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«Mach aus einer Mücke keinen Elefanten!»

Die Autorin erzählt, weshalb sie manchmal aus einer Mücke einen Elefanten macht und wieso das «sich Aufregen» nicht immer so verkehrt ist.

Nicole
Nett
21.06.23 - 16:33 Uhr
Sich Sorgen auf Vorrat machen: Die Autorin wettet, dass Elefanten ein Mückenstich nicht so stark juckt wie uns Menschen.
Sich Sorgen auf Vorrat machen: Die Autorin wettet, dass Elefanten ein Mückenstich nicht so stark juckt wie uns Menschen.
Bild Envato

«OK Boomer» versus «Wa hesch denn du scho erlebt du huere Banane?» Im Blog «Zillennials» beleuchten Vertreterinnen der Generation Z, Nicole Nett und Anna Nüesch, und die Millennials David Eichler und Jürg Abdias Huber in loser Folge aktuelle Themen. Im Idealfall sorgen die vier damit für mehr Verständnis zwischen den Generationen. Minimal hoffen sie, für etwas Unterhaltung, Denkanstösse und den einen oder anderen Lacher zu sorgen.

Gewisse Dinge ändern sich nie. Sowohl als kleines Kind als auch jetzt als Erwachsene bekomme ich manchmal den Satz «Mach aus einer Mücke keinen Elefanten!» zu hören – vor allem von meinen Eltern oder Schwestern. Offenbar habe ich mir im Leben viel zu viele Sorgen auf Vorrat gemacht. Doch man kann auch nicht einfach aus der Hülle ausbrechen, in welcher man in gewissen Situationen steckt und gesteckt hat – oder? Ja, ich hatte immer grosse Prüfungsangst. Ja, Schlangen sind für mich der Horror. Ja, auch Mücken haben mir schon manche Nächte geraubt.

Kürzlich flog nämlich eine lästige Mücke in mein Schlafzimmer. Ich war müde und wollte endlich schlafen. Trotz aller möglichen Taktiken habe ich es nicht zustande gebracht, das mühsam brummende Viech in meinem Zimmer zu eliminieren. Ja, dort habe ich definitiv aus einer Mücke einen Elefanten gemacht. Aber die Mücke war ziemlich mühsam. Und ich durfte mit ein paar kratzigen Mückenstichen am nächsten Morgen aufwachen. Die Welt ging deswegen nicht unter, aber geärgert hat es mich trotzdem. Ich hoffe, die oder der eine oder andere von euch fühlt mit mir mit.

Genauso ärgerlich war es in der Oberstufe einst, als ich per Zufall einen Blick auf meine Geometrieprüfung, welche der Lehrer gerade am Korrigieren war, erhaschen konnte. Dort stand nach meinen Interpretationen gross eine «3» geschrieben. Eine ganze Woche lang habe ich mich darüber genervt, dass ich diese Prüfung so dermassen vermasselt habe. Im Eifer rechnete ich mir schon den Schnitt aus und spekulierte, ob ich dieses Fach nun bestehen würde. Als er sie austeilte, bekam ich eine «5» und ich hatte damals nur nicht richtig gelesen. Aber der Lehrer hätte nun wirklich auch etwas schöner schreiben können. Toll, habe ich mich für nichts aufgeregt.

Macht ihr euch manchmal Sorgen auf Vorrat?

Auswahlmöglichkeiten

Teilweise wurde ich aber auch in der Kindheit regelrecht auf die Folter gespannt. Mein Vater war dafür jeweils der perfekte Zündwürfel – wie aus dem Bilderbuch. Auf einer Wanderung zum Beispiel «stüpfelte» er, ob er nun das Licht im Auto gelöscht habe. Oder der Klassiker während einer Autofahrt: «Oh, ich glaube, das Benzin ist bald aus – aber es sollte schon noch reichen», witzelte er. Bis die Warnlampe dann wirklich zu leuchten begann. Auch wenn er der beste Vater überhaupt ist, konnte er mich in solchen Situationen zur Weissglut bringen.

Ich bin mir durchaus bewusst: Sich aufzuregen und viele Sorgen auf Vorrat zu machen, nützt in den meisten Fällen nichts. Aber sich keine Gedanken zu machen, bringt auch nicht viel mehr. Im Nachhinein könnte man schon meinen, dass alles nur halb so wild ist oder gewesen ist. Aber in gewissen Situationen kommt man nun einfach nicht aus seiner Haut und Dinge bringen einen auf die Palme. Und das ist auch gut so. So soll es manchmal auch sein. Denn Gedanken kommen und gehen. Sie verweilen eine Zeit lang in unserem Gehirn und verschwinden wieder – wie eine Mücke, irgendwann. Vielleicht früher, vielleicht später.

Wichtig ist es, Gedanken anzunehmen, zu reflektieren und dann das Unwichtige wieder verschwinden zu lassen. Auch die nervigen Dinge gehören zum Leben dazu – und machen das Leben aufregend. Nachdem man aus einer Mücke einen Elefanten gemacht und sich vielleicht richtig über etwas genervt hat, ist man dafür umso erleichterter, wenn danach alles noch einmal gut gegangen ist – trotz einem klitzekleinen Mückenstich. Das ist jedenfalls meine Erfahrung.

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