×

Zwischen Alpengefühl und Heidis Geschichte im Ortsmuseum Bergün

Bergün ist im Winter besonders für seine Schlittelbahn bekannt. Doch auch ohne Kufen gibt es im Dorf einiges zu entdecken. Im Ortsmuseum erleben Besucherinnen und Besucher alte und neue Traditionen.

Anna
Panier
09.03.23 - 06:38 Uhr
Leben & Freizeit

Diese Woche tauschen wir im «Wuchanendlich» den winterlichen Panoramablick gegen einen kulturellen Blick hinter die Vitrinen des Bergüner Ortsmuseums. Das besondere Museum befindet sich in einem zwischen 1560 und 1600 erstellten Bauernhaus und wird heute von der «Fundaziun Museum Bergün Bravuogn» betrieben.

Das Museum ist im Winter jeweils am Mittwoch, Donnerstag und Samstag geöffnet. Weitere Informationen findet ihr auf der Webseite des Ortsmuseum Bergün.

Alpleben früher und heute 

Für uns geht es mit dem Auto von Chur nach Bergün und von dort zu Fuss Richtung Ortsmuseum, das sich quasi in der Mitte des 500-Seelen-Dorfs befindet. Wir werden von einem Museumsmitarbeiter freundlich begrüsst und erhalten eine kurze Instruktion zum Aufbau des Museums, bevor wir der Treppe in den untersten Stock des geschichtsträchtigen Hauses folgen. Hier, wo sich unter anderem einst der Vorratskeller befand, gibt es heute im Rahmen der aktuellen Ausstellung Wissenswertes rund um die Themen Alpen und Alpwirtschaft zu entdecken.

So können etwa Kupferkessel bestaunt werden, in welchen normalerweise Milch für die Käseproduktion erwärmt wird. Auch zwei Älplerinnen kommen in Form eines textlichen Zeitstrahls zu Wort und erzählen von ihrem Tagesablauf und von den verschiedenen Arbeitsschritten, bis der Käse den Weg auf unseren Tisch findet.

Einblick in die Käseproduktion: Im Erdgeschoss des Ortsmuseums sind Ausstellungsstücke rund um das Thema Alpwirtschaft ausgestellt wie etwa ein Modell eines Käselaibs.
Einblick in die Käseproduktion: Im Erdgeschoss des Ortsmuseums sind Ausstellungsstücke rund um das Thema Alpwirtschaft ausgestellt wie etwa ein Modell eines Käselaibs.
Bild Anna Panier 

Im «Schlèr», was auf Deutsch so viel wie Keller bedeutet, sind nebst der aktuellen Ausstellung aber auch noch eine nachgebaute Schmiede, eine Schreinerwerkstatt sowie ein Schaulager zu finden. Wir gehen vorbei an alten Schlittschuhen, Heukörben und einem Telefon aus einer längst vergangenen Zeit und folgen der Treppe hinauf in das Obergeschoss. 

Von der Käseproduktion zur Bergbahn … 

Auf diesem Stock geht es nicht mehr um die Herstellung von Käselaiben, und doch geht es hier ziemlich rund zu und her. Hier betreibt der Albula-Bahn-Club eine Modellbahnanlage mit viel Herzblut. Wer Glück hat, kann bei seinem Besuch im Ortsmuseum eine Vorführung der Modelleisenbahn mitverfolgen. Die Anlage ist im Massstab 1:87 nachgebaut und soll den Streckenabschnitt Albulatal Bergün–Preda darstellen, welcher Teil des Unesco Welterbes ist. 

Projekt auf Schienen: Im Obergeschoss des Ortsmuseums betreibt der Albula-Bahn-Club eine Modellbahnanlage.
Projekt auf Schienen: Im Obergeschoss des Ortsmuseums betreibt der Albula-Bahn-Club eine Modellbahnanlage.
Bild Anna Panier 

… und weiter zu Heidi und mehr Schweizer Kultur

Eine kleine Treppe, die sich hinter der Modellbahnanlage versteckt, führt uns schliesslich ganz nach oben, direkt unter das Dach des alten Bauernhauses. Hier befindet sich das sogenannte «Heidi»-Zimmer, welches Einblicke in die Produktion des letzten Heidifilms bietet. Die Dreharbeiten dazu fanden im Dörfchen Latsch oberhalb von Bergün statt. Auch Nostalgiefans kommen auf ihre Kosten, so lässt sich hier im Dachstock des Museums etwa Klaras Rollstuhl aus dem im Jahr 1952 gedrehten original Heidifilm bestaunen.

