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Die BDP stellt Fragen und ist unzufrieden

Wir tickern für Euch die wichtigsten Entscheidungen und Reaktionen aus dem Bündner Kantonsparlament. Der zweite Tag der Februarsession begann mit der Fragestunde. Sodann wurde die Teilrevision des Steuergesetzes fertig beraten – und angenommen.

Philipp
Wyss
12.02.19 - 16:36 Uhr
Politik

Ticker

Am zweiten Tag der Februarsession hat der Bündner Grosse Rat:

  • Nachtragskredite behandelt und die Fragestunde bestritten
  • Die Teilrevision des Steuergesetzes für den Kanton Graubünden und des Gesetzes über die Gemeinde- und Kirchensteuern 
(Ausgabe von gestern) verabschiedet
  • Parlamentarische Aufträge und Anfragen diskutiert

Die Session wird am Mittwoch ab 8.15 Uhr fortgesetzt. Die Debatten sind öffentlich und werden auch in einem Livestream im Internet übertragen. Zudem tickern wir auch wieder für Euch.

Frühzeitiges Tagesende

Wie Standespräsidentin Tina Gartmann-Albin (SP, Chur) in der Nachmittagspause auf Anfrage sagte, wird die Session um 16.30 Uhr unterbrochen und am Mittwoch fortgesetzt. Es sind noch ein Auftrag und drei Anfragen hängig:

  • Auftrag Reto Crameri (CVP, Surava) betreffend Anpassung des Übertretungsstrafrechts und Verfahrenskosten
  • Anfrage Renate Rutishauser (SP, Tomils) betreffend Ombudsstelle im Gesundheits- und Sozialwesen
  • Anfrage Reto Loepfe (CVP, Rhäzüns) betreffend Fachkräftemangel in den Grundbuchämtern im Kanton Graubünden
  • Anfrage Tobias Rettich (SP, Untervaz) betreffend Inanspruchnahme von Finanzhilfen des Bundes zur Förderung der Kinder- und Jugendarbeit

Die Session wird am Mittwoch ab 8.15 Uhr fortgesetzt und voraussichtlich am Vormittag beendet.

 

Die Weko hat ihre Angaben (oben) «klammheimlich» abgeändert (unten)
Die Weko hat ihre Angaben (oben) «klammheimlich» abgeändert (unten)
OLIVIA ITEM

Die BDP ist sauer auf die Regierung – wegen der Weko

Und gleich noch eine Fraktionsanfrage der BDP. Diesmal geht es um den Presserohstoff in der Sache Weko-Entscheid «Engadin I». Fraktionspräsident Gian Michael (BDP, Donat) gibt sich noch immer überrascht und erzürnt über die damalige Mitteilung – des Kantons Graubünden, nicht über jene der Wettbewerbskommission (Weko). «Die Weko hat die Bürger über die Medien zu negativ informiert», so Michael. Die Antwort der Regierung: Im Unterschied zum fünfseitigen Presserohstoff, welcher als Zusatzinformation zur Pressemitteilung auf der Internetseite der Weko aufgeschaltet wurde, passte diese ihre Verfügung «Engadin I» im März 2018 nicht an. Gegen die Verfügung ist beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhoben worden. Rechtlich massgebend ist für den Kanton Graubünden das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.

Wie gedenkt die Bündner Regierung bei der Weko zu intervenieren, will die BDP-Fraktion weiter wissen. Dazu nochmals die Regierung: «Wir stützen unser Handeln allein auf Entscheide der Weko beziehungsweise des Bundesverwaltungsgerichts. Die Medieninformationen der Weko betreffen Verfahrensparteien beziehungsweise Adressaten der Weko-Verfügung. Damit sind die BDP und Michael nicht zufrieden. Daher wiederholt die BDP einzelne der bereits einmal eingereichten Fragen.

Nach einer längeren Diskussion meldet sich Grossrat Philipp Wilhelm (SP, Davos). Er glaubt, dass seine Vorredner in der ganzen Kartellgeschichte nichts gelernt haben. Es gehe weder um den Presserohstoff, noch habe die Regierung oder das Parlament Fehler begangen. Der Imageschaden hätten die unverschämten Baufirmen begangen. So seien die Preise nach Bekanntwerden des Kartells um 30, teil um über 40 Prozent gesunken. «schwarz auf weiss». Der Kanton muss die Umstände rund um das Kartell lückenlos aufklären, fehlbare Firmen sanktionieren, und dafür sorgen, dass er künftig nicht mehr über den Tisch gezogen zu werden», so Wilhelm.

