×

Warum feiern wir Chalandamarz?

Wissen ist Macht – und manchmal einfach auch unglaublich unterhaltsam. In unserer Serie «SOwas!» liefern wir euch regelmässig (un)nütze Erklärungen und Kuriositäten zum Staunen und Schmunzeln.

27.02.23 - 17:20 Uhr
Ereignisse

Jedes Jahr Anfang März erklingt in vielen Bündner Bergregionen lautes Glockengeläut, Gesang und Peitschenknallen. Es ist die Zeit des Chalandamarz. Doch was wird genau gefeiert? Was steckt hinter dem jahrhundertealten Brauch? Wir klären auf.

Frühlingsbeginn und Wahlen am ersten März

Mit dem Brauch Chalandamarz wird an vielen Orten der Frühling eingeläutet und die bösen Geister werden vertrieben. «Chalanda» bedeutet nämlich «erster Monatstag». «Marz» steht für den Monat März. Das Vertreiben der bösen Wintergeister mit lautem Kuhglocken-Geläut, Gesang und Peitschenknallen wird an vielen Orten im Engadin, Münstertal, Bergell, Puschlav, Misox, Oberhalbstein und Albulatal ausgeübt. Die Gestaltung ist von Dorf zu Dorf unterschiedlich. In Poschiavo und im Misox wird beispielsweise ein Schneemann als Symbol des Winters verbrannt.

Einst wurden am ersten März die Wahlen in den öffentlichen Ämtern durchgeführt. In Zuoz im Oberengadin wird die Wahl der Gemeindebehörden immer noch an diesem historischen Datum durchgeführt. Zuoz ist die einzige Gemeinde im Oberengadin, welche die Tradition der Urnenabstimmung am ersten März noch lebt.

Peitschenknallen und Kuhglockenläuten sind nur zwei von vielen Traditionen am Chalandamarz.
Peitschenknallen und Kuhglockenläuten sind nur zwei von vielen Traditionen am Chalandamarz.
Bilder Mayk Wendt
Peitschenknallen und Kuhglockenläuten sind nur zwei der vielen Traditionen am Chalandamarz.
Peitschenknallen und Kuhglockenläuten sind nur zwei der vielen Traditionen am Chalandamarz.
Bilder Mayk Wendt

Im Jahr 2020 musste der Brauch aufgrund der Coronapandemie vollständig pausieren, im 2021 fanden kleinere Anlässe statt. Seit letztem Jahr ist der Chalandamarz aber wieder zurück. Bereits am 27. Februar findet das erste Peitschenknallen statt. Am 28. Februar, 1., 4. und 5. März ziehen dann die Umzüge durch die Dörfer. Hier gibt es eine Liste der diesjährigen Umzüge. 

Wie auch andere Traditionsanlässe verändert sich der Chalandamarz. Zuoz gilt als eine der letzten Ortschaften, in denen das Brauchtum immer noch stark männlich geprägt ist. Im November des vergangenen Jahres wurde aber abgestimmt: Neu dürfen auch die Mädchen wie die Buben am Chalandamarz teilnehmen. Dies hat die Gemeindeversammlung entschieden und das entsprechende Reglement wurde angepasst. An der Probe vom 19. Februar durften somit erstmals Mädchen in blauer Chalandamarz-Bluse und roter Mütze und Halstuch an der Generalprobe mitlaufen. Eine Schelle tragen durften sie noch nicht, es war ihnen jedoch erlaubt, mit der Peitsche zu knallen. In vielen Dörfern hat sich das Rollenbild verändert. Im Engadiner Dorf Guarda dürfen Mädchen beispielsweise seit knapp 16 Jahren am Umzug teilnehmen.

Internationale Bekanntheit erlangte der Chalandamarz durch die Geschichte «Schellen-Ursli». 1945 erscheint die Geschichte von Selina Chönz mit Bildern von Alois Carigiet. In der Geschichte lebt der junge Uorsin mit seinen Eltern auf einer Alp im Unterengadin. Als er beim Chalandamarz die kleinste Glocke erhält, weil er im Stall helfen musste, reicht es ihm. Er begibt sich auf ein gefährliches Abenteuer, um die grosse Glocke von der Alp zu holen. 70 Jahre nach der Veröffentlichung der Geschichte, im Jahr 2015, wird «Schellen-Ursli» verfilmt. 

Anna Nüesch ist freie Mitarbeiterin und arbeitet neben ihrem Multimedia-Production-Studium bei der Südostschweiz in den Redaktionen von Online/Zeitung und TV. Zuvor hatte sie ein Praktikum bei diesen Kanälen absolviert.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Ereignisse MEHR
prolitteris