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Dr. Google? «Fragen Sie jemand anderen»

Die Informationen im Internet über Krankheiten sind grenzenlos. Dr. Google kann Patienten helfen – aber noch besser Fragen offen lassen. Mit Experten ist das manchmal nicht anders.

26.11.17 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Für Personen, die zur Hypochondrie neigen, heisst die Antwort klar Nein.
Für Personen, die zur Hypochondrie neigen, heisst die Antwort klar Nein.

Google ist äusserst beliebt, wenn es für Betroffene darum geht, mehr über ihre Erkrankung zu erfahren. Und zwar generationenübergreifend. Gemäss einer neuen internationalen Studie nutzt in der Schweiz fast die Hälfte der Personen ab 65, nämlich 43 Prozent, das Internet, um sich über Gesundheitsfragen zu informieren.

Wer an dieser Stelle auf einen Expertentipp hofft, wie man zu nützlichen Informationen kommt und im Internet nicht auf irreführende, vielleicht sogar gefährliche Ratgeber stösst, hofft vergebens. Auch der richtige Umgang mit Foren wird nicht geklärt. Ein Auszug aus dem Mailverkehr mit einem in Chur tätigen Facharzt.

Der Erkenntnisgewinn für den Leser ist, gelinde gesagt, gering. Deshalb springt «suedostschweiz.ch» – ausgerechnet mithilfe eines deutschen News-Portals – für den Experten ein. Hier sind die Tipps für all jene, die ihre Beschwerden im Krankheitsfall gerne googeln.

  • Wie bei Journalisten auch gilt: Nicht nur einer Quelle vertrauen. Ein Blick auf mehrere Seiten zu einem bestimmten Thema zeigt schnell, wo sich die Seiten uneins sind.
  • Achtet auf das Veröffentlichungsdatum. Die Artikel sollten nicht älter als zwei Jahre alt sein. So habt Ihr die Gewähr, dass die Informationen noch aktuell sind.
  • Keine Informationen können einen richtigen Arzt ersetzen. Nur dieser hat die Möglichkeit, den Körper zu untersuchen. Bei lang anhaltenden Beschwerden heisst es deshalb: Arzt konsultieren. 

Ist es grundsätzlich clever, Symptome zu googeln? Diese Frage kann Thomas Wieland, stellvertretender Chefarzt am Kantonsspital Graubünden, nicht beantworten. «Jedoch gebe ich jedem den Rat, darauf gefasst zu sein, dass das, was er findet, eventuell nicht der Wahrheit entspricht, dass er das Suchresultat eventuell nicht korrekt interpretieren kann wegen fehlender medizinischer Kenntnisse oder dass die Auskunft PR-gesteuert sein könnte im Rahmen einer Verkaufsabsicht eines Leistungsanbieters», so Wieland.

Internet-Rat nicht von Wichtigkeit

Die veränderte Informationsbeschaffung und die entsprechende Flut an Ratgebern kann bis zum Arzt oder Spital durchdringen. So gibt es Patientinnen und Patienten, die ein Medikament oder eine Behandlung einfordern, welche in ihrem Fall gar nicht sinnvoll sind. «So etwas kann immer vorkommen, mit oder ohne Internet (letzteren Part können auch Bekannte und Angehörige spielen). Wir als Ärzte haben die Pflicht, die Patienten möglichst korrekt, d. h. gemäss heutigem medizinischem Kenntnisstand, über Diagnosen, Behandlungen und Prognosen aufzuklären. Wozu das Internet rät, ist für uns nicht von Wichtigkeit», erklärt Wieland.

Nocebo-Effekt

Das Googeln der Krankheitssymptome kann nicht nur den Arzt Nerven kosten, sondern auch für die betroffene Person selbst schlimme Folgen haben. Denn wegen den negativen und oft stark übertriebenen Suchergebnissen ist es möglich, dass sich der Betroffene für krank hält, obwohl er es gar nicht ist. Dafür gibt es sogar einen Fachbegrifft: Nocebo. 

Laufen wir also Gefahr, uns zu Hypochondern zu entwicklen? «Hypochondrie kann krankhafte Charakterzüge annehmen», weiss der Mediziner Thomas Wieland. «Falls das Internet dieser Störung der menschlichen Eigenwahrnehmung Vorschub leistet, sollte man es aus präventivmedizinischer Sicht sofort verbieten.»

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