Auch Grossrat Lorenz Alig (FDP, Pigniu) pflichtet Wilhelm bei, wenn er sagt: «Rücksicht dürfen Gesetzesbrecher von einem Rechtsstaat nicht erwarten und schon gar nicht verlangen. Herr Cavigelli, machen Sie weiter. Ich gratuliere Ihnen für Ihren Mut. Sie sind auf dem richtigen Weg.»

Regierungsrat Mario Cavigelli (CVP, Domat/Ems): «Wir wollen zuerst verstehen, was überhaupt geschehen ist.» Verfahrenspartei seien weder der Kanton, noch die Parteien, sondern die Unternehmen, so Cavigelli. «Wir haben einzig der Weko unsere Unterstützung zugesagt, weil der Kanton an einem gesunden Wettbewerb interessiert sei.» Weiter sagte Cavigelli, das längst nicht alle Baufirmen im Engadin in die Untersuchungen involviert seien. Der Kanton vergebe an Firmen, die nicht auf einer Weko-Liste stehen, weiterhin Aufträge. Nun wolle man aber die Ergebnisse der eingesetzten politischen Unteruchungskommission abwarten. Im jetztigen Zeitpunkt die Weko zu kritisieren, wäre aber schaumschlägerisch, so Cavigelli. «Jetzt müssen wir die Nerven behalten. Ich werde im Namen der Regierung zum jetzigen Zeitpunkt nicht irgendeine Institution rügen.»

Wahlflyer für die Regierungsratswahlen vom Juni 2018.
Wahlflyer für die Regierungsratswahlen vom Juni 2018.
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Einfacher wählen – ja oder nein?

Weiter geht es mit einem BDP-Fraktionsauftrag. Er fordert nach den Grossrats- und Regierungsratswahlen vom vergangenen Frühjahr die Vereinfachung des Wahlverfahrens im Kanton Graubünden. Damals mussten die Stimmen der Regierungsratskandidaten Jon Domenic Parolini (BDP, Chur) und Walter Schlegel (SVP, Trimmis) nachgezählt werden. Zwar bleib das Ergebnis letztlich bestehen. Aber das Resultat zugunsten des bisherigen Regierungsrats Parolini schrumpfte damals gemäss Nachzählung von 68 auf 31 Stimmen. Erstunterzeichner, Grossrat Ursin Widmer (BDP, Felsberg): «Den Wählern fehlt die Übersicht. Die tiefe Wahlbeteiligung spricht dafür, dass das aktuelle Prozedere nicht kundenfreundlich ist.» Bei einer Umfrage von «suedostschweiz.ch» im Januar äusserten sich 34 Prozent der Teilnehmer dahingehend, dass sie bei dem von der BDP vorgeschlagenen System «eher» an die Urne gehen würden.

Auch die von «suedostschweiz.ch» beschriebenen Landrats-Wahlen vom vergangenen Wochenende erwähnt Widmer. Dort wurden zwölf Stimmzettel leer und deren 14 ungültig eingelegt. Die BDP möchte das System von E-Voting auf das schriftliche Wählen übertragen. «Es würde das Wählen vereinfachen», so Widmer. Und er scheibt nach, dass die BDP auch bei einem neuen Wahlsystem dem Majorz treu bleiben will und werde. Als eine von mehreren Gegnerinnen der Auftragsüberweisung äussert sich Grossrätin Brigitta Hitz-Rusch (FDP, Churwalden). Sie hat wenig übrig für diesen Fraktionsauftrag und sieht die Bündner Stimmberechtigten als genügend mündig, richtig wählen zu können.

Regierungspräsident Jon Domenic Parolini (BDP, Chur): «Die Teilrevision über die politischen Rechte ermöglichen die Einführung von E-Voting. Zwar wird das System erst in diesem Jahr implementiert. Im kommenden Jahr werden die sechs Pilotgemeinden (Chur, Domat/Ems, Davos, Lumnezia, Poschiavo und Safiental) das System testen und ab 2021 können alle interessierten Gemeinden E-Voting zum bisherigen schriftlichen Wahlsystem einführen, so Parolini. Und: «Für die Gemeinden bedeutet das eine Vereinfachung.»