Nicht berühren, nur anschauen: Im «Heidi»-Zimmer steht der Rollstuhl von Klara aus dem ersten Heidifilm.
Nicht berühren, nur anschauen: Im «Heidi»-Zimmer steht der Rollstuhl von Klara aus dem ersten Heidifilm.
Bild Anna Panier 

Wer selbst gerne mal nach Latsch reisen möchte, kann dies mit einem Besuch im Ortsmuseum gut verbinden. Um die Landschaft, die Schauplatz der Heidifilme war, in Ruhe zu entdecken, empfehlen wir euch den Panoramaweg:

Wir entdecken gegenüber dem Heidizimmer auch noch ein altes Schlafzimmer, welches heute wohl mit dem Begriff «retro» bezeichnet werden würde: hölzerne Wände, ein altes Holzbett, eine massive Truhe und ein klappriger Stuhl an einem kleinen Pult. Hier fühlt man sich einige Jahrzehnte zurückversetzt.

Nach dem kurzen Abstecher in die Vergangenheit geht es wieder die kleine Treppe hinunter. Jetzt stehen wir wieder erneut vor der Modelleisenbahn, die nach wie vor sehr eindrücklich ist, jedoch während unseres Besuchs leider ein technisches Problem hatte. Hier könnt ihr eine alte Vorführung anschauen:

Heirat in der Arvenstube

Wir entscheiden uns schliesslich, die Schweizer Kulturgüter hinter uns zu lassen und folgen der Treppe hinunter in das Erdgeschoss, wo sich auch der Eingang des Museums befindet. Die Anordnung im Engadiner Haus ist sehr traditionell. So ist der erste Raum zur Strasse hin die Stube, anschliessend folgen Küche und Vorratskammer.

Uns hat es die typisch schlichte Bündner Stube aus Arvenholz angetan. Wir treten über die Schwelle und stehen mitten in der «Stègva». Die Einrichtung ist sehr traditionell und vermittelt ein heimeliges Gefühl. Vielleicht liegt es genau daran, dass die Arvenstube heute als Trausaal dient. Jährlich nutzten einige Verliebte das besondere Ambiente, um sich das Jawort zu geben, erklärt uns der Museumsmitarbeiter.

Eingang zur Arvenstube: Die «Stègva» wird heute als Trauraum genutzt.
Eingang zur Arvenstube: Die «Stègva» wird heute als Trauraum genutzt.
Bild Anna Panier 

Positives Fazit und klare Empfehlung

Unser Besuch endet hier. Vollgepackt mit neuem Wissen geht es wieder mit dem Auto zurück nach Chur. Wir ziehen von unserem Ausflug in das Ortsmuseum Bergün ein positives Fazit. Ein Besuch bietet sich für Familien, aber auch Jugendliche und Erwachsene an. Die Mitarbeitenden sind sehr freundlich und helfen bei Fragen unkompliziert weiter.

Es gibt vieles zu entdecken, und die Räumlichkeiten sind zu einem grossen Teil so zu sehen, wie sie in alten Bündner Bauernhäusern üblich waren. Zudem empfinden wir die Eintrittspreise mit 5.50 Franken für Erwachsene und 2 Franken für Schulkinder als sehr fair. Leider ist das Museum aufgrund der traditionellen Architektur nicht überall barrierefrei. Wir vergeben im Rahmen von #SOtestet fünf von fünf möglichen Steinböcken. 

#SOtestet 
Unsere  Autorinnen und Autoren bewerten ihre «Wuchanendlich»-Tipps jeweils mit einer Steinbock-Skala analog einer Sternebewertung. Fünf Steinböcke stehen für sehr gut, während ein Steinbock eine schlechte Erfahrung symbolisiert. Diese Bewertung zeigt unserer Community schnell und einfach, wie empfehlenswert ein Ausflug, ein Restaurant oder andere Freizeitaktivitäten sind.

Anna Panier arbeitet als Redaktorin bei Online/Zeitung. Sie absolvierte ein Praktikum in der Medienfamilie Südostschweiz und studiert aktuell Multimedia Production im Bachelor an der Fachhochschule Graubünden in Chur.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR