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«Ich will ein offenes Ohr für alle haben»

Der 47-jährige Stadtrat Roland Manhart (CVP) will Schulpräsident von Rapperswil-Jona werden. Als solcher würde er sich für
Tagesstrukturen stark machen und Schülern helfen, sich im digitalen Klassenzimmer zurechtzufinden.

22.02.19 - 04:30 Uhr
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Will in die Fussstapfen von Thomas Rüegg treten: CVP-Politiker und Pädagoge Roland Manhart.
Will in die Fussstapfen von Thomas Rüegg treten: CVP-Politiker und Pädagoge Roland Manhart.
Manuela Matt

Seit sechs Jahren sitzt Roland Manhart (CVP) im Stadtrat von Rapperswil-Jona. Nun möchte der Pädagoge in die Fussstapfen von Thomas Rüegg (FDP) treten – und als Schulpräsident vom Neben- in ein Vollamt wechseln. In seinem Büro am Berufs- und Weiterbildungszentrum Rapperswil (BWZ) mit Blick auf den See und tanzenden Schneeflocken vor dem Fenster erzählt der 47-Jährige von seinen Ambitionen, aber auch davon, dass er für die neue Aufgabe einiges zurücklassen müsste. Er schildert, warum ihn das Amt reizt, woran es den städtischen Schulen noch fehlt und welche Visionen er für die Schule der Zukunft hat.

 

Roland Manhart, beweisen Sie uns, wie gut Sie die Schule Rapperswil-Jona kennen: Wie viele Schüler, Lehrer und Schulhäuser hat die Stadt in der Volksschule?

ROLAND MANHART: (überlegt kurz). Schüler sind es, glaube ich, rund 2300, Lehrpersonen rund 500 und Schuleinheiten müssten es 16 sein.

Nicht schlecht: Es sind aktuell 2714 Schüler, 520 Lehrer und 14 Schuleinheiten. Sie haben offenbar ihre «Hausaufgaben» gemacht.

Ich bin schon relativ lange in «diesem Business», der Schulbildung, tätig. Allein hier am BWZ Rapperswil bin ich seit 18 Jahren Fachbereichsleiter. Zudem ist Schule auch im Stadtrat immer wieder ein grosses Thema.

Sie möchten der neue Schulpräsident von Rapperswil-Jona werden. Welche Qualifikationen befähigen Sie für dieses Amt?

Dazu kann ich Verschiedenes ins Feld führen: Zum einen meine zweifache pädagogische Ausbildung zum Primar- und Berufsfachschullehrer. Zudem habe ich als Fachbereichsleiter Führungserfahrung. Ausserdem war ich in der Expertengruppe für den Lehrplan 21. Dort ging es etwa darum, welche Kompetenzen die Schüler für die Berufsbildung mitbringen müssen.

Wie heben Sie sich von Ihren beiden Mitstreitern Tanja Zschokke und Luca Eberle ab?

Beide sind ebenfalls starke Kandidaten. Ich kann nur für mich sprechen und denke, ich könnte gut mit den Schulleitern und der Schulverwaltung zusammenarbeiten. Als Schulpräsident möchte ich ein offenes Ohr haben für die Bedürfnisse aller Menschen, die in der Schule zusammenkommen und die Probleme, die in diesem Amt an mich herangetragen würden. Auch glaube ich, dass ich schwierige Situationen zusammen mit dem pädagogischen Team der Schule Rapperswil-Jona gut meistern könnte.

Reizt Sie das Amt des Schulpräsidenten auch deswegen, weil es ein Vollamt ist?

Stadtrat im Nebenamt zu sein, ist sicher nicht zu wenig attraktiv, daran liegt es nicht. Mich reizt wirklich das Amt des Schulpräsidenten als solches, beziehungsweise das Ressort Gesellschaft und Alter. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich wäre sogar nicht unglücklich, wenn dieser Posten ein Nebenamt wäre.

Wie das denn?

Ich unterrichte einfach wahnsinnig gern. Mit zwanzig Jugendlichen hier am BWZ zu arbeiten, mit allen Hochs und Tiefs, ist sehr spannend. Ich begleite die Berufsschüler vier Jahre lang: Sie kommen als sechzehnjährige Jugendliche hierher und verlassen die Schule als junge Erwachsene. Sie auf diesem Werdegang zu begleiten, bereitet mir Freude. Für den Fall, dass ich am 10. März nicht gewählt werde, wäre zumindest dieser Aspekt – dass ich weiterhin unterrichten darf – nichts Negatives für mich.