Nach einer längeren Diskussion wird der Fraktionsauftrag mit 97:19 Stimmen bei 1 Enthaltung zu Handen der Regierung überweisen.

Brücke
Die Velo- und Fussgängerbrücke «Pardislabrücke» zwischen Chur und Haldenstein.
THEO GSTÖHL

Weiter gehts

Als erstes wird am Dienstagnachmittag der Auftrag von Grossrat Beat Deplazes (SP, Chur) betreffend innovative Beläge für den Langsamverkehr beraten. Deplazes spricht über das Projekt Veloweg Trimmis und über den Veloweg Haldenstein–Chur. Er möchte den Langsamverkehr im Kanton Graubünden fördern und sagt, Komfort darf nicht auf Kosten der Natur erhöht werden. Konkret möchte Deplazes nicht, dass sämtliche Velowege im Kanton asphaltiert werden, insbesondere in Wäldern sei das störend. Grossrat Roman Hug (SVP, Trimmis) äussert sich, weil Deplazes das Projekt in Hugs Gemeinde angesprochen hat. Es sei der Wunsch der Bevölkerung gewesen, den Veloweg auszubauen, so wie er heute ist. Es sei aber mehr als nur ein einfacher Bau gewesen, der nur dank Mithilfe des Kantons so umgesetzt werden konnte, so Hug.

Regierungsrat Mario Cavigelli (CVP, Domat/Ems) erklärt: «Ein Weg muss sicher, komfortabel und sauber sein.» Wer mit einem Jackett zur Arbeit fährt ist froh, wenn die Strasse nicht holprig ist. Und: Auch Schulkinder benützen solche Wege, so Cavigelli. Das sei auch die Grundlage des Bundesamtes für Strassen für die angesprochenen Verkehrsverbindungen. «Bei einem angesprochenen Weg gibt es zwei verschiedene Beläge. Aus historischen Gründen und in einem Waldabschnitt», so Cavigelli. Der Regierungsrat appelliert an Freiräume und spricht bei den angesprochenen Verbindungen von Paradebeispielen. Anstossen, und das betont Cavigelli abschliessend, tun Belagsfragen stets die betroffenen Gemeinden.

Letztlich wird der Auftrag mit 84:28 Stimmen bei 2 Enthaltungen nicht an die Regierung überwiesen.

PIXABAY

An Guata

Standespräsidentin Tina Gartmann-Albin (SP, Chur) entlässt das Parlament in die Mittagspause. Aufgrund der weit fortgeschrittenen Abarbeitung des Arbeitsplanes liegt ein vorzeitiges Ende der Februarsession in der Luft. Entschieden wird darüber aber erst um 15.30 Uhr. Geplant war die Februarsession von Montag bis Mittwoch. Nun entscheidet Standespräsidentin Tina Gartmann-Albin (SP, Chur) zusammen mit den Fraktionspräsidenten, ob die Session bereits am Dienstagabend zu Ende geht.

Die Aprilsession wurde aufgrund von mangelnden Themen bereits während der Dezembersession gestrichen. Und die Junisession findet als Landsession in Pontersina statt.

Die Session wird um 14 Uhr fortgesetzt.

Heute durfte der Grosse Rat einen Arbeitsbesuch bei der PDGR (Psychiatrische Dienste GR) absolvieren. Ganz herzlichen...

Posted by Tina Gartmann-Albin on Monday, February 11, 2019

Weitere Anfragen und Aufträge eingereicht

Vor der Mittagspause orientiert Standespräsidentin Tina Gartmann-Albin (SP, Chur) über eingegangene Anfragen und Aufträge:

  • Grossrat Jürg Kappeler (GLP, Chur) Anteil Elektrofahrzeuge an Nutzfahrzeugen
  • Fraktionsanfrage SVP betreffend Fachbefreiung Fremdspracheunterricht auf Realschulstufe
  • Maurus Tomaschett (CVP, Brigels) höchster Stellenzuwachs im Kanton Graubünden
  • Fraktionsauftrag SVP betreffend Abklärung des möglichen Schadensauss von Submissionsabsprachen
  • Beat Deplazes (SP, Chur) Wolfschäden Stutzalp
Logo an einem Gebäude der Kantonalen Verwaltung in Chur.
Logo an einem Gebäude der Kantonalen Verwaltung in Chur.
ARCHIV

