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Die Frauen-Staffel als grösster Trumpf

Bei der Biathlon-WM in Antholz stehen an den nächsten zehn Tagen aus Schweizer Sicht die Frauen im Mittelpunkt. Vor allem die Staffel soll die erste Schweizer Medaille der WM-Geschichte bringen.

Südostschweiz
12.02.20 - 10:26 Uhr
Schneesport

«Es ist mega schön da», schwärmt Lena Häcki. «Es ist immer eine super Stimmung, und auch das Wetter ist fast immer gut.» Wenn die Vorfreude ein zuverlässiger Indikator ist, kann an der WM im Südtirol eigentlich gar nichts schief gehen. Die Schweizer fühlen sich im Seitenarm des Pustertals immer besonders wohl. Im Gegensatz zu anderen Athleten macht ihnen die Höhenlage von 1600 Meter nichts aus, sie trainieren im nationalen Zentrum in Lenzerheide auf fast der gleichen Höhe.

Schweizer Medaillen gab es bei den bisher fünf Weltmeisterschaften in Antholz keine - wie bei den anderen 45 auch nicht. Nun darf aber vor allem dank des Aufschwungs bei den Frauen vom ersten Schweizer WM-Edelmetall geträumt werden. «Am liebsten in der Staffel», kommt es bei Häcki wie auch bei den drei Gasparin-Schwestern wie aus der Pistole geschossen. «Es ist unglaublich schön, wenn man einen Erfolg mit den Teamkolleginnen teilen kann», erklärt Häcki. In drei von vier Staffelrennen in dieser Saison durfte sie als Schlussläuferin mit den anderen über einen Podestplatz jubeln.

«La Decima» für Selina Gasparin

Vor der Frauen-Staffel am übernächsten Wochenende stehen aber acht weitere Wettkämpfe im Programm. Auch da dürfen sich Häcki und im Idealfall Selina Gasparin leise Hoffnungen auf eine Medaille machen. Die Engelbergerin lief im Dezember als zweite Schweizerin nach Gasparin (drei Podestplätze im Weltcup und Olympia-Silber von 2013 bis 2016) auf das Podest. «Natürlich macht man sich nun mehr Druck», gibt die 24-Jährige zu. «Aber das ist typisch Biathlon: Man darf nicht zu viel daran herumstudieren.» Neben dem 3. Platz in Annecy weist sie fünf weitere Top-15-Rangierungen auf. «Aber die grossen Nationen wie Norwegen, Frankreich oder Deutschland müssen aufs Podest, wir dürfen», streicht Häcki heraus. Sie setzt sich denn auch nicht einen bestimmten Rang als Ziel, sondern «gute Rennen. Es kann sein, dass ich an einem Tag mit einem 15. Platz zufrieden bin, an einem anderen mit dem gleichen Rang überhaupt nicht.»

Ein Jubiläum feiert Selina Gasparin. Die 35-Jährige war bereits 2007 als Debütantin - und einzige Schweizer Frau - in Antholz dabei und bestreitet nun ihre zehnte Weltmeisterschaft. «Im Einzel lief es mir noch nicht in dieser Saison», gibt die Engadinerin zu. «Meine guten Rennen lieferte ich in der Staffel ab.» Für sie gilt ähnlich wie für Häcki: In der Loipe ist sie bei den Besten dabei, wie weit nach vorne es geht, entscheidet sich am Schiessstand.

Das Feld der Favoritinnen ist nach dem Rücktritt der einstigen Überfliegerin Laura Dahlmeier gross. Vor einem Jahr in Östersund gingen die fünf Siege bei den Frauen an fünf verschiedene Nationen. Eine davon holte Dorothea Wierer, die in Antholz als Lokalmatadorin im Fokus - und entsprechend unter Druck - steht. Im Weltcup liefen in 13 Einzelrennen 17 verschiedene Frauen auf das Podest, sechs Mal gewann die Norwegerin Tirill Eckhoff.

Weger nach Übertraining geschwächt

Im Gegensatz zu den Frauen wäre bei den Schweizer Männern der Traum von einer Medaille vermessen. Aushängeschild Benjamin Weger erlebt bislang eine schwierige Saison. Er versuchte in der Saisonvorbereitung etwas Neues - doch die Hoffnungen erfüllten sich nicht. Der 30-jährige Oberwalliser verschob im Herbst das Höhentraining näher an den Start des Weltcups. Die kurze Zeit reichte dann aber nicht, um sich von den Anstrengungen zu erholen, wie sich in der Folge zeigte. Die läuferische Form wurde mit Fortdauer der Saison nicht wie erhofft besser, sondern schlechter. Ein 5. Platz zum Auftakt in Östersund und ein 12. Rang nach der Weihnachtspause in Oberhof blieben so statt der Regel Ausreisser nach oben.

«Nach der Erholung über die Festtage dachte ich eigentlich, das Tief sei überwunden. Doch nach drei Rennen war ich bereits wieder müde.» Nun hofft Weger aber, nach einer weiteren Woche Pause und einer Woche Training in Lenzerheide wieder besser in Form zu sein. «Es ist nicht ein extrem gravierendes Übertraining», erklärt Weger. «Aber etwas über dem Limit. Es wäre deshalb vermessen, von einer Medaille zu träumen.»

An der Spitze ist ein Duell zwischen dem frisch gebackenen Vater Johannes Thingnes Bö und Martin Fourcade zu erwarten. Der Franzose nützte die «Babypause» des Norwegers, um die Führung im Gesamt-Weltcup zu übernehmen. Antholz mit seiner Biathlon-Arena auf 1600 m ist aber keine bevorzugte Destination von Fourcade. Nur zwei seiner 81 Weltcup-Siege holte der mit 25 Medaillen zweiterfolgreichste Biathlet der WM-Geschichte im Südtirol. (sda/so)

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