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Nur wenige unterstützen die Aktion «Wir machen auf»

Die Protestaktion «Wir machen auf» gegen Corona-Schliessungen von Betrieben bleibt im Linthgebiet ein Sturm im Wasserglas. Ein Wirt aus Weesen fand die Idee zwar gut, seine Bar blieb gestern aber zu. Indes zeigen sich viele andere Gastronomen der Region innovativ und satteln um auf Take-away. Die "Linth-Zeitung" hat eine Übersicht erstellt.

Christine
Schibschid
12.01.21 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Arnold Keller in seiner «Bellini Bar» in Weesen.
Arnold Keller in seiner «Bellini Bar» in Weesen.
BILD CHRISTINE SCHIBSCHID

Er ist verzweifelt – das wird im Gespräch mit Arnold Keller, dem Betreiber der «Bellini Bar» im Weesner Städtli, deutlich. Vor rund einem Jahr hat er das Lokal übernommen. Zweimal musste er wegen des Coronavirus bereits schliessen. Hilfsgelder hat er bislang keine bekommen. Seine Lebenspartnerin schlägt sich derzeit mit dem entsprechenden Papierkram herum. Neuerdings haben auch Gastronomiebetriebe mit einem Beschäftigungsanteil unter 300 Stellenprozent und somit unter Umständen auch die «Bellini Bar» Chancen auf Unterstützungsgelder. «Das vergangene Jahr konnte ich mit Gelegenheitsarbeiten überbrücken, aber im Moment habe ich keine andere Arbeit. Mir geht das Geld aus», sagt der ehemalige Baumaschinenführer Keller. Falls jemand einen Job für ihn habe, dürfe er ihn gerne anrufen. Die «Bellilni-Bar» ist geschlossen, seit am 12. Dezember die Sperrstunde um 19 Uhr in Kraft trat. «Ich muss so bald wie möglich wieder aufmachen, ich brauche das Geld», sagt Keller. Er fühle sich von den Behörden im Stich gelassen.

Wer sind die Initianten?

Vor diesem Hintergrund hat sich der Beizer in die Teilnehmerliste der Protestaktion «Wir machen auf» eingetragen. Wer genau dahinter steht, weiss er nicht. «Initiantin ist, glaube ich, Wirtin Daniela Liebi aus dem Kanton Bern», sagt er. Liebi hat ihre Beiz gestern geöffnet und war mehrfach in den Medien. Offizielle Initiantin von «Wir machen auf» ist sie aber nicht. Wer hinter der Aktion steht, ist nicht bekannt. Ein Impressum sucht man auf der Website www.wirmachenauf.ch vergebens. Die Adresse ist auf eine Firma in Dänemark registriert, die Domain-Management-Services anbietet. Auch in Deutschland und Österreich wurde zum Protest aufgerufen. Gemäss der unübersichtlichen Angaben der Schweizer Internetseite beteiligten sich gestern schweizweit 310 Geschäfte an der Aktion. Darunter drei in Rapperswil-Jona und je eines in Weesen und Eschenbach.

Die drei Teilnehmer aus Rapperswil‑Jona gehörten gemäss der Liste folgenden Branchen an: Coaching/Lebensberatung, Marketing/Werbung/PR, Rechtsberatung, Coiffeur und Andere. Warum die Teilnehmer sich nicht klar einer Branche zuordnen liessen, ist nicht bekannt. Offenbar waren unter ihnen auch solche wie Coiffeursalons, deren Läden aktuell gar nicht geschlossen sind. Die meisten Teilnehmer kamen laut «Wir machen auf» aus der Gastronomie, dem Sexgewerbe und dem Bereich Fitnessstudios.

Ein Grossteil der Informationen über die Protestaktion lief über die Handy-App Telegram. Auch hier herrschte bei interessierten Konsumenten Verwirrung darüber, wo sie nun ihr Geld hintragen könnten. In der Gruppe zu Rapperswil-Jona hiess es, es gebe kostenlosen Kaffee in einem Gebäude an der Jonastrasse 90. Jemand behauptete gar, dort sei ein Restaurant bis 21 Uhr geöffnet. Ein Restaurant befindet sich dort aber gar nicht. Zwei Gewerbetreibende an der Adresse wussten von nichts. «Bestimmt eine Verarsche», kommentierte eine Nutzerin.

Gastro Suisse auf Distanz

Der Verband Gastro Suisse hatte sich von der Protestaktion distanziert. «Für den Branchenverband ist klar, dass man sich an die von Bund und Kantonen verordneten Massnahmen halten soll», hiess es «Wir befinden uns im politischen Prozess, wir können uns nicht strafbar machen und dann mit dem Regierungsrat diskutieren», sagte der Präsident von Gastro St. Gallen, Walter Tobler. Er sei aktuell «zuversichtlicher als auch schon» und habe das Gefühl, die Politik habe die Branche erhört. Falls der Bundesrat am Mittwoch keine Lösung für die Gastrobranche vorlegt, will der Kanton einen Plan B ausarbeiten (Ausgabe von gestern).

Mitnehmen statt hinsetzen
von Fabio Wyss
Der Durchhaltewille der Gastronomen ist bemerkenswert. Trotz immer neuer Einschränkungen und Regeln zeigen sich viele von ihnen seit gut zehn Monaten immer wieder innovativ. Auch jetzt – obwohl es danach aussieht, als würden die Restaurants noch länger geschlossen bleiben.
In den meisten Gemeinden im Linthgebiet bieten Betriebe ihre Mahlzeiten zum Mitnehmen an. Das Angebot ist vielfältig: von der Gerstensuppe in der Alpwirtschaft, über Spezialitäten aus Fernost, bis zu Gerichten von prämierten Gourmetköchen. Dank dieser Take-away-Angebote kommen Feinschmecker auf ihre Kosten.
Für die Gastronomen ist es besser als nichts, aber oftmals nicht sehr lukrativ, wie mehrere Wirte gegenüber der «Linth-Zeitung» angeben. Denn Umsätze durch den Konsum von Getränken fehlen, das Trinkgeld bleibt im Vergleich zum normalen Gastrobetrieb eher aus und die Take-away-Angebote sind oft zu wenig bekannt.
Die «Linth-Zeitung» will zumindest das mit der Bekanntheit ändern und zeigt darum auf untenstehender Liste auf, wo es was zu essen oder trinken gibt*. Dafür wurden rund 100 Restaurants der Region angeschrieben.
Jetzt liegt es an Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser. Gönnen Sie sich hin und wieder Leckeres von einem Restaurant (Vorbestellung empfiehlt sich). Nicht vergessen: Trinkgeld kann auch per Take-away bezahlt werden. En Guete!
* Auf untenstehender Liste fehlt das Restaurant Buech in Rapperswil-Jona: Take-away von 8-14 Uhr mit einem Mittagsmenü ab 15.50 und dem Znüni-Hit ab 6.-

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