Der Kanton ist ein moderner Arbeitgeber

Weiter geht es mit der Anfrage von Grossrat Jöri Schwärzel (SP, Klosters) betreffend Familienfreundlichkeit in der kantonalen Verwaltung. Laut der Antwort der Regierung hat die Regierung 2011 die Personalstrategie 2013 bis 2022 verabschiedet. Diese hat das Ziel, den Kanton als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren. Dies soll unter anderem durch die Entwicklung eines zeitgemässen Arbeitsumfeldes auch in Bezug auf Arbeitszeitformen und familienfreundliche Arbeitsbedingungen erreicht werden, heisst es weiter. So wurden unter anderem folgende Punkte umgesetzt und verbessert:

  • Einführung der Arbeitszeitformen «Monats Arbeitszeit» und «Jahresarbeitszeit»
  • Förderung der Teilzeitarbeit
  • Einführung der unbezahlten Kurzurlaube, das heisst zusätzliche fünf oder zehn arbeitsfreie Tage
  • Grosszügige Praxis bei kurzfristigen unbezahlten Urlauben bis zehn Tage
  • Besondere Sozialzulage
  • Bezahlte Kurzurlaube für die Betreuung kranker eigener Kinder oder pflegebedürftiger Personen

Weiter wurden mit der Teilrevision des Personalgesetzes 2017 die Anstellungs- und Arbeitsbedingungen wie folgt punktuell verbessert:

  • Regelung zur Lohnzahlung bei Arbeitsunfähigkeit infolge Schwangerschaft
  • Explizite Verankerung des Vaterschafts- und Adoptionsurlaubs
  • Erweiterung des Mutterschaftsurlaubs
  • Regelung betreffend Gesundheitsschutz bei Schwangerschaft und Mutterschaft

Regierungsrat Christian Rathgeb (FDP, Chur) wird konkret, wenn er sagt, dass ein Drittel des kantonalen Personals Teilzeitpensen hat. Eine Differenzierung zwischen Hierarchiestufen gibt es nicht. Allerdings präsentiert Rathgeb weitere Zahlen: 928 Personen arbeiten beim Kanton Teilzeit; 621 oder 67 Prozent davon sind Frauen, 307 Männer. Bei den Vollzeitangestellten sind die Frauen laut Rathgeb mit einem Anteil von 19 Prozent stark untervertreten.

Zwei Lösungen für Eigenmietwertbesteuerung

Weiter geht es noch vor der Mittagspause mit einer Anfrage von Grossrat Gian Derungs (CVP, Lumbrein) betreffend Auswirkungen einer Anpassung der Eigenmietwertbesteuerung auf den Kanton Graubünden. In der Diskussion spricht Regierungsrat Christian Rathgeb (FDP, Chur) von einer wichtigen Thematik. In ihrer Antowort schreibt die Regierung: Für die Eigenmietwertbesteuerung gibt es zwei Lösungen, mit denen eine rechtsgleiche Behandlung zwischen Wohneigentümern und Mietern erreicht werden kann. Wird der Eigenmietwert als Einkommen besteuert, können auch die zur Einkommenserzielung notwendigen Kosten wie Schuldzinsen und Liegenschaftenunterhalt als Gewinnungskosten in Abzug gebracht werden. Wird auf die Besteuerung des Eigenmietwerts verzichtet, können auch keine Abzüge vorgenommen werden, weil Schuldzinsen und Unterhaltskosten nicht mehr der Einkommenserzielung dienen. Die Streichung der heutigen Besteuerung des Eigenmietwertes hätte systemgemäss zur Folge, dass auch die zugehörigen Abzüge gestrichen werden.

Konkret heisst es weiter: Im heutigen Stand des Gesetzgebungsverfahrens sind die abziehbaren Kosten und die Regelung hinsichtlich der Schuldzinsen nicht bekannt. Damit können auch keine aussagekräftigen Berechnungen erstellt werden. Die Streichung des Eigenmietwerts auf den Erstwohnungen, der zugehörigen Unterhaltskosten und sämtlicher Schuldzinsen würde im Kanton Graubünden Mehreinnahmen in der Grössenordnung von acht Millionen Franken ergeben. Auf der Ebene der Gemeinden liegen keine Berechnungen vor.

Philipp Wyss ist Chefredaktor der gemeinsamen Redaktion der Zeitung «Südostschweiz» und der Internetseite «suedostschweiz.ch». Damit zeichnet er für das Team und für den Inhalt dieser Produkte verantwortlich.

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