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Wo Essen in der «Wundertüte» statt im Abfall landet

Zu gut für die Tonne: Mit der App «To Good To Go» können Nutzer jetzt auch in der Region vergünstigt Lebensmittel kaufen, die sonst im Müll landen würden. In Rapperswil-Jona ist die Nachfrage gross.

01.07.19 - 12:36 Uhr
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Der Kampf gegen Foodwaste beginnt auf dem Handy: Wo hat es kurz vor Ladenschluss Brot, das noch gut ist, aber nicht mehr zum vollen Preis über die Theke darf? Törtchen und Kuchen von der Bäckerei, die sonst weggeworfen würden? Eine Packung Bratwürste, die am nächsten Tag das Verfallsdatum erreicht?

Die Würste sind ein Beispiel aus der Metzgerei Brönnimann in Jona. Seit rund einem halben Jahr ist das Geschäft auf der App «Too Good To Go» registriert. Mit diesem Slogan – frei übersetzt: «zu gut, um es wegzuwerfen» – setzen schweizweit rund 1200 Restaurants und Läden ein Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung. Sie bieten zum Ladenschluss oder auch über Mittag Lebensmittel an, die sie nicht mehr verkaufen können: Weil sie nicht mehr lange haltbar sind, am gleichen Tag aber noch wunderbar schmecken.

Das Konzept funktioniert so: Via Handy suchen sich die Kunden auf der App ein Geschäft in ihrer Nähe, das ihren Wünschen entspricht: Es gibt die Kategorien Restaurants, Backwaren, vegetarisch sowie Frühstück, Mittagessen oder Abendessen zum Mitnehmen. Zu einem reduzierten Preis buchen die Nutzer sich eine «Wundertüte» voll mit Lebensmitteln. Die Esswaren kosten etwa einen Drittel so viel wie üblich. Was genau in der «Wundertüte» eingepackt ist, sieht der Kunde erst vor Ort: Jeder Laden stellt einen individuellen Mix verschiedener Leckereien zusammen, die sonst im Abfallkübel landen würden. Aktuell machen in Rapperswil-Jona sechs Geschäfte bei «To Good To Go» mit, zusammen mit der Zahner Fischhandel AG in Gommiswald sind es sieben in ganz See-Gaster.

Alternative zum Verschenken

Bei Metzger Ernst Brönnimann gehen pro Tag zwei solcher «Wundertüten» über die Theke, an den Wochenenden sind es sechs. Bisher habe er immer alle via App angebotenen Tüten mit Wurst- und Fleischwaren verkaufen können, sagt Geschäftsführer Brönnimann. Das Thema Foodwaste interessiere ihn schon länger: «Wir haben schon immer darauf geachtet, dass wir am Ende des Tages möglichst wenig wegwerfen müssen.» Bisher habe er übrig gebliebene Lebensmittel an Mitarbeiter verschenkt. Übrig blieb Ware beispielsweise nach einem Grillanlass für Kunden. Fleisch, das mehrere Stunden draussen war, könne man hinterher nicht mehr verkaufen, erklärt Brönnimann. Gehacktes Rindfleisch zum Beispiel oder Bratwürste seien aber am gleichen Abend noch unversehrt und geniessbar. Ein anderes Beispiel sind laut Brönnimann Frischbrätartikel mit kurzer Haltbarkeit oder Salate, die im Überschuss produziert wurden. Für ihn sei «To Good To Go» ein guter Spagat zwischen dem Wegwerfen und dem grossflächigen Verkauf an der Rabatt-Theke: «Eine Wühlboxatmosphäre wollen wir nämlich keine schaffen», sagt er.

Auch die Bäckerei Kuhn im Rapperswiler Sonnenhof macht bei «Too Good To Go» mit. Vier «Wundertüten» füllt das Team pro Tag mit übrig gebliebenen Brötchen, Kuchen und Backwaren. Hier kostet eine Tüte 4.90 Franken. Die Nachfrage sei gross, sagt Filialleiterin Jacqueline Iseli. Das Ziel sei es, jeweils einen guten Mix an Süssem und Salzigem zusammenzustellen. «Es ist also nicht so, dass wir am Ende des Tages zehn übrig gebliebene Gipfeli in eine Tüte stopfen.»

Somit könne man den Kunden ohne schlechtes Gewissen etwas anbieten, das sonst weggeworfen würde, sagt Iseli.

Ausbauen ist ein Thema

Das Angebot scheint den Nerv der Zeit zu treffen: Er erhalte durchwegs positive Rückmeldungen, sagt Metzger Brönnimann. Wer etwas via «Too Good To Go» gekauft hat, kann seine «Wundertüte» hinterher via App bewerten. Brönnimann denkt bereits daran, künftig mehr als die täglichen zwei Tüten anzubieten.

Ist die Nachfrage grösser als das Angebot, erhalten die User übrigens eine positiv formulierte Absage: «Du kannst dich freuen: Es gibt aktuell kein Essen, das man vor dem Wegwerfen retten müsste.»

 

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