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Dacia Maraini: Feminismus in Europa erlebt Rückschritt

Nach Jahren des Kampfes für Frauenrechte blickt die italienische Schriftstellerin Dacia Maraini angesichts des Aufstiegs rechter Parteien besorgt auf die Situation der Frauen in Europa.

Agentur
sda
27.02.24 - 15:00 Uhr
Kultur
PRODUKTION - Die italienische Schriftstellerin Dacia Maraini steht vor einer Wand mit ihren Büchern in Rom. Foto: Robert Messer/dpa
PRODUKTION - Die italienische Schriftstellerin Dacia Maraini steht vor einer Wand mit ihren Büchern in Rom. Foto: Robert Messer/dpa
Keystone/dpa/Robert Messer

«Wir befinden uns in einer schweren Phase des Rückschritts, der Umkehr. Leider sehen wir, dass für selbstverständlich gehaltene Errungenschaften völlig infrage gestellt werden», sagte die 87-jährige Autorin im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Sie beobachte einen schleichenden Wandel zurück zu frauenfeindlichen Denkmustern.

Maraini gilt in Italien als eine der Hauptvertreterinnen feministischer Literatur. In ihren Büchern widmet sich die Bestsellerautorin der weiblichen Identität und prangert die zum Teil noch immer vorhandene Frauenfeindlichkeit in der italienischen Gesellschaft an. Mit ihren Büchern «Tage im August» (1962), «Die stumme Herzogin» (1992) sowie «Kinder der Dunkelheit» (1999) erlangte sie internationale Bekanntheit.

«Der Wunsch vieler Frauen nach mehr Freiheit und Macht ist für manche Männer so beängstigend, dass die Reaktionen jeden Tag heftiger ausfallen», so Maraini. Dies äussere sich unter anderem durch die hohe Zahl von Femiziden - sowohl in Italien als auch in ganz Europa. Das bedeutet, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet werden - also weil sie Frauen sind. Als häufigste Form gilt die Tötung von Frauen durch Partner oder Ex-Partner.

Immer wieder sorgen Femizide in Italien für grosses Aufsehen und Empörung. Allein im Jahr 2023 wurden rund 120 Frauenmorde begangen. «Der Mechanismus beim Femizid ist immer gleich: Frauen nehmen heute das Leben in ihre Hände und wollen mehr Freiheit», so Maraini. Bei Männern, die ihre Männlichkeit mit dem Besitz von Frauen identifizieren, löse dies eine Krise aus. «Sie haben Angst, Privilegien zu verlieren, werden verrückt und töten.»

An der Situation für viele Frauen ändere allerdings auch die erste Frau als Italiens Ministerpräsidentin, Giorgia Meloni, nichts. «Aus symbolischer Sicht ist dies sehr wichtig», sagt Maraini. «Aber man muss die Taten beurteilen. Und diese Frau ist nun einmal mit der faschistischen Vergangenheit verbunden.» Grundsätzlich sei es aber eine gute Sache, dass erstmals eine Frau Regierungschefin ist.

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