×

Laut Experte Guggenbühl macht ein freier Strommarkt keinen Sinn

Der Strommarkt soll in der Schweiz für Gross- und Kleinkunden liberalisiert werden. Dies mache nicht viel Sinn und nütze auch der Energiewende nichts, sagt ein Experte im Interview.

Südostschweiz
19.10.18 - 11:46 Uhr
Ereignisse
Quo vadis Schweizer Strommarkt – das betrifft auch Graubünden.
Quo vadis Schweizer Strommarkt – das betrifft auch Graubünden.
ARCHIV

Bundesrätin Doris Leuthard hat am Mittwoch verkündet, dass der Strommarkt liberalisiert werden soll. Seit über zehn Jahren dürfen in der Schweiz nur Grosskunden ihren Strom auf freiem Markt wählen. Normale Haushalte nicht. Und genau dies will Leuthard nun ändern. Es sollen alle Strombezüger einmal pro Jahr entscheiden können, ob sie beim lokalen Versorger bleiben oder ihren Anbieter wechseln wollen. Für Hanspeter Guggenbühl, freier Journalist mit Spezialisierung auf Energiepolitik, ist diese Änderung nicht wirklich sinnvoll, wie er gegenüber Radio Südostschweiz sagt.

«Die Auflösung des Monopols bringt Zusatzaufwand und zusätzliche Bürokratie», so Guggenbühl. Nutzen bringe sie wenig. Zudem werde es unbekannte Nachteile auf den gesamten Strommarkt bringen. Als Beispiel nennt Guggenbühl folgendes: «Haben Sie eine Stromrechnung von 1000 Franken, bezahlen sie davon ungefähr 600 bis 700 Franken für Netzgebühren und andere Abgaben. Dies bleibt unverändert. Beeinflusst werden kann nur der Preis für das reine Stromprodukt – in etwa 300 bis 400 Franken für einen normalen Haushalt. Mit einer geschickten Lieferantenwahl kann dort allenfalls zehn Prozent rausgeholt werden. So könnten ungefähr 50 Franken im Jahr gespart werden.» Ob sich das tatsächlich lohne mit dem ganzen Aufwand, wisse er nicht, ergänzt Guggenbühl. 

Strommarktliberalisierung im Sinn der Energiewende?

Laut Guggenbühl kann die Energiewende genauso gut im Monopol, einem teils geöffneten Markt, wie wir ihn heute haben, oder in einem voll liberalisierten Markt, realisiert werden. Die Energiewende betreffe nicht nur den Strom, sondern die Energie als Ganzes. Der Strom mache in etwa 25 Prozent aus. Es sei wichtiger die externen Kosten beispielsweise durch eine Lenkungsabgabe anzulasten, die bringe der Energiewende deutlich mehr, als die Liberalisierung des Strommarktes.

Auswirkungen auf die Wasserkraft

Ob Wasserkraft rentiere oder nicht, hänge vom europäischen Grosshandelsmarkt ab. «Kann ein kleiner Haushalt seinen Stromversorger wählen, hat dies keinen Einfluss auf die Wasserkraft», so Guggenbühl weiter. Es könne höchstens sein, dass die Wasserkrafterzeuger bei einem offenen Markt aufhören, freiwillig ökologische «Zückerli» zu verteilen. Ansonsten sei die Wasserkraft seiner Meinung nach weder negativ noch positiv von einer Liberalisierung betroffen, schliesst Guggenbühl ab.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Ereignisse MEHR