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Ein Weinchen in Ehren

Corina Gerster bereist die Welt und berichtet darüber jeden Freitag auf linthzeitung.ch. Heute über Weintrinken in der Sonne, einen Nationalhelden und eine dezent aggressive Schildkröte.

Linth-Zeitung
08.03.19 - 11:08 Uhr
Leben & Freizeit
In Mendoza gibts eine Avenida San Martin, eine Plaza San Martin und eine Statue von  José San Martin. Der geborene Spanier kämpfte mit Leib und Seele (und Pferd) für die Unabhängigkeit der südamerikanischen  Kolonien.
In Mendoza gibts eine Avenida San Martin, eine Plaza San Martin und eine Statue von José San Martin. Der geborene Spanier kämpfte mit Leib und Seele (und Pferd) für die Unabhängigkeit der südamerikanischen Kolonien.
CORINA GERSTER

von Corina Gerster*

Heute mache ich mich auf die Spuren eines edlen Tropfens. Kleinere Startschwierigkeiten inklusive. Tropfen tut nämlich bislang nur das Kondenswasser der Klimaanlage. In mein Gesicht rein. Ein Blick aus dem Fenster des Nachtbusses verrät: keine Sicht auf Besserung. Stattdessen sichte ich eine scheinbar endlose, karge Landschaft. Hier soll sie sein, die Weinhauptstadt Argentiniens?! Bin ich in richtigä Bus iigstigä? Einen kurzen Stressmoment später folgt die Entwarnung: «Nächster Halt, Mendoza!»

Weingüter und Weinsorten gibts rund um Mendoza wie Sand am Meer. Darum heissts erneut: Ab aufs Velo, los geht das Wein-Tüürli! Ganz nach dem Motto «Ein Weinchen in Ehren kann keiner verwehren» besuchen wir ein Weingut nach dem anderen. Hier ein bisschen Malbec, dort einen Chardonnay und dann noch etwas Syrah, Cabernet Sauvignon und sogar Moscato. Yeiih. Feuchtfröhlich vor sich hin Degustieren und dann leicht übermotiviert weiterradeln? Kommt mir doch bekannt vor. Schiinbar hani in Buenos Aires nüt glernt. Denn alle Achtung: Schatten ist auch hier ein rares Gut. Als Wiederholungstäterin muss ich erneut bestätigen: Ein halbwegs angetrunkener Sonnenstich ist nicht so der Knaller. Odär ja, knallt umso meh.

«Zur Abwechslung wohne ich in einem Haus mit einem riesigen Garten.»

Nei etz im Ernscht: Die besuchten Führungen in der Maipu-Region waren leider allesamt etwas schwach. Sehr touristisch, wenig informativ. Schade finde ich auch, dass man oft an der Hauptstrasse entlang radelt. Bei jedem Lastwagen, der mit 100 km/h haarscharf an mir vorbeirast, schrumpfe ich kurz zu einer kleinen Rosine zusammen. No me gusta!

Zurück in Mendoza lässt es sich dafür im riesigen, schattigen Stadtpark wunderbar entspannen. Und wieder lerne ich Interessantes: All die verschiedenen Bäume, Pflanzen und Grünflächen der Stadt wurden von Menschenhand angepflanzt. Sie sind allesamt nicht heimisch und müssen künstlich bewässert werden. Mendoza ist also wirklich eine Oase in dieser sonst so trockenen Umgebung. Apropos Oase: Ich wohne zur Abwechslung in einem Haus mit riesigem Garten. Im Lotto gwunnä? Nei, gar nöd imfall. Kleiner Tipp am Rande: Bei AirBnB nicht nach einer ganzen Unterkunft, sondern nur nach einem Privatzimmer suchen. Da versteckt sich noch so manche Perle. Was das bedeutet? Das Schlafzimmer hat man für sich, Küche und Co. teilt man mit den Bewohnern des Hauses. Kulturellen Austausch gibts gratis dazu. Meine Gastgeberin Malena, eine quickfidele 78-jährige Señora, ist wirklich ein Unikat. Gemeinsam mit einer dezent aggressiven Schildkröte und der schnurrenden Katze Pimienta wohnt sie allein im grossen Haus. Darum habe sie jahrelang Austauschstudenten und Sprachschüler aufgenommen. Jösses! Auch ihr Mami-Instinkt läuft noch wie geschmiert: Sie erspäht ein Loch in meiner Hose und flickt es prompt. Mit passendem Faden. So lieb! Ach, manchmal ist es wirklich schön, sich unterwegs für ein paar Tage wie zu Hause zu fühlen.

*Corina Gerster, Weltreisende, ist in Benken aufgewachsen und lebte in der Schweiz zuletzt in Benken.

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