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Bankkrise im Busskirch

Die rote Sitzbank gleich beim See im Joner Busskirch war beliebt. Jetzt ist sie weg. Dafür wurde eine andere nach 25 Jahren der Planung der Öffentlichkeit übergeben. Eine Glosse.

29.06.18 - 17:02 Uhr
Leben & Freizeit

Sonnenhungrige, die es ins Busskirch im Joner Südquartier zieht, haut es – dort angekommen – derzeit fast aus ihren Badelatschen: Seit Jahr und Tag stand gleich am Anfang des Stegs, dort, wo viele ihre Velos abstellen, ein Bänkli. Dieses Bänkli war eine sichere Bank, sozusagen. Doch jetzt ist es verschwunden.

Auch Franziska K.* kommt vor ein paar Tagen «nichts ahnend» ins Busskirch, wie sie auf Facebook schreibt. «Was ist denn hier los? Ich glaubs ja nicht», tippt sie und verleiht ihren Emotionen mit empörten Smileys Nachdruck. Sie erwischt offenbar zwei Herren vom Werkdienst in flagranti, wie die Männer das Bänkli abmontieren. «Aber wieso denn das, frage ich sie», schreibt K., und ihr Ärger springt den Leser zwischen den Zeilen förmlich an.

Der Boden sei halt privat und die Besitzer wollten das Bänkli nicht mehr, so die Werkdienstmänner. «Aha! Also liebe Leute: Wenn ihr im Busskirch am See sitzen wollt, so bleibt lieber gleich zu Hause oder nehmt einen Stuhl mit. Ich verstehe das nicht!», endet der Eintrag. Die Gesichtsfarbe der Smileys wechselt ins Dunkelrote.

Bänkli Ja, hinlaufen Nein!

Dass der geschilderte Sachverhalt der Wahrheit entspricht, wird durch einen Anruf im Stadthaus bestätigt. Die Stadt hat das Bänkli zwar unterhalten, war aber nie Eigentümerin des Landes, auf dem es stand. Dieses gehört den Besitzern der flotten Villa nebenan. Nach zehn Jahren ist der Pachtvertrag ausgelaufen – und für eine Verlängerung stellten die Besitzer Bedingungen.

Dem Vernehmen nach wurde man sich nicht einig – und es kam, wie es kommen musste: Die Bank musste weg.

Doch schon kurz darauf flattert ein «Wiedererwägungsgesuch» ins Stadthaus. Es zeigt sich: Nicht das Bänkli, das unter dem Aufschrei von Frau K. vom Werkdienst abtransportiert wurde, und das im Süden des von Hecken abgeschirmten Millionenbaus steht, stört. Nein, nur die Leute, die darauf sitzen. Oder genauer: Die Leute, die dahin laufen, um darauf zu sitzen.

Denn dabei kommen sie eben an jener Hochburg der Zivilisation vorbei, deren Besitzer mit dem steten Strom leicht bekleideter Badegäste offenbar nicht leben können. Keine drei Meter Abstand halten die pilgernden Massen. Und dabei stören sie. Irgendwie. Nicht beim Sitzen, nicht beim Baden, nicht beim Grillieren, nicht beim Trinken. Aber beim Vorbeilaufen.

Ein Hoch auf die Kulanz

Dabei wollen die Landbesitzer sogar, dass das Bänkli wieder dahin kommt, wo es einst war. Sie stellen aber Forderungen: Ein Tor muss her! Wird der Weg verriegelt und verrammelt, nehmen die lästigen Leute dann schon einen Umweg. Rund um die Kirche. Vorbei am Friedhof. Und dem Spielplatz. Und den Bootshütten. Zu eben jenem Bänkli, gegen das doch niemand etwas hat.

Die Villenmenschen zeigen sich kulant und grosszügig: Wird der Pöbel von ihrem Anwesen ferngehalten, könne man dafür ihre Wiese, auf der das Bänkli stand, besser nutzen. Das Grün misst wohl an die zehn Quadratmeter – ohne Bänkli. Es darf von einem Golfplatz und endlosen Sandstränden geträumt werden.

Doch da macht die Stadt nicht mit. Der Weg, der an der Villa vorbeiführt und auf dem zurzeit die wütenden Vandalen wandeln, ist eine Strasse dritter Klasse. Das geht vor Privatgrund. Eine andere Wegführung kam für die Bau- und Umweltkommission bisher also nicht infrage. Und so sitzt man nun eben wieder zusammen. Die Verhandlungen gehen in die nächste Runde. Bis es so weit ist, bleibt auch das Bänkli, wo es ist. Beim Werkdienst.

Politische Meisterleistung

Immerhin: Weitsichtig hat die Stadt an anderer Stelle bereits für Ersatz gesorgt. Sehr weitsichtig – begannen die Planungen für das neue Bänkli beim Seezugang Gubel in der Kempratner Bucht doch schon vor 25 Jahren. «Open Door Seezugang», twitterte der Bauchef kürzlich stolz. Die Badegäste haben also eine Alternative. Wobei, das Baden ist im Gubel ja verboten. Was auch für den Hund gilt, der an die Leine zu nehmen ist. Zwischen 22 und 8 Uhr bleibt das eiserne Tor zudem verschlossen. Und das Grillzeug muss auch zu Hause bleiben, denn Feuer machen liegt nicht drin. Geschweige denn Musik hören. Ein Ort der Ruhe soll es sein. Eine Oase im Grossstadtdschungel.

Es ist eine Meisterleistung der Stadt, dass das Bänkli nur 25 Jahre und fast eine Million Franken nach der ersten Idee bereits den stressgeplagten Arbeitstieren zur Verfügung gestellt werden konnte – und Wochen danach noch immer da ist. Zumindest wenn man bedenkt, dass gleich daneben eine schmucke Villa steht.

*Name der Redaktion bekannt

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