpreis der Swiss Film Awards. Wenn möglich, versucht Schwizgebel mit Plansequenzen zu arbeiten. Dies sind Sequenzen, die meist aus nur einer, etwas längeren Einstellung bestehen. «Es ist für mich fast ein Misserfolg, einen Schnitt zu machen», sagt Schwizgebel.

Der heute 80-Jährige erzählt im Gespräch, er versuche die Einstellungen in einem Film mit derselben Leichtigkeit und Logik aneinanderzureihen, wie man Bilder in Träumen erlebe. Inspiration für seine Filme findet Schwizgebel in der Musik, der Malerei oder auch in Mythen und Märchen.

Suter zeichnet sich durch einen schlichten, reduzierten Stil aus, der an klassische Comics erinnert. Neue Animationsfilme wird es vom 81-Jährigen keine mehr geben. Dafür widmet er sich dem Zeichnen. Die Filmtage zeigen eine Ausstellung mit seinen Zeichnungen.

Restaurierte Filme für die Filmtage

Das Programm «Rencontre» in Solothurn zeigt einen integralen Teil ihres Schaffens in fünf einstündigen Kurzfilmprogrammen. «Einige Filme mussten restauriert werden», sagt Claude Luyet.

In der Ankündigung der Solothurner Filmtage wurde Luyet als «Punk» des Trios bezeichnet. Mit Vorliebe widme er sich den vermeintlichen Gewinnern und Verlierern der Gesellschaft. Dabei versuche sich der Genfer stets an verschiedenen Stilen. Mal experimenteller wie in «Rush», mal mehr Comic-Noir wie in «Robert Creep».

Luyets Lieblingsfilm aus seinem Fundus ist «Ricochet» aus dem Jahr 1973. Es war der erste Film, bei dem er Regie führte. «Der Film wurde in völliger Freiheit und vor allem mit viel Naivität kreiert», sagt der 76-Jährige. Diesem Film sei es zu verdanken, dass er in der Filmbranche blieb.

Handwerker, die Animationsfilme machen

2022 erhielten Claude Luyet und Georges Schwizgebel den Genfer «Prix de l'Artisanat», den Handwerkerpreis. Auf die Ehrung ist Luyet besonders stolz: «Diese Auszeichnung entspricht mir am meisten», sagt er. 2022 erschien mit «Lucky Man» sein bislang jüngster Film. Doch an den Ruhestand denk Luyet noch nicht. Aktuell arbeite er an einem weiteren Animationsfilm - wahrscheinlich sein letzter.

Obwohl die drei Männer lange Zeit ihr Studio geteilt haben, sind ihre Animationsfilme stets einzigartig und unterschiedlich geblieben. In Solothurn wird aber mit «Patchwork» von 1971 eine ihrer ersten Koproduktion gezeigt. Doch: «Wir würden diesen Film am liebsten vergessen», sagt Luyet. Aus heutiger Perspektive gefällt den drei Pionieren des Schweizer Animationsfilms an «Patchwork» vor allem eines nicht: er sei zu sehr 68er-mässig.

Die 59. Solothurner Filmtage zeigen in fünf Kurzfilmblöcken die Filme des Studios GDS. Zudem wird der Langfilm «Gwen et le livre de sable» vom französischen Animator Jean François Laguionie zu sehen sein, an dem Luyet mitgearbeitet hat. Darüber hinaus werden dem Publikum Zeichnungen von Suter präsentiert, und es findet ein Ciné-Concert statt. Die Filme von GDS werden von Schwizgebels Sohn Louis auf dem Klavier begleitet.

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