×

Hooligans wüten in Rapperswil – und siegen vor dem Richter

Zwei Hooligans der HC Fribourg-Gottéron randalierten nach einem Spiel in Rapperswil‑Jona. Darum landeten sie vor dem Richter inUznach. Dieser spricht sie nun in fast allen Anklagepunkten frei.

Fabio
Wyss
29.03.23 - 18:02 Uhr
Ereignisse
Grund zum Jubeln: Fribourg-Gottéron-Fans unterstützen ihr Hockeyteam in Rapperswil‑Jona.
Grund zum Jubeln: Fribourg-Gottéron-Fans unterstützen ihr Hockeyteam in Rapperswil‑Jona.
BILD KEYSTONE

Sie sehen aus wie Bären: 1,9 Meter gross, wuchtig gebaut und vollbärtig. Die Rede ist nicht von Hockeyverteidigern, sondern von zwei Ultrafans des HC Fribourg-Gottéron (HCFG). Wegen eines Gerichtsfalls reisten sie am Mittwoch ans Kreisgericht in Uznach.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Landfriedensbruch und Sachbeschädigungen vor. Begangen an einem Heimspiel der SCRJ Lakers im November 2019. Dieses hat nicht nur für die zwei Männer ein Nachspiel – total stellte das Untersuchungsamt Uznach ein Dutzend Strafbefehle aus.

Sachbeschädigung zugegeben

Weil die zwei Hünen ihre Strafbefehle anfechten, stehen sie nun vor Gericht. Dort gibt der jüngere der Angeklagten zu: «Ich habe mit dem Fuss gegen den Abfalleimer und gegen das Rolltor getreten.» Das Ganze wurde von einer Überwachungskamera gefilmt. Der Eimer fiel nach dem Tritt aus der Verankerung. Kostenpunkt 533 Franken. Trotzdem wird der Mann am Mittwoch teilweise freigesprochen – aber zuerst der Reihe nach.

Der Hooligan wurde zum Tatzeitpunkt gerade volljährig – dennoch hatte er schon einiges auf dem Kerbholz. In die Arena der Lakers dufte er wegen eines schweizweiten Stadionverbots gar nicht erst rein. Zu seinen Kollegen im Stadion stiess er erst nach dem Match.

Als er sie traf, sind diese ausser sich. Soeben hatte ihr HCFG eine deutliche Niederlage eingefahren. Dazu hatte der Sicherheitsdienst wegen eines Vandalen Pfefferspray eingesetzt. Und Lakers-Fans provozierten mit Chorgesängen. «Ich verstehe nicht viel Deutsch. Aber, wenn sie ‘Scheiss-Fribourg’ singen, weiss ich, was das bedeutet», sagt der ältere Beschuldigte vor Gericht – beziehungsweise seine Übersetzerin.

In dieser aufgeheizten Stimmung rüttelten und traten etliche der Hooligans gegen ein Rolltor, das sie von den Heimfans abschirmte. Dieses nahm gemäss der Stadt Rapperswil‑Jona Schaden. Darum reichte sie als Eigentümerin des Stadions Strafanzeige wegen Sachbeschädigungen ein. «Der Schaden soll den Verursachern in Rechnung gestellt werden, ansonsten müssten die Kosten auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler überwälzt werden», so die Begründung der Stadt. Die Reparaturkosten belaufen sich auf rund 2000 Franken. 

Der Gästesektor der SGKB-Arena: Damit es zu keinen Scharmützeln mit Heimfans kommt, ist dieser abtrennbar. BILD KEYSTONE
Der Gästesektor der SGKB-Arena: Damit es zu keinen Scharmützeln mit Heimfans kommt, ist dieser abtrennbar. BILD KEYSTONE

Offenbar sehen auch die HCFG-Ultras ein, dass sie für diese aufkommen müssen. «Die Gruppe zahlt die Schäden. Das ist kein Problem», sagt der Anwalt der beiden Angeklagten. Der im Vergleich zu seinen Mandanten schmächtig wirkende Advokat gibt aber zu bedenken: «Es ist unklar, ob die Fribourg-Fans die Schäden am Rolltor verursachten.» Möglich sei, dass diese erst später entstanden seien oder schon vorher existierten. Deshalb fordert er Freisprüche.

Staatsanwalt und Stadt verlieren

«Es wurde zumindest in Kauf genommen, dass ein Schaden am Rolltor entsteht», schreibt hingegen der nicht an der Verhandlung anwesende Staatsanwalt in seiner Anklage. Etwas anders urteilt der Richter: «Der Zusammenhang zum Schaden am Tor ist nicht klar gegeben.» Auch seien diese nicht genügend dokumentiert worden.

Auch sonst zeigt er ein Herz für die Hockeyultras. Vom Landfriedensbruch werden sie freigesprochen. «Zwar ist unbestritten, dass Gewalt gegen Sachen stattgefunden hat.» Aber es fehle der Tatbestand der «öffentlichen Zusammenrottung». Dieser sei zwingend für eine Verurteilung wegen Landfriedensbruchs. Die HCFG-Fans befanden sich aber in einem von der Öffentlichkeit abgesperrten Bereich, als sie am Rolltor rüttelten.

Darum wird der Ältere der Angeklagten in beiden Punkten freigesprochen. Der Staat übernimmt Verfahrenskosten, Ausgaben für die Dolmetscherin und entschädigt den Anwalt. Total: gut 5000 Franken. Im anderen Fall muss der Angeklagte die Hälfte der Kosten tragen. Dazu kommt eine Busse von 300 Franken. Dies, weil er nachweislich den Abfallkübel beschädigte.

Auswirkung auf andere Fälle

Den Anwalt freuts. Nicht nur, weil er privat mit dem HCFG sympathisiert. Auch ist er vertraut mit anderen Sport-Gerichtsfällen. «Es gibt einen Willen, Urteile gegen Hooligans zu fällen», sagt er. An ihnen werde ein Exempel statuiert. Nun dürfte sich aber das Gerichtsurteil vom Mittwoch auf vier pendente Verfahren rund um den Vorfall Ende 2019 auswirken. Alles in allem ein später Sieg für die Ultras – nachdem die Lakers damals den HCFG mit 9:4 aus dem Stadion fegten.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Ereignisse MEHR