×

Friedhof der Messenger: Auf diesen Plattformen tauschten wir uns früher aus

«Waisch no früahner …?» – ein Satz, der sofort alte Erinnerungen hervorruft. Da wird einem plötzlich ganz wohlig und eine gewisse Wehmut nach den «guten alten Zeiten» macht sich breit.

Anna
Panier
19.02.24 - 11:00 Uhr
Graubünden
Zeitreise in die 2000er-Jahre: Schon damals verbrachten Jugendliche Stunden auf digitalen Plattformen wie MySpace oder Netlog.
Zeitreise in die 2000er-Jahre: Schon damals verbrachten Jugendliche Stunden auf digitalen Plattformen wie MySpace oder Netlog.
Symbolbild Freepik

Dann und wann stöbern wir in alten Fotoalben, spüren kultige Werbungen auf und graben frühere Themen aus – ganz im Sinne der Nostalgie. Dieses Mal schwelgen wir in Erinnerungen rund um frühere Social-Media-Plattformen. Sagt euch beispielsweise MSN noch etwas? Oder wart ihr eher auf ICQ unterwegs? 

Wir zeigen euch, auf welchen Plattformen man früher Stunden verbrachte, und verraten euch auch, mit welchen Messenger ihr theoretisch heute noch mit eurem Schwarm chatten könntet.

ICQ

Tauchen wir als Erstes in die nostalgische Welt von ICQ ein. Der Messaging-Dienst gilt quasi als Urvater aller Messenger. Sein Name leitet sich von «I seek you» – zu Deutsch «ich suche dich» – ab. Entwickelt wurde der beliebte Messaging-Dienst in einer Zeit, als das Internet noch in Kinderschuhen steckte. Vier israelische Studenten, die damals wahrscheinlich mehr Zeit in Chatrooms als in Vorlesungen verbrachten, programmierten Ende der 1990er-Jahre ICQ. Das Chatprogramm gewann schnell an grosser Beliebtheit, wurde allerdings auch immer wieder kritisiert, da es unter anderem ohne Einwilligung der Benutzerinnen und Benutzer deren Suchmaschine änderte. 

Das Markenzeichen von ICQ war eine grüne Blume als Logo, die in diversen Ausprägungen auch als «Status- und Stimmungsanzeige» fungierte. Ein rotes «X» auf der Blume signalisierte etwa «Bitte nicht stören». Vor vier Jahren, als die meisten dachten, ICQ wäre nur noch ein Relikt aus der digitalen Steinzeit, wurde der Dienst unter dem Namen «ICQ New» quasi ein zweites Mal eingeführt – weil, wie jeder weiss, das Wort «New» magische Verjüngungskräfte besitzt. Falls ihr in der Zeit zurückreisen wollt, gelangt ihr hier zur neusten Ausgabe von ICQ New. 

MSN

Auch hinter diesen drei Buchstaben verbirgt sich ein nostalgischer Messaging-Dienst. Der MSN-Messenger gehörte dem Hause Microsoft an. Offiziell eingestellt wurde er im Jahr 2013, doch all die Jahre zuvor gehörte er wohl zum Alltag der meisten Jugendlichen und war quasi ein digitaler Schulplatz. MSN war der Ort, an dem wir, frei von elterlichen Blicken, in die Kunst des Emoji-Flirts eintauchten, virtuelles «Uno» zockten und unseren Gedanken in der Statusanzeige freien Lauf liessen. «Bin duschen», hiess es dann etwa im Status. Ja, richtig gelesen, auch schon zu dieser Zeit teilte man quasi fast alles mit der digitalen Welt – von Freud über Leid  – und so manche fanden über die Statusanzeigen sogar Verbündete und Freunde, etwa durch Songzitate der gleichen Lieblingsband. 

Es war die Ära, in der man lernte, zehn verschiedene Chatfenster gleichzeitig zu jonglieren, während man verzweifelt versuchte, seine Hausaufgaben zu machen. Und nichts, absolut nichts, liess das Herz schneller schlagen als das Aufpoppen jenes kleinen Fensters, das verkündete: Dein Schwarm ist online. Doch wie alle guten Dinge musste auch MSN eines Tages dem Fortschritt weichen. 

