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Der Aufsteiger muss einstecken

Ein Drittel der Qualifikation in der National League ist gespielt. Die SC Rapperswil-Jona Lakers waren bisher vor allem eines: Punktelieferant. Sie stehen nach 17 Spielen einsam und verlassen am Tabellenende.

Bernhard
Camenisch
09.11.18 - 01:00 Uhr
Eishockey
Fabian Maier (links) und seine Lakers-Teamkollegen haben in der neuen Liga einen schweren Stand.
Fabian Maier (links) und seine Lakers-Teamkollegen haben in der neuen Liga einen schweren Stand.
Keystone

Die Zwischenbilanz der SCRJ Lakers in der November-Länderspielpause ist ernüchternd. Der Aufsteiger ist mit 2 Siegen aus 17 Spielen und total 7 Punkten das Schlusslicht der National League. Dies abgeschlagen, denn der Abstand zum Zweitletzten HC Davos beträgt 7 Zähler. Der Rückstand auf den «Strich» ist mit 17 Punkten bereits astronomisch, und zu Platz 10 beträgt die Differenz satte 14 Punkte. Deshalb deutet schon nach einem Drittel der Qualifikation alles darauf hin, dass die Lakers ab Ende März im Play-out-Final darum spielen müssen, den Gang in die Ligaqualifikation zu verhindern.

Das Saisonziel lautete von Anfang an Ligaerhalt. Dieser kann auch im April noch aus eigener Kraft geschafft werden, insofern besteht kein Grund zur Panik. Klubführung, Staff und Spieler hatten erwartet, dass die erste Saison in der National League schwierig werden würde. Dass sich das Team von Trainer Jeff Tomlinson aber derart schwertut, bisher über weite Strecken nicht konkurrenzfähig war, damit war klubintern nicht gerechnet worden.

Aus dem Nichts kommt dies aber nicht. Die Lakers sind der unfreiwillige Beweis, dass der Niveauunterschied zwischen den höchsten zwei Schweizer Spielklassen in den letzten Jahren gewaltig geworden ist. Mit dem zu weiten Teilen identischen Team, das im letzten Jahr in der Swiss League nach Belieben dominierte, ist in der National League nicht beizukommen. Schon vor der Saison zeichnete sich ab, dass für das Kader der Lakers Quantität statt Qualität gilt. Dies konnte die Mannschaft bisher nicht widerlegen. Feldspieler, die auf diesem Niveau allein mit ihrer individuellen Klasse den Unterschied ausmachen können, fehlen.

Torhüter: An Melvin Nyffeler liegt die schwache Punkteausbeute nicht, er ist der beste Spieler seines Teams. Zwar liegt er mit seiner Abwehrquote (91,21 Prozent gemäss den offiziellen Zahlen des Verbands) unter dem Ligadurchschnitt (92,13 Prozent). Doch kein Goalie der National League hat im bisherigen Saisonverlauf mehr Schüsse abgewehrt (512) und mehr hochkarätige Chancen vereitelt. Nyffeler ist der einzige Goalie der Liga, der zu Beginn jedes Spiels im Kasten stand, zweimal wurde er ausgewechselt. Trainer Tomlinson wird dem 23-Jährigen in den kommenden Wochen und Monaten Pausen geben müssen, um zu verhindern, dass seine Nummer 1 im Tor bis zur entscheidenden Phase des Abstiegskampfes ausgepowert ist.

Verteidigung: Es ist der Mannschaftsteil, in dem die Lakers am meisten National-League-Erfahrung in die neue Liga mitbrachten. Für ein Schlusslicht stellen die durchschnittlich drei Gegentore der Abwehr denn auch kein schlechtes Zeugnis aus. Die Rettungstaten von Nyffeler polieren die Bilanz allerdings auf. Im Kollektiv kann das Abwehrdispositiv der Lakers dem gegnerischen Druck einigermassen standhalten. Allerdings lassen die Rapperswil-Joner am zweitmeisten gegnerische Schüsse aus dem eigenen Slot (über 15 pro Spiel) zu.

Schwer machen es sich die Verteidiger mit ihren zu vielen individuellen Fehlern und mangelhaftem Zweikampfverhalten. So laden sie die Gegenspieler zu oft zu einfach zu Toren ein. Zudem bekunden die Verteidiger Mühe beim Spielaufbau aus der eigenen Zone, worunter das gesamte Offensivspiel leidet.