Angenommen, es klappt trotzdem: Haben Sie Respekt, in die grossen Fussstapfen von Thomas Rüegg zu treten?

Definitiv, davor habe ich grossen Respekt. Mit seinem Rücktritt nach mehr als zehn Jahren droht viel Wissen verloren zu gehen. Dennoch bin ich überzeugt, dass wir dies mit Wissensträgern im Umfeld der Schule – in der Verwaltung und bei den Schulleitern – auffangen können. Auch ich selber möchte mir auf diesem Weg schnell ein breites Wissen aneignen. Zudem bin ich als amtierender Stadtrat mit den pendenten Dossiers vertraut.

Kritiker sagen, das Kesb-Dossier, das Sie als Vizestadtpräsident innehaben, und die unrühmliche Entlassung von Kesb-Präsident Walter Grob könnte Ihnen nun zum Verhängnis werden.

Ich hatte das Kesb-Dossier als Vizepräsident übernommen, weil ich als einziger Stadtrat unbefangen war. Jeder Entscheid in dieser Sache war aber ein Beschluss des Gesamtstadtrates: Die Kampagne der «Obersee-Nachrichten» gegen die Kesb war massiv, und wir haben uns dagegen als Stadtrat und Arbeitgeber der Kesb Linth gewehrt. Zur Entlassung von Walter Grob kann ich nur sagen: Er hat als Chef einer Behörde Dinge getan, die das Vertrauen des Stadtrats zerstört haben. Ich hoffe allerdings, die Bevölkerung sieht, dass dieses Kapitel inhaltlich nichts mit dem Schulpräsidium zu tun hat. Nicht ich als Einzelperson, sondern der Gesamtstadtrat hat die Klage gegen die «Obersee-Nachrichten» durchgezogen.

Welche Ziele hätten Sie denn als neuer Schulpräsident, wo würden Sie als Erstes ansetzen?

Man darf sagen: Die Schule Rapperswil-Jona läuft hervorragend. Was ich tun möchte, ist, den Bereich Tagesstrukturen zu stärken und zu schauen, wo es Verbesserungen braucht. Wir hatten letzten Sommer eine Morgenbetreuung für Schüler angeboten, die aber kaum genutzt wurde. Das hatte wohl damit zu tun, dass wir das neue Angebot erst relativ spät kommuniziert haben, als viele Eltern schon eine Lösung hatten. Als Familie plant man die Betreuung frühzeitig, das weiss ich aus eigener Erfahrung. Nun möchten wir einen zweiten Versuch starten. Ideal wären Tagesstrukturen von etwa halb sieben Uhr morgens bis sechs Uhr abends.

Ein zentrales Thema der Schule Rapperswil-Jona ist die Schulraumplanung. Wie stehen Sie zur vorgesehenen Reduktion der Oberstufenstandorte von fünf auf drei?

Die Strategie 5-4-3 macht aus ablauftechnischer und pädagogischer Sicht Sinn: Damit lässt sich verhindern, dass die Schüler zwischen den Fächern wegen zu kleinen Teilklassen nicht das Schulhaus wechseln müssen. Englisch zum Beispiel wird auf der Oberstufe schon jetzt auf verschiedenen Niveaus unterrichtet. Nicht alle Schüler einer Klasse sind in einer Fremdsprache gleich kompetent, dies unterscheidet sich je nach Stärken und Fähigkeiten eines Kindes. Die Idee ist es, dass künftig auch Mathematik oder Deutsch so unterrichtet wird. Man verliert dadurch zwar ein wenig den Klassenverband, kann dafür aber die Schüler besser fördern. Dies entspricht auch dem Lehrplan 21.

Welcher Oberstufen-Standort dürfte denn als Nächstes wegfallen?

Dies ist noch nicht beschlossen. Man kann sich aber überlegen: Wenn die Joner Oberstufe Bollwies komplett wegfällt – aktuell ist dort ja noch die Sportschule drin – braucht es in Jona noch ein zweites Schulhaus. Damit wäre das Schulhaus Rain gesetzt. Mit dem neu gebauten Weiden-Schulhaus ist das Südquartier abgedeckt. Da wir drei Standorte für die ganze Stadt anpeilen, fehlt noch eines in Rapperswil. Aktuell stehen dort die beiden Standorte Kreuzstrasse und Burgerau relativ nahe beieinander. Welches der beiden es treffen könnte, ist aber noch offen. Zudem gibt es auch Ideen, ein Schulhaus anders zu nutzen – zum Beispiel für Tagesstrukturen oder die Schulmusik.