Viber

Viber blickt auf eine ähnliche Geschichte wie ICQ zurück – entwickelt von israelischen Nerds, fand der Messaging-Dienst schneller den Weg auf die Smartphones der Jugend als das Gerücht über den neuesten Klatsch in der Schule. Viber erlaubte nicht nur das Verschicken von Nachrichten, sondern auch Anrufe ins Festnetz oder auf andere Handys – damals eine echte Sensation.

Mit der Zeit mutierte Viber zu einem Alleskönner, vor allem auch, um mit der Konkurrenz mitzuhalten: Gruppenchats? Check. Sticker, die keiner braucht, aber jeder liebt? Doppelt Check. Es gab sogar die Selbstzerstörungsfunktion von Nachrichten in dem sogenannten Geheimchat.

Obwohl Neulinge wie Whatsapp und Telegram die Tanzfläche des digitalen Raums betraten und Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes bei Viber laut wurden, verschwand der Messenger nicht von der Bildfläche. Viber ist nach wie vor ein treuer Begleiter im Alltag vieler Digital Natives. Neugierig geworden, wie Viber in Aktion aussieht? Hier findet ihr die Desktopversion. 

Habbo 

Habbo – oder auch Habbo Hotel – war eine virtuelle Welt, in der Pixelmöbel als Statussymbol galten und das Sammeln von Badges wichtiger war als die Beliebtheit auf dem Pausenplatz. In diesem bunten Online-Treffpunkt konnten Jugendliche aus aller Welt Zimmer einrichten, virtuelle Haustiere halten und in pixeligen Swimmingpools abhängen, während sie über die Tastatur Freundschaften knüpften.

Der wahre Clou in Habbo war jedoch die Möglichkeit, als Avatar – als Habbo – durch endlose Hotelräume zu flanieren. Die Plattform sorgte hin und wieder aber auch für Negativschlagzeilen, etwa wegen der Suchtgefahr oder wegen der erschwerten Löschung des Accounts. Nichtsdestotrotz thront Habbo immer noch stolz in der Online-Welt, natürlich in einer überarbeiteten Version – Habbos, Badges und Hotelräume sind aber nach wie vor vorhanden. Ihr wollt es selbst testen? Hier geht es zur deutschen Version von Habbo. 

MySpace

Diese Plattform hatte man ursprünglich genau aus einem Grund: um mit seinen Lieblingsmusikerinnen und Lieblingsbands in Kontakt zu treten. Es war die Bühne, auf der Promis ihre neuesten Tracks präsentierten und wir, die treuen Fans, darauf mit der Hingabe von Groupies reagierten.

Die MySpace-Zeit war geprägt von der Jagd nach der perfekten Profilhintergrundmusik, die jedes Mal spielte, wenn jemand das eigene digitale Reich betrat. Es war quasi ein musikalisches Willkommen, das oft von wilden Gifs auf dem Profil begleitet wurde. Und oh … Erinnert ihr euch noch die endlosen Stunden der Grübelei, wen man in die heilige «Hall of Fame» seiner Top-8-Freunde aufnahm? Das war eine Aufgabe, die fast schon das diplomatische Fingerspitzengefühl einer Lehrperson beim wöchentlichen Streit zwischen zwei besten Freundinnen erforderte.

Seit 2013 versucht Myspace – nun mit kleinem «s» geschrieben – als Social-Media-Musikportal im sozialen Netzwerkdschungel Fuss zu fassen. Für alle, die einen nostalgischen Trip wagen möchten und vielleicht ein kleines bisschen wehmütig werden wollen: Hier wartet Myspace auf euch.

Knuddels

Die Geschichte von Knuddels geht bis ins Jahr 1999 zurück. Besonders populär wurde der Chat-Dienst aber im Laufe der 2000er-Jahre. Das Besondere an Knuddels war allerdings nie nur das Chatten an sich. Es war die Kombination aus Spiel und Kommunikation, die einen ganz eigenen Charme versprühte. 

Mit dem Erstellen eines Accounts katapultierte man sich direkt in eine Welt voller Chaträume. Die Chats wurden durch ein ausgeklügeltes System, das von Knuddels liebevoll als Chatstatus bezeichnet wurde, bestimmt. Moderatoren und Admins hielten die Zügel in der Hand – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Natürlich war nicht immer alles heiterer Sonnenschein im Land der Knuddels. Der Dienst machte auch regelmässig Schlagzeilen, darunter Vorwürfe des Cyber-Groomings und der sexuellen Belästigung.