Sturm: Es gibt nichts schönzureden: 19 Tore in 17 Spielen, davon 15 durch Stürmer, sind ein Armutszeugnis. Nur in fünf Partien gelang dem Aufsteiger mehr als ein Treffer, fünfmal wurde er schon zu null besiegt. Die Lakers bringen die wenigsten Torschüsse der Liga zustande (432). Weil zudem die Schussqualität ungenügend ist, führten bisher nur 4,63 Prozent der Abschlüsse – also jeder 25.(!) – zu einem Treffer.

Es ist bezeichnend, dass Stürmer Martin Ness – ein Krampfer, der sicher nicht in erster Linie für seine offensive Produktion bezahlt wird – mit fünf Punkten (drei Tore) der Topskorer des Teams ist. Dass Skorer mit Schweizer- pass fehlen, kommt nicht von ungefähr. Als die Lakers Ende April aufstiegen, war für die Transferkommission um Sportchef Roger Maier auf dem leer geräumten nationalen Spielermarkt kaum noch etwas zu machen. Andere Baustellen sind aber hausgemacht. In erster Linie die Zusammenstellung des Ausländerquintetts.

Ausländer: Ein Aufsteiger muss vier herausragende Importspieler auf dem Eis haben. Die Lakers haben zwei, die den Anforderungen in der National League nicht genügen: Das kanadische Sturmduo Jared Aulin (17 Spiele, 0 Tore, 4 Assists, Minus-9-Bilanz) und Dion Knelsen (17, 2, 2, - 9) nach dem Aufstieg aus Loyalität weiterzubeschäftigen, war ein Fehler.

Enttäuschend waren bisher auch die zwei aus der KHL verpflichteten Amerikaner, Stürmer Casey Wellman und Offensivverteidiger Matt Gilroy. Richtig beurteilt werden können beide allerdings noch nicht. Wegen Verletzungen bestritten sie erst sechs (Wellman) respektive vier Spiele. Von ihnen muss aber viel mehr kommen. Wellman wartet noch immer auf seinen ersten Skorerpunkt und weist eine Minus-4-Bilanz aus, Gilroy (1 Tor) sogar minus 5.

Auch der vor zwei Wochen verpflichtete US-Stürmer Danny Kristo steht nach fünf Einsätzen schon bei minus 4. Spielerisch hebt er sich – wie Wellman – zwar von seinen Mitspielern ab, doch auch Kristo muss an Skorerpunkten gemessen werden dürfen. Diesbezüglich hat er mit einem Tor noch nicht überzeugt. Der zwischenzeitlich temporär verpflichtete Radek Smolenak (1 Tor, 1 Assist, - 6) war kein Faktor. In den sieben Spielen mit ihm holten die Lakers drei Punkte (beim Heimsieg gegen Servette).

Special Teams: Die Qualität von Über- und Unterzahlspiel gilt häufig als Indikator für den Zustand eines Teams. Mit ihrem Boxplay müssen sich die Lakers nicht verstecken. 86,21 Prozent aller Unterzahl-Situationen überstehen sie schadlos. Sie sind damit die Nummer 4 der Liga. Dank zwei Powerplay-Toren in den letzten beiden Spielen haben die Lakers ihre Erfolgsquote in Überzahl zuletzt auf 12,70 Prozent verbessert. Ungenügend ist dies immer noch, schlechter ist in dieser Statistik nur der HC Lugano. Der SCRJ hat in Überzahl acht Treffer erzielt, aber auch schon vier Shorthander kassiert.

Verletzungen: Es passte zum Gesamtbild der vergangenen, an Perfektion grenzenden Saison, dass die Lakers nahezug verletzungsfrei blieben. Und es passt zum Gesamtbild der laufenden Meisterschaft, dass Tomlinsons Team arg gebeutelt wird. Nicht nur Gilroy und Wellman verpassten den Grossteil der bisherigen Spiele, gleiches gilt auch für Verteidiger Timo Helbling. Der prominenteste unter den Schweizer Zuzügen kam erst fünfmal zum Einsatz. Zunächst fiel er mit einer Gehirnerschütterung aus, und nun setzt ihn eine Knieverletzung bis mindestens im Februar ausser Gefecht.

Der vielversprechende Stürmer Andri Spiller verletzte sich schon im Saison-Auftaktspiel an der Hand und wartet seither auf sein Comeback. Zuletzt fehlten im Sturm auch noch Corsin Casutt und Kay Schweri. Die Personalsituation sollte sich nach der Länderspielpause entspannen – immerhin etwas, das dem Tabellenletzten in seiner schwierigen Situation Hoffnung machen darf.

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