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«Huara sait ma nit»

Oliver
Fischer
16.08.19 - 04:30 Uhr

Beginnt das Chaos jeden Tag von vorn, sagen wir: Herzlich Willkommen im Familienleben. Unser Alltag reiht verrückte, bunte, profane und ab und zu unfassbar perfekte Momente aneinander. Das Leben als Mama oder Papa ist eine aufregende Reise, auf die wir Euch nun mitnehmen. Ganz nach dem Motto: Unser Alltag ist ihre Kindheit.

Als das Kind ganz klein war und man von ihm in Sachen Kommunikation noch nicht mehr als ein «Dado» bekam, wünschte ich mir immer, es möge doch endlich soweit sein, dass ich mich mit ihm unterhalten könne. Nun, inzwischen ist das schon eine ganze Weile soweit – und natürlich wünschte ich mir inzwischen manchmal, es wäre wieder so ruhig und friedlich wie damals, als ich noch «nur» das Lachen, Glucksen und Brabbeln interpretieren musste.

Heute gibt es zwei Hauptzustände in Sachen Kommunikation. Da wäre der «Reden-wie-ein-Radiomoderator-wenn-die-Musik-nicht-kommt»-Modus und der «Seg-I-Nit»-Modus (wahlweise auch «Weiss-nüm»- oder «Will-I-nit-verzella»-Modus). 

Aber ich beschwere mich hier überhaupt nicht. Im Gegenteil, ich bin natürlich froh und glücklich darüber, dass ich mit dem Kind inzwischen angeregte Diskussionen führen kann über die Büachli, die wir anschauen, die Rettung von Schnegga, die wir am Wegrand sehen, die mutmasslichen Patienten, die gerade von der Ambulanz oder dem Helikopter ins Spital transportiert werden («Villicht hends an Umfall gha. I glauba as isch uh schlimm.») oder die Planung des nächsten Wochenendes («I will wieder amol Tram fahra, Papa. I glaub as isch schön, mr könnten ind Badi Papa.»). Etwas vom Schönsten an der Kommunikation mit einem (dem) Kind, ist der unbändige Wissensdurst und die Neugierde auf die Welt um es herum, die man ständig erlebt und die einen auch selbst wieder mit viel offeneren Augen durch die Welt gehen lässt. Zwar fällt mir kein Zacken aus der Krone, wenn ich immer wieder «Das weiss I au nit» auf eine Frage antworten muss, aber wissen will ich das dann ja trotzdem und schaue für uns beide nach.

Wenn das Kind nun so viel redet und dabei auch alles aufschnappt, was man selbst so im Alltag von sich gibt, merkt man plötzlich, dass man aufpassen muss, was man sagt – man bekommt es nämlich ziemlich sicher plötzlich von unten wieder zu hören. Und wer weiss, wem gegenüber das Kind dann irgendwelche komplett deplatzierten Sätze fallen lässt ... 

Wir haben aber auch feststellen müssen, dass wir seit einer Weile einen kleinen Sprachpolizisten zu Hause haben. Wir sind Bündner und in unserem Alltagssprachgebrauch sagen wir ziemlich oft und ohne weiter darüber nachzudenken «huara». Das Essen ist «huara fein», das Auto fährt «huara schnell», das Wetter oder die Landschaft ist «huara schön». Damit ist Schluss! «Huara sait ma nit» - tönt es nämlich Jedes! Einzelne! Mal! aus einem Meter Höhe hoch. Krippenregeln sind Krippenregeln, da können Mama und Papa sagen, was sie wollen.

Bei uns heisst es jetzt «Khoga schön, khoga gross und khoga fein».

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