Vor vier Jahren beschloss Knuddels, sich einen neuen Anstrich zu verpassen, der nostalgische Charme blieb allerdings erhalten. Hier kommt ihr zum Deutschen Knuddels des Jahrs 2024.

Omegle

Omegle, das digitale Roulette menschlicher Begegnungen, tauchte 2009 im Internet auf und wurde schnell zum Treffpunkt für anonyme Chats weltweit. Ganz ohne Anmeldung konnten Nutzerinnen und Nutzer in Gespräche springen, wobei Omegle sie zufällig miteinander verband.

Der Kick lag in der Unvorhersehbarkeit: Man wusste nie, ob man als Nächstes mit einem angehenden Philosophen, der über die Geheimnisse des Lebens debattieren wollte, oder mit einem enthusiastischen Ukulelespieler chatten würde, der nur ein Ständchen spielen wollte.

Diese Anonymität war Omegles Aushängeschild. Im Laufe der Jahre erntete die Plattform allerdings auch viel Kritik für die mit der Anonymität einhergehenden Gefahren, wie etwa unangemessene Inhalte und mangelnden Jugendschutz. Trotz alledem bleibt Omegle ein faszinierender, wenn auch etwas fragwürdiger Ort im Internet – ein Erinnerungsstück an die in 2023 geschlossene Plattform gibt es heute noch auf der Omegle-Website. 

Netlog

Netlog galt in der Prä-Facebook-Ära als Hotspot für Jugendliche. Auf der Plattform konnte man Profile erstellen, Fotos hochladen und Gästebucheinträge auf den Seiten der eigenen Freunde hinterlassen. Es war wie eine bunte Mischung aus einem Online-Tagebuch und einem virtuellen Klassenzimmer, wo man sich verabredete, Gruppen zu gemeinsamen Interessen bildete und stundenlang über alles und nichts diskutierte.

«Netloq», wie es von den wirklich Coolen genannt wurde, verzeichnete irgendwann gar über 100 Millionen Mitglieder. Doch wie bei vielen Sternschnuppen des Technologiehimmels begann auch der Glanz von Netlog zu verblassen, als Facebook auf der Bildfläche erschien und alle coolen Kids (und deren Grosseltern) dorthin abwanderten. Schliesslich fusionierte Netlog mit Twoo, einer Dating-Plattform. Wer heute versucht, die originale Netlog-Website aufzurufen, findet sich in einem digitalen Irrgarten wieder, der mehr Weiterleitungen enthält als ein Amtsweg in der Bürokratie. Kurz gesagt: Das Netlog, wie wir es kannten und liebten, ist im digitalen Nirwana des Jahres 2024 verschwunden

studiVZ

Ähnlich wie seine Konkurrenten wurde studiVZ in denn Nullerjahren gegründet. Die Plattform war zu dieser Zeit der digitale Ort, an dem sich Studierende vernetzten, Gruppen zu ihren Vorlesungen bildeten und über alles diskutieren konnten, von der nächsten Prüfung bis zum nächsten «Studiparty»-Marathon.

Das Design bewegte sich irgendwo zwischen «frühzeitigem Internet-Chic» und «roter Tapete». Trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, eroberte studiVZ schnell die Herzen und Laptops der Studierenden weltweit. Irgendwann kamen die abgewandelten Plattformen schülerVZ und meinVZ hinzu, die auch Nicht-Studierenden einen Ort zum Austausch boten.

Mit der Zeit konzentrierten sich die Betreiber nur noch auf den deutschsprachigen Raum, bevor die Eigentümer der VZ-Netzwerke im Jahr 2017 die Insolvenz anmelden mussten. Bis zur finalen Abschaltung ging es dann allerdings noch ein paar Jahre. Wer heute nach den Plattformen sucht, wird leider nicht fündig. Zurück bleiben also nur noch die Erinnerungen an ein legendäres Kapitel der frühen Social-Media-Geschichte mit den drei VZ-Netzwerken studiVZ, schülerVZ und meinVZ.

An welche Chatportale erinnert ihr euch noch? Sendet uns eure Inputs an online@suedostschweiz.ch

Anna Panier arbeitet als Redaktorin bei Online/Zeitung. Sie absolvierte ein Praktikum in der Medienfamilie Südostschweiz und studiert aktuell Multimedia Production im Bachelor an der Fachhochschule Graubünden in Chur.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Graubünden MEHR
prolitteris