×

Ein Magazin im Wandel der Zeit – oder doch nicht?

Die Autorin hat ein altbekanntes Jugendmagazin am Kiosk gefunden und darin geblättert.

02.08.23 - 16:30 Uhr
Kleinere Auswahl: Regale mit Magazinen wie der «Landliebe» oder der «Bravo» werden sichtlich kleiner.
Kleinere Auswahl: Regale mit Magazinen wie der «Landliebe» oder der «Bravo» werden sichtlich kleiner.
Bild Anna Nüesch

«OK Boomer» versus «Wa hesch denn du scho erlebt du huere Banane?» Im Blog «Zillennials» beleuchten Vertreterinnen der Generation Z, Nicole Nett und Anna Nüesch, und die Millennials David Eichler und Jürg Abdias Huber in loser Folge aktuelle Themen. Im Idealfall sorgen die vier damit für mehr Verständnis zwischen den Generationen. Minimal hoffen sie, für etwas Unterhaltung, Denkanstösse und den einen oder anderen Lacher zu sorgen.

Wenn ich an meine Kindheit und Jugend zurückdenke, kommen mir drei Dinge in den Sinn: Viel Zeit in der Natur, stundenlange Playmobil-Sessions und die guten, alten «Heftli». Ob «Bravo», «Popcorn» oder «Mädchen», ich habe sie geliebt. Von DSDS-Teilnehmenden über Justin Bieber und Twilight-Stars - alles war enthalten und ich kann mich noch so gut an die Inhalte der Hefte erinnern.

Nach dem kurzen Exkurs in meine Kindheit und Jugend komme ich zur Gegenwart: Welche Themen schaffen es eigentlich heute in Jugendmagazine? Gibt es immer noch Poster in der Mitte des Hefts? Und drehen sich die Themen nur noch um Tiktok und Snapchat? Ein Besuch beim nächstgelegenen Kiosk um die Ecke gibt Antworten.

Das Magazin «Bravo» fällt mir sofort auf – das Design kenne ich noch zu gut. Ein visueller Neuauftritt der Marke ist bisher ausgeblieben. Die grellen Farben und (anscheinend) berühmten Persönlichkeiten stechen mir ins Auge. Ich ertappe mich dabei, wie ich mich ein bisschen freue, in diesem Heft zu stöbern. Wie früher.

Lest ihr noch Printmagazine?

Auswahlmöglichkeiten

An den genauen Preis der «Heftli» in meiner Jugend kann ich mich nicht mehr erinnern. Ein bisschen gestutzt habe ich trotzdem, als der Kioskbetreiber 6.30 Franken verlangte. Den Jugendmagazinen wird es ähnlich ergehen wie manchen anderen Printprodukten: Sowohl die Werbeeinnahmen als auch die Auflagen sinken, weshalb der Preis in die Höhe schnellt.

Eine kurze Internetrecherche bestätigt mir den zunehmenden Druck, welcher die Jugendmagazine spüren: Im Jahr 2015 wurde die Erscheinungsfrequenz der «Bravo» von wöchentlich auf zweiwöchentlich umgestellt, seit dem Jahr 2020 gibt es nur noch einmal im Monat eine neue Ausgabe. Auch die Auflage ist drastisch gesunken: Zu den Höchstzeiten im Jahr 1998 verkaufte die Bravo über 1 Million Exemplare pro Ausgabe – dieses Jahr waren es im ersten Quartal etwa 50’000 Abnehmerinnen und Abnehmer. Bei anderen Jugendmagazinen sieht es ähnlich aus. Die «Bravo Girl» wurde diesen Juni sogar eingestellt. 

Nun aber zum Inhalt der Hefte, die noch gedruckt werden. Was mich ein wenig erstaunt: Ich kenne in der gekauften Ausgabe des Jugendmagazins mehr der abgebildeten Persönlichkeiten, als ich erwartet habe. Klar, mit den «Elevator Boys» von Tiktok habe ich absolut nichts am Hut und es interessiert mich auch wenig, dass in dieser Bravoausgabe «intime Geständnisse und sexy Fotos» der Jungs zu sehen sind.

Elevator was? Die «Elevator Boys» sind eine Gruppe von fünf Männern aus Deutschland, die 2021 durch Memes mit Fahrstuhl-Szenen auf TikTok bekannt wurde und heute anscheinend Titelseiten erobert. 
Elevator was? Die «Elevator Boys» sind eine Gruppe von fünf Männern aus Deutschland, die 2021 durch Memes mit Fahrstuhl-Szenen auf TikTok bekannt wurde und heute anscheinend Titelseiten erobert. 
Bild Anna Nüesch

Dass es thematisch Veränderungen gegeben hat, ist unverkennbar. Themen wie beispielsweise Tiktok kommen in die Hefte, da sie die Jugend begleiten. In meiner Jugend waren es statt Snapchat und Co. eher DSDS oder Twilight. Künstlerinnen und Künstler wie Ariana Grande, Jason Derulo oder Ed Sheeran waren jedoch schon zu meiner Jugend in den Heften abgedruckt. Und Taylor Swift (eine der wohl erfolgreichsten Sängerinnen) schafft es auf das Poster in der Mitte des Hefts – wie vor zehn Jahren schon. Um meine Anfangsfrage zu beantworten: Ja, die Poster gibt es also immer noch!

In anderen Themengebieten stagniert das Jugendmagazin jedoch ein bisschen. Die «Mission zum Beach-Body» oder Rubriken wie «Das lieben Jungs an Mädchen» (und umgekehrt) kommen ziemlich einfältig daher. Ein Beispiel: Den Mädchen wird geraten, «eher dezentes Make-up als krasses Styling» zu verwenden, weil es den Jungs gefällt. Die jungen Männer sollen «Gentleman Skills» wie das Einladen und die Tür aufhalten auf ihre Agenda setzen. Immerhin wird erwähnt, dass «Hautfarbe, Grösse, Gewicht, familiärer Background, Herkunftsland und ähnliche Dinge nicht wichtig» seien, und dass «jeder und jede jede und jeden daten kann.» Trotzdem werden auf vielen Seiten bewusst Stereotypen und Geschlechterklischees abgebildet und leider sind immer noch fast ausschliesslich Menschen abgebildet, die einem einseitigen (und unrealistischen) Schönheitsideal entsprechen. Ermutigungen zu mehr Selbstakzeptanz und Diversität fehlen auf vielen Seiten und in einigen Rubriken.

Mein Fazit nach dem Lesen eines altbekannten und doch neuen Jugendmagazins? Es hat sich bei Jugendmagazinen wie der «Bravo» vieles verändert, aber irgendwie auch ziemlich wenig. Immer noch faszinieren Musikerinnen, Schauspieler und andere berühmte Persönlichkeiten. Inhaltlich ist eine gewisse Veränderung zu sehen, jedoch gibt es bei Themen wie Selbstbewusstsein und in Ratgebern meiner Meinung noch Luft nach oben. Luft für mehr Ermutigung von Jugendlichen, die keinem Ideal entsprechen müssen. Die keinen perfekten «Beach-Body» erreichen müssen, um eine gute Zeit am See oder Meer zu haben.  Der gesellschaftliche Wandel geht auch an Jugendmagazinen nicht spurlos vorbei. Und wie andere Printprodukte sind auch Jugendmagazine von der Digitalisierung stark geprägt. Sie müssen neue Wege finden, ihre Inhalte an junge Menschen zu bringen.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.