Nebst dem Bereich Bildung hätten sie als vollamtlicher Stadtrat neu auch die Bereiche Familie, Gesellschaft, Alter unter sich. Wo harzt es diesbezüglich in der Stadt?

«Harzen» tut es glücklicherweise nirgends richtig. Was ich an diesem Ressort so reizvoll finde, ist, dass ich die Menschen in der Stadt von Geburt an bis ins hohe Alter von der politischen Warte aus begleiten kann. Den Jugendlichen können wir mit dem geplanten Jugendzentrum bald mehr bieten. Und im Bereich Alter freut es mich, dass es nun vorwärtsgeht mit dem Pflegezentrum Schachen. Auch das Altersforum als neues Gremium liegt mir am Herzen. In Rapperswil--Jona sind wir eigentlich eine Gesellschaft mit vielen älteren Menschen. Darum ist es enorm wichtig, dass die ältere Generation ein Gefäss bekommt, um sich mitteilen zu können.

Wie sieht für Sie die Schule der
Zukunft aus?

In der Schule der Zukunft müssen wir mit der Digitalisierung Kinder und Lehrer dazu befähigen, in dieser «neuen Welt» auszukommen. Man sagt von der heranwachsenden Generation ja, das seien die «digital natives». Doch die Frage ist: Wie «native» sind sie wirklich? Mit Apps, mit Snapchat, mit Instagram umzugehen zu können und vor allem Gefahren zu erkennen, ist eine grosse Herausforderung. Ich spreche damit etwa Mobbing an. Zudem gibt es neue Programme und Möglichkeiten, um virtuelle Klassenzimmer zu schaffen: Ein Tool also, mit dem sich die Schüler von einem beliebigen Ort aus zuschalten können. Aber auch das birgt Gefahren. Nämlich die, dass das soziale Miteinander zu kurz kommt.

Wären Sie betreffend der fortschreitenden Digitalisierung an den Schulen eher zurückhaltend?

Es ist die Zukunft – diese Entwicklung können wir nicht aufhalten. Wir müssen aber Modelle entwickeln, damit wir damit umgehen können. Wir müssen nicht zwingend zuvorderst mitlaufen, aber wir müssen Grundlagen und Weiterbildungen für Lehrer schaffen. Man darf die neuen Möglichkeiten mit Tablets nicht verteufeln, aber es gibt auch die Gefahr, dass es die Kinder überfordert. Damit lernen umzugehen, ist eine grosse Herausforderung.

Und wenn Sie einen Blick zurückwerfen? Wie haben Sie Ihre eigene Schulzeit erlebt?

Ich war eigentlich ein guter Schüler, habe aber nicht nur schöne Erinnerungen an meine Schulzeit und Lehrer. Ich habe mich oft über Ungerechtigkeiten geärgert: Wenn Lehrer einfach ihren Stoff durchgepauktet haben und nur Noten statt den Schüler dahinter gesehen haben. Ich störte mich auch daran, dass Kinder aus bildungsfernen Schichten oft unfair behandelt wurden. Solche Erfahrungen waren letztlich der Grund, warum ich Lehrer geworden bin – ich wollte es besser machen.

 

Zur Person

Roland Manhart (47) ist in Jona aufgewachsen. Er unterrichtete als Primarlehrer in Linthal und Jona und bildete sich später zum Berufsfachschullehrer weiter. Am BWZ Rapperswil ist er seit 18 Jahren Fachbereichsleiter Allgemeinbildung. Zudem bildet er unter anderem an den pädagogischen Hochschulen Zürich und St. Gallen angehende Lehrer aus. Seit 2013 ist der CVP-Politiker im Stadtrat von Rapperswil--Jona, bis 2016 war er für das Ressort Sicherheit zuständig. Aktuell ist er im Nebenamt Vizestadtpräsident und unter anderem zuständig für das Kesb-Dossier. Auf seine Stärken angesprochen sagt Manhart, er sei ein weitsichtiger Planer und ein guter Zuhörer. Als Schwäche nennt er seine Ungeduld. Manhart ist verheiratet und hat zwei Buben im Alter von 11 und 14 Jahren. Seine Freizeit verbringt er mit seiner Familie, liest gerne, fährt Ski, spielt Klavier, Gitarre und Trompete. (ran)

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