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Hallo Schweizer Schulsystem, wir müssen reden

Oliver
Fischer
06.12.19 - 04:30 Uhr

Beginnt das Chaos jeden Tag von vorn, sagen wir: Herzlich Willkommen im Familienleben. Unser Alltag reiht verrückte, bunte, profane und ab und zu unfassbar perfekte Momente aneinander. Das Leben als Mama oder Papa ist eine aufregende Reise, auf die wir Euch nun mitnehmen. Ganz nach dem Motto: Unser Alltag ist ihre Kindheit.

Jetzt ist da ja diese Woche die jüngste Pisa-Studie rausgekommen. Und da stellen wir fest, um das hochgelobte Schweizer Schulsystem ist gar nicht mal so gut bestellt. Immerhin, rechnen können unsere Kinder und Jugendlichen immer noch besser als vielerorts. Das wird die Banken und Mint-Branchen freuen. Dafür ist es ums Lesen offenbar gar nicht gut bestellt. Bedauerlich ist das nicht nur, weil doch Deutsch die Sprache der einstmaligen Dichter und Denker ist. Sondern auch, weil das Lesen, im Gegensatz zum Rechnen, essentiell für das Funktionieren unserer ebenfalls ach so hoch gelobten, geschätzten und verteidigten direkten Demokratie ist. Oder besser wäre. Denn politische Bildung, Verständnis über Zusammenhänge, Kausalitäten und Korrelationen (und die Unterscheidung von beidem!) und Informationsaufnahme und –verarbeitung stehen in direktem (kausalem) Zusammenhang mit der Lesefähigkeit.

Klar also, dass sich die Medien angesichts dieser demokratiebedrohenden Resultate sofort aufs Bildungssystem, respektive dessen wichtigste Institutionen, die Schulen stürzen, um nach den Gründen für diesen Bildungszerfall und Massnahmen dagegen zu fragen. Und siehe da, das SRF wird im Kanton St. Gallen sofort fündig. Das Problem ist ganz einfach: In den letzte Jahren wurden Mädchen überdurchschnittlich gefördert, deshalb sind die Leistungen der Jungs abgesackt und das haben wir jetzt davon – die böse Verweiblichung der Schule. Man hört schon das wütend-bestätigende Gebrüll der Männer-Retter und Anti-Feministen.

Um Gegensteuer zu geben, sollen darum jetzt die Jungen wieder mehr berücksichtigt werden. Sie schreiben jetzt Aufsätze über Jungen-Themen. Sport zum Beispiel. Ausserdem müsse man sicher überlegen, ob Mädchen und Jungen in gewissen Fächern wieder getrennt unterrichtet werden sollten, um die halt so wahnsinnig unterschiedlichen Lern- und Arbeitsweisen von Mädchen und Jungen abzufangen. Bitte, geht’s noch! Zum Glück kamen in dem SRF-Beitrag auch noch ein paar Menschen mit Verstand zu Wort, nämlich die Jugendlichen selbst. Und die hielten nicht sehr viel von geschlechtergetrenntem Unterricht.

Was für ein überholter, altertümlicher Nonsens ist denn das bitteschön? Können wir endlich aufhören in diesen völlig untauglichen Kategorien von männlich und weiblich zu denken, wenn es um Leistungsfähgkeit, Lernwillen, Lerntypen und Wissensvermittlung geht?

Was unsere Schule, was unsere Kinder brauchen, ist nicht mehr vom Alten, nicht die immer gleichen, wiederkehrenden Stereotypen. Was unsere Kinder brauchen ist ein Lernumfeld, in dem sie gerne lernen, in dem sie individuell gefördert und gefordert werden – weil jedes Kind anders, ein Individuum, ist. Und wenn es Gemeinsamkeiten im Lernverhalten oder bei thematischen Interessen gibt, dann verlaufen diese nicht einfach entlang den X- und Y-Chromosomen auf dem DNA-Strang.

Ja, das ist ein hoher Anspruch an die Schule und an die Lehrpersonen. Aber in der Schweiz haben wir nun einmal genau eine einzige Ressource, die wir nutzen können – und das waren schon immer die Menschen. Früher schickte man überzählige Kinderlein in Klöster oder als Söldner auf die Schlachtfelder Europas. Heute sind es – oder sollten es zumindest sein – gutausgebildete junge Männer und Frauen, die wir der Welt anbieten können. Aber dafür müssen wir sie eben: gut ausbilden. Und das kostet. Aber wenn wir einen anständigen Return on Investment wollen, dann müssen wir eben auch ein anständiges Investment tätigen.

Also, liebe Schulen, Bildungs- und Sparpolitiker: Verschont uns und unsere Kinder mit den Geschlechter-Stereotypen, die taugen einfach nicht als Ansatz, sondern geht endlich auf das Kind als Individuum ein, um Jedes Einzelne nach dessen Möglichkeiten und Anforderungen bestmöglich zu fördern und zu fordern – und wenn das teuer wird, dann soll es das halt. Lasst uns das bitte etwas kosten, denn besser und nachhaltiger können wir unsere Steuergelder nicht investieren.

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Haltet Euch von Idioten fern.

Alter Politik schrott, Ursaurierpolitik.

Wann hört Ihr endlich auf,
die Geschlechter gegeneinader aufzuhetzen?
Schämt Euch!

Beide Geschlechter haben gleiche Rechte.

Die Zauberformel, setzt ein schwecheren Teil zu einem stärckeren, Gruppenarbeit miteinander Egal welches Geschlecht.

Gemeinsam sind Sie starck.

Ohne das eine und andere geht es nicht.

Lernt endlich mal,
normal, logisch zu denken.

Pasta.