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Fahrer haut nach Unfall ab – Beifahrer tot

Ein 20- und ein 24-Jähriger driften mit dem Auto auf dem verschneiten Parkplatz im Atzmännig. Bis der «Spass» ausser Kontrolle gerät.

Pascal
Büsser
19.01.24 - 18:00 Uhr
Blaulicht
Tödlicher Absturz: Die Schleuderaktion auf dem Atzmännigparkplatz endet im Bett des Goldingerbachs.
Tödlicher Absturz: Die Schleuderaktion auf dem Atzmännigparkplatz endet im Bett des Goldingerbachs.
BILD KAPO SG

Das Unglück ereignet sich in der Dunkelheit der Nacht. Zwei junge Männer nutzen am Donnerstag den frisch verschneiten Atzmännig-Parkplatz, um ihr Auto herumzuschleudern. Um circa zehn Uhr am Abend gerät das Fahrzeug aber ausser Kontrolle, dreht sich um 180 Grad und rutscht am unteren Ende des Parkplatzes rund zehn Meter die Böschung hinab. Es bleibt im Goldingerbach liegen – auf dem Dach. Eine Drittperson beobachtet den Unfall und meldet diesen bei der Notfallzentrale – laut Kantonspolizeisprecher Hanspeter Krüsi ist die Person unbeteiligt.

Flüchtiger meldet sich

Der 20-jährige Fahrer entfernt sich derweil vom Unfallort. Und lässt seinen 24-jährigen, schwer verletzten Kollegen im Auto zurück. Die Strassenrettung der Feuerwehr Eschenbach ist als erstes Einsatzelement «innert weniger Minuten» am Unfallort, wie Krüsi sagt. Und kann den Beifahrer aus dem Auto befreien. «Er befand sich in kritischem Zustand und es musste das Schlimmste befürchtet werden», sagt Krüsi. Wegen der schlechten Sichtverhältnisse habe der Rega-Helikopter nicht fliegen können. Der schwer verletzte Beifahrer wird deshalb mit der Ambulanz in ein umliegendes Spital gebracht. Dort verstirbt er nach kurzer Zeit.

Innerhalb einer Stunde nach dem Unfall meldet sich der Fahrer bei der Polizei, wie Krüsi sagt. Und wird an seinem Wohnort verhaftet. Sowohl Fahrer wie auch Beifahrer stammen laut Kantonspolizei aus dem Kanton Zürich. Es sei auch für ihn persönlich schwierig zu verstehen, dass sich jemand nach einem Unfall aus dem Staub mache, sagt Krüsi.

Es komme zwar vor, dass Unfallfahrer im ersten Schock umherirrten, statt die Polizei zu verständigen. Das sei im vorliegenden Fall aber nicht so gewesen. «Stand jetzt gehen wir davon aus, dass der Fahrer abgeholt wurde», sagt Krüsi. Ob allenfalls weitere Fahrzeuge vor Ort involviert waren, sei Gegenstand von laufenden Ermittlungen.

«Sicher nicht das erste Mal»

Die Vermutung, dass noch weitere involvierte Fahrzeuglenker vor Ort gewesen sein könnten, scheint aufgrund der Aussage einer Anwohnerin gegenüber «blick.ch» nicht abwegig. Gemäss ihr treffen sich bei Schneefall regelmässig mehrere Fahrzeuge auf dem Atzmännig-Parkplatz, um zu driften, häufig mit Zürcher Nummern. Auch gegenüber «20 Minuten» berichten Anwohner von regelmässigen lärmigen Schleuderaktionen spätabends oder nachts. Wobei das Phänomen gemäss einem älteren Anwohner seit Jahrzehnten existiert.

Spuren im Schnee: Auf dem Atzmännig-Parkplatz wurde aus dem vermeintlichen Spass tödlicher ernst.
Spuren im Schnee: Auf dem Atzmännig-Parkplatz wurde aus dem vermeintlichen Spass tödlicher ernst.
BILD KAPO SG

«Es war sicher nicht das erste Mal, dass auf dem Parkplatz gedriftet wurde», sagt Roger Meier, Geschäftsführer der Sportbahnen Atzmännig auf Anfrage der «Linth-Zeitung». «Wir können nicht sagen, dass es enorm oft passiert, zumal wir nicht mehr so häufig Schnee haben auf dieser Lage, aber es kommt ab und zu vor, dass man am Morgen entsprechende Spuren im Schnee sieht.»

Die Spuren am Freitagmorgen hätten darauf hingedeutet, dass der Unfall nicht beim ersten Manöver passiert sei. «Der Unfall ist auf jeden Fall tragisch», sagt Meier. Aber eine Aufsichtspflicht über den Parkplatz während 24 Stunden könne man von den Sportbahnen «beim besten Willen» nicht verlangen. Die Polizei versuche, sporadisch Kontrollen zu machen. So wie das Anfang Dezember auf der Schwägalp der Fall war. Dort wurden über 20 Autolenker kontrolliert, die im Frischschnee am Driften waren.

Lenker droht Gefängnis

Bei Schnee würden an verschiedenen Orten Parkplätze zum Driften genutzt, sagt Kapo-Sprecher Krüsi. Auch vom Atzmännig habe es schon Meldungen gegeben. Die Kontrolle sei aber zum einen schwierig. «Wenn wir anrücken, will es niemand gewesen sein», sagt Krüsi. In Nächten mit Schneefall wie vom Donnerstag auf Freitag fehlten der Polizei zum andern aufgrund vieler anderer Vorkommnisse auch die Ressourcen, um überall zu kontrollieren. «Der Vorfall zeigt aber, wie gefährlich es sein kann.» Es habe auch schon Unfälle mit überschlagenen Autos auf anderen Parkplätzen gegeben.

Im Atzmännig waren die Einsatzkräfte laut Krüsi rund drei Stunden am Werk. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten aber noch bis tief in die Nacht hinein zu tun. Dem inhaftierten 20-jährigen Autolenker droht nun eine Gefängnisstrafe. Laut Strassenverkehrsgesetz kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden, «wer als Fahrzeugführer bei einem Verkehrsunfall einen Menschen getötet oder verletzt hat und die Flucht ergreift». Dazu kommt, dass der junge Autolenker den Unfall durch fahrlässiges Verhalten provoziert hat, weshalb ihm auch eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung drohen dürfte.

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