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Die Elmer kamen noch vor den Glarnern nach Amerika

Heute ist vor allem New Glarus im grünen US-Staat Wisconsin bekannt. Doch die Glarner, die in den 1840er-Jahren ausgewandert sind, haben noch weitere Orte gegründet. Eine Spurensuche im Internet, Teil 1.

Fridolin
Rast
19.08.19 - 04:30 Uhr
Kultur
Was bleibt: Auf dem Friedhof von New Elm in Wisconsin ruhen die Verstorbenen von zwei Jahrhunderten.
Was bleibt: Auf dem Friedhof von New Elm in Wisconsin ruhen die Verstorbenen von zwei Jahrhunderten.
SWISSFAMILYTREE.COM

New Glarus im Green County in Wisconsin hat heute rund 2200 Einwohner und ist 1845 von Glarner Auswanderern gegründet worden. Die Reise der rund 150 Glarnerinnen und Glarner, der Kauf des Landes im Süden des US-Staates im Mittleren Westen und die Geschichte des Dorfes, sind spannend. Doch nicht nur dort haben sich Glarner Auswandererfamilien niedergelassen.

New Bilten folgt auf New Glarus

Nicht weit davon haben ein Dutzend Familien New Bilten gegründet. Auch hier hat Fridolin Streiff eine wichtige Rolle gespielt. Er war mit Nicolas Dürst zusammen Botschafter für die Landsuche in den USA und den Landkauf in New Glarus.

Bob Elmer, der selber Auswanderernachkomme ist, schreibt auf der Website glarusfamilytree.com über New Bilten. Demnach wurde Fridolin Streiff 1847 beauftragt, für in New Glarus ankommende Biltner Auswanderer Land zu kaufen, 17 Grundstücke von je 40 Acre oder gut 16 Hektaren. Sie lagen etwa fünf Meilen oder acht Kilometer südlich von New Glarus. Die Biltner benannten den Ort nach ihrer Heimat. Allerdings wuchs New Bilten nie zu einem Dorf heran – und geriet in Vergessenheit.

Die Elmer sind schneller

Fast vergessen ist heute auch New Elm, obwohl es laut Bob Elmer, selber Nachkomme von Auswanderern, lange Jahre eine lebhafte kleine Schweizer Siedlung war. Heute seien vor allem noch zwei kleine Landfriedhöfe übrig und die ehemalige Kirche, heute als privates Wohnhaus genutzt.

Eigentlich eine zu bescheidene Geschichte, denn eine kleine Elmer Auswanderergruppe hat demnach 1845 sogar ein paar Wochen vor den New-Glarus-Gründern ihr Heimatdorf im Sernftal verlassen. Die Elmer reisten via die grossen Seen in den mittleren Westen und kam im Juni 1845 in Milwaukee an. Dort überwinterten sie offenbar, bevor sie 1846 in Black Wolf in Winnebago County Landwirtschaftsland kauften, zwei heutige Autostunden nordöstlich von New Glarus. Nach den Berichten haben ein paar von den Elmern in Milwaukee Niklaus Dürst und Fridolin Streiff getroffen, unmittelbar bevor diese das Land für New Glarus kauften.

In New Elm bauten die Elmer und weitere Einwanderer aus Deutschland und der Schweiz 1850 eine Kirche, die allerdings 1857 abbrannte und neu gebaut werden musste. Erst 1914, also fast 70 Jahre nach der Entstehung von New Elm, wurden erstmals englische statt deutscher Gottesdienste gehalten.

«Grundstück in einer Wildnis»

Wie schwierig der Start für die Neu-Elmer war, lässt ein Brief von Niklaus Elmer von ungefähr 1880 erahnen. Zwar hat es den Kundschaftern John U. Elmer und Fred Marti so gut gefallen in Brighton, später Black Wolf genannt, dass sie ihre Gruppe überzeugten, dort Land zu kaufen. 1848 kam eine weitere Gruppe an, mit etwa Oswald Geiger (er starb ein Jahr später nur 20-jährig), Beat Rhyner (1833–1899), Albrecht Elmer, Peter Elmer, John Zentner senior, John Pfeiffer (er wiederum lebte von 1819 bis 1910) und anderen.

«Diese kühnen Pioniere hatten ihr Grundstück in einer Wildnis von mächtigen Bäumen und ohne Strassen, Schulen oder Kirchen bekommen, mehrere Meilen von der nächsten Siedlung weg. Sie bauten Blockhäuser und rodeten Wald. Das wachsende Dorf Oshkosh, sieben Meilen im Norden, wurde bald ein guter Abnehmer für Holz, und eines der bemerkenswerten Bilder dieser frühen Tage war die lange Reihe von holzbeladenen Ochsengespannen auf dem Weg von der Schweizer Siedlung nach Oshkosh.

Die Eisenbahngesellschaft, welche die Chicago and Northwestern Rail- road durch den Ort baute, kaufte laut Niklaus Elmer von den Siedlern Tausende Klafter Holz. Was diesen Wohlstand gebracht habe, sodass sie ihre Blockhütten durch solide Fachwerkhäuser und -ställe ersetzen konnten. Man habe Strassen, Schulhaus und Kirchen gebaut, und die Ochsengespanne wichen nach und nach dem Pferdezug.

Ihr Wohlstand sei Lohn für ihren grossen Fleiss und ihre grosse Genügsamkeit, schreibt Elmer weiter, und die Schweizer würden inzwischen (also 1880) als die besten Farmer in Winnebago County gerühmt. Erwähnenswert schien ihm, dass schon 1846 ein Schulkreis gegründet und ein Blockbau-Schulhaus gebaut wurde, in dem Miss Eliza Case im Winter darauf un-terrichtete. Ebenso berichtete er von der ersten Geburt, dem ersten Todesfall und der ersten Heirat in New Elm. Und erwähnte speziell Henry Schneider, den erfolgreichsten und überaus erfahrenen Bauunternehmer in der Stadt Oshkosh. Briefschreiber Elmer zählt nicht nur eine Reihe Privathäuser und «Blocks» auf, sondern auch die Kirche St. Peter, das Gefängnis, die Stadtbrauerei in Green Bay und die Eisenbrücke in Oshkosh über den Fox River.

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