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Circus-Premiere vertagt, Schulen zu, Sport steht still

Die Massnahmen des Bundes zur Eindämmung des Coronavirus schränken das gesellschaftliche Leben auch in der Region massiv ein.

Pascal
Büsser
14.03.20 - 04:30 Uhr
Politik
Tournee-Start vertagt: Die Premiere des Circus Knie in Rapperswil ist abgesagt - die hiesigen Vorstellungen sind auf November verschoben.  Bild: Pascal Büsser
Tournee-Start vertagt: Die Premiere des Circus Knie in Rapperswil ist abgesagt - die hiesigen Vorstellungen sind auf November verschoben. Bild: Pascal Büsser
PASCAL BÜSSER

Es hatte sich abgezeichnet, dass der Bundesrat die Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus verschärfen würde. Trotzdem kam der Inhalt der Botschaft, den die Landesregierung gestern ab 15.30 Uhr verkündete, einem Paukenschlag gleich. Das wirtschaftliche, soziale und politische Leben wird massiv eingeschränkt (siehe Frontseite).

Ab Montag bleiben die Schulen offiziell geschlossen – vorläufig bis am 4. April. Darauf war die St. Galler Regierung nicht vorbereitet, wie der St. Galler Bildungschef Stefan Kölliker eingesteht (siehe «Nachgefragt» unten).

Schulen überrumpelt

«Für uns war es natürlich äusserst ungünstig, erst am Freitagnachmittag um 16 Uhr davon zu erfahren», sagt Luca Eberle, Schulpräsident von Rapperswil-Jona. So sei es nicht mehr möglich gewesen, den Schülern ein gedrucktes Informationsschreiben für die Eltern mitzugeben. Man habe die Schulleitungen und Klassenlehrer beauftragt, die Eltern über digitale Kanäle wie E-Mail oder Klassenchats davon in Kenntnis zu setzen, dass die Schulen ab Montag offiziell geschlossen bleiben.

«Ich gehe nicht davon aus, dass es Eltern geben wird, die nicht davon erfahren», sagt Eberle. Er rechnet aber damit, dass einige der 2700 Schüler der Stadt am Montag trotzdem bei ihrem Schulhaus auftauchen, weil Eltern allenfalls keine Betreuungslösung finden. Mindestens eine Lehrkraft werde pro Schulhaus vor Ort sein. Wie man mit der Situation umgehe, sei noch zu klären. Heute finde eine weitere Krisensitzung statt.

Noch unklarer ist gemäss Eberle, ob und in welcher Form der Unterricht in den nächsten drei Wochen weitergeführt werden kann. Je älter die Schüler, desto mehr stünden digitale Kanäle zur Verfügung. Am Montag will Eberle mit den Schulleitungen das Vorgehen bestimmen. Ähnlich tönt es in Uznach und Weesen. Die Schulbehörden haben den Schülern erste Instruktionen mit auf den Weg gegeben. Die Eltern werden gebeten, sich auf der Homepage der Schule über die weiteren Massnahmen zu informieren.

Spielbetrieb eingestellt

Ab sofort steht auch die Sportwelt still. Der Ostschweizer Fussballverband hat den Spielbetrieb aller Ligen «mindestens» bis und mit Ostermontag, 13. April eingestellt. Beim FC Rapperswil-Jona, dem grössten Verein der Region, wird nicht mehr trainiert. Diverse Sportligen haben die Saison schon definitiv abgebrochen, so auch die Eishockeyaner. Damit ist auch der öffentliche Eislauf im Lido vorzeitig beendet, wie die Stadt gestern mitteilte.

Wie erwartet kann auch die Premiere des Circus Knie nicht stattfinden (Ausgabe vom Donnerstag). Alle sechs Vorstellungen in Rapperswil entfallen. Sie sollen im November nachgeholt werden, wie der Circus gestern mitteilte. Definitiv abgesagt ist das Gastspiel an acht von 34 Spielorten. Knie hofft, seine Tournee Anfang Mai in St. Gallen starten zu können.

Tickets für abgesagte Shows werden laut Mitteilung zurückerstattet. Der Circus bittet aber um Verständnis, «dass für die hohen Aufwände der Rückabwicklung ein pauschaler Betrag von fünf Franken pro Ticket abgezogen werden muss.»

Politische Auswirkungen

Aufgrund des neu geltenden Verbots von Veranstaltungen mit über 100 Personen werden auch die Bürgerversammlungen in der Region nicht wie geplant stattfinden können. Jene von Amden am 30. März ist bereits abgesagt. Der Gemeinderat werde über das weitere Vorgehen zu gegebener Zeit kommunizieren, heisst es auf der Website der Gemeinde.

 

Nachgefragt

«Es ist tatsächlich eine Kehrtwende»

Der St. Galler Bildungschef Stefan Kölliker (SVP) äussert sich zur Schliessung aller Schulen.


Noch am Donnerstag kommunizierte die St. Galler Regierung, dass die Volksschule offen bleibe, weil sonst die Gefahr bestehe, dass die Kinder vermehrt von Grosseltern gehütet würden, die vom Coronavirus besonders gefährdet sind. Sie scheinen also vom gestrigen Entscheid des Bundesrats, alle Schulen zu schliessen, überrascht?
Stefan Kölliker: Wir waren in den letzten Tagen intensiv in Kontakt mit dem Bund. Man kann aber schon sagen, dass sich die Ereignisse  überschlagen haben in den letzten 24 bis 36 Stunden.

War die Schulschliessung aufgrund der internationalen Entwicklung nicht absehbar, sodass sich die St. Galler Regierung schon im Lauf der Woche auf dieses Szenario hätte vorbereiten müssen?
Die Entscheide von anderen Ländern sind mehr oder weniger am Mittwoch gefallen. Länder, die bisher noch praktisch nichts gemacht hatten, schlossen plötzlich die Schulen. Sie wechselten quasi von einem Extrem zum anderen. Das kam alles sehr überraschend. Ich sage das in Bezug auf die Volksschule. Auf Stufe Hochschulen wurden wir ja diese Woche selber aktiv, und auf der Sekundarstufe II waren wir mittendrin in den Vorbereitungen. Was die Volksschule betrifft, ist die neue Anordnung des Bundes tatsächlich eine Kehrtwende.

Die St. Galler Regierung hält heute eine ausserordentliche Sitzung ab, um über Empfehlungen an die Schulgemeinden zu beraten. Insbesondere, ob und in welcher Form die Schulen trotz der vom Bund angeordneten Schliessung Betreuungsangebote für Schüler anbieten sollen.
Ich kann nichts vorwegnehmen. Klar ist, dass die Schulen ein paar Tage brauchen werden, um sich auf die neue Situation einzustellen. Für mich ist das Naheliegendste, dass sich die Eltern ab Montag gegenseitig unterstützen. Dass Eltern, die zu Hause sind, in den ersten Tagen auch Nachbarskinder hüten.

Wenn das nicht geht, dürfen dann Eltern bis zu drei Tage bei der Arbeit fehlen, wie im Krankheitsfall eines Kindes?
Diese Frage konnte gestern auch Bundesrat Guy Parmelin noch nicht abschliessend beantworten. Persönlich stelle ich mir vor, dass Eltern, die keine Lösung haben, sofort mit ihrem Chef Kontakt aufnehmen. Ich zähle in den ersten Tagen auf die Solidarität der Firmen, wenn es irgendwie möglich ist. Finanzielle und rechtliche Fragen sollten in der aktuellen Ausnahmesituation nicht zuvorderst sein. (pb)

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