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Der Leerstand bei Wohnungen klettert weiter in die Höhe

Im Linthgebiet sind so viele Wohnungen unbesetzt wie seit 18 Jahren nicht mehr. Nun schwächt sich die Bautätigkeit in der Region deutlich ab – allerdings nur bei den Mietobjekten.

20.10.18 - 04:40 Uhr
Wirtschaft
Da in Rapperswil-Jona keine Neubauwohnung leer steht, muss sich der Investor der Überbauung Magnolienpark keine Sorgen machen.
Da in Rapperswil-Jona keine Neubauwohnung leer steht, muss sich der Investor der Überbauung Magnolienpark keine Sorgen machen.
MARKUS TIMO RÜEGG

Seit Jahren zeigt der Leerstand bei Wohnungen und Häusern im Linthgebiet nur noch in eine Richtung: nach oben. Wie aus den kürzlich veröffentlichten Zahlen des Bundesamts für Statistik hervorgeht, waren am 1. Juni 616 Wohneinheiten unbesetzt – 74 mehr als im Vorjahr. Damit ist die Leerwohnungsquote – also der Anteil leerer Objekte am Gesamtbestand – von 1,7 auf 1,9 Prozent geklettert. Letztmals wurde dieser Wert in der Region im Jahr 2000 erreicht. Schweizweit stehen derzeit 1,6 Prozent der Wohnungen leer (siehe Kasten).

Tiefe Zinsen locken Investoren

Im langjährigen Vergleich fällt auf, dass die Leerwohnungsquote im Raum See-Gaster seit 2013 überdurchschnittlich zugenommen hat (siehe Grafik). Dies, nachdem sie sich zuvor den tieferen Zürcher Werten angenähert hatte. Der Grund für die Trendwende liegt darin, dass in der Region viel gebaut wurde. Gemäss einer Studie der Grossbank Credit Suisse (CS) wuchs der Bestand an Wohnungen und Einfamilienhäusern in den letzten drei Jahren um durchschnittlich 1,4 Prozent – gegenüber 1,1 Prozent in der ganzen Schweiz.

Die Leerwohnungsquote im Linthgebiet hat stark zugenommen und liegt zurzeit bei 1,9 Prozent.
Die Leerwohnungsquote im Linthgebiet hat stark zugenommen und liegt zurzeit bei 1,9 Prozent.

Wie die aktuellen Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen, stehen im Linthgebiet vor allem Mietobjekte leer. 533 waren es am 1. Juni dieses Jahres – 80 mehr als im Vorjahr. Weil die Bevölkerung in der Region gleichzeitig gewachsen ist, kann dies nur eines bedeuten: Es werden mehr Mietwohnungen gebaut, als der Markt aufnehmen kann.

Thomas Rieder, Immobilienexperte bei der CS, erklärt diese Entwicklung mit den anhaltend tiefen Zinsen: «Selbst wenn durch Leerstände Ausfälle entstehen, winkt den Investoren im Vergleich zu anderen Kapitalanlagen immer noch eine attraktive Rendite.»

Neue Wohnungen gehen weg

Im Raum See-Gaster scheint das Kalkül der Investoren bisher aufgegangen zu sein. Denn von den Objekten, die am 1. Juni leer standen, waren fast 90 Prozent Altbauten. Will heissen: Den Schwarzen Peter ziehen in erster Linie Liegenschaftsbesitzer, die ihre Altbauten zu wenig in Schuss halten und dies nicht mit günstigen Mietpreisen auffangen.

Dass Neubauwohnungen im Linthgebiet meist nicht lange unbesetzt bleiben, zeigt sich derzeit in Weesen. Dort kamen in den letzten beiden Jahren durch die Überbauungen Staadpark und Höfenhof insgesamt 96 neue Wohnungen auf den Markt, was die Leerwohnungsquote in der Gemeinde zwischenzeitlich auf 5,2 Prozent hochschnellen liess – in der Region ein einsamer Spitzenwert (siehe Grafik). Wie Gemeindepräsident Marcel Benz berichtet, haben sich die neuen Bauten jedoch rasch mit Stockwerkeigentümern und Mietern gefüllt: «Zum diesjährigen Neuzuzügeranlass Anfang September konnten wir 140 Einladungen verschicken, was zu einem sehr grossen Teil auf die beiden Überbauungen zurückging.»

Baufieber in Schmerikon

Noch mehr neue Wohnungen als in Weesen entstehen derzeit in Schmerikon. Dort sind an verschiedenen Orten insgesamt 119 Wohneinheiten im Bau, weitere 76 sind bewilligt. Gemeindepräsident Félix Brunschwiler gesteht ein: «Ich habe mich schon gefragt, ob die Nachfrage nach so vielen zusätzlichen Wohnungen da ist.» Die neuesten Zahlen des Bundesamts für Statistik stimmen ihn jedoch zuversichtlich: In Schmerikon mit seinen begehrten Lagen in Seenähe standen am 1. Juni nur gerade 0,3 Prozent der Wohnungen und Häuser leer – so wenige wie sonst nirgends in der Region.

Über die Anzahl leer stehender Wohnungen sowie die Veränderung im Vorjahresvergleich gibt folgende Grafik Auskunft: 

Allmählich zu normalisieren scheint sich der Wohnungsmarkt in Uznach. Dort war die Leerwohnungsquote nach dem Bau des Takt-3-Komplexes mit 105 hochpreisigen Wohnungen in die Höhe geschossen und gipfelte im Jahr 2015 bei 4,2 Prozent. Seither geht sie kontinuierlich zurück, zuletzt auf 2,6 Prozent.

Als ausgeglichen gilt der Markt laut dem CS-Experten Rieder, wenn die Leerwohnungsquote im Bereich von rund 1 Prozent liegt. Wenn sie weiträumig darunter fällt, droht eine Wohnungsnot; wenn sie flächendeckend darüber steigt, drückt dies auf die Rendite für die Vermieter.

Boom nur noch beim Eigentum

In der Region See-Gaster scheint die Schmerzgrenze für die Investoren allmählich erreicht zu sein. Denn wie die CS anhand der veröffentlichten Baugesuche errechnet hat, geht die Bautätigkeit in den kommenden beiden Jahren deutlich zurück. Pro Jahr werden nur noch 0,9 Prozent neue Wohnobjekte erwartet – das sind 0,5 Prozent weniger als in den letzten drei Jahren. Gesamtschweizerisch rechnet die Bank mit einem unveränderten Plus von jährlich 1,1 Prozent.

Ungebremst weiter geht der Bauboom in der Region nach den Prognosen der CS beim Wohneigentum. Dass die Nachfrage in diesem Segment ungebrochen ist, zeigt sich besonders klar in Rapperswil-Jona: Dort standen am diesjährigen Stichtag ausschliesslich Mietobjekte leer. Ein Spiegel der hohen Nachfrage nach Wohneigentum sind auch die Kaufpreise, die im Linthgebiet in den letzten zehn Jahren kräftig gestiegen sind – insbesondere für Einfamilienhäuser.

72 294 Wohnungen und Häuser stehen schweizweit leer
Der Leerstand auf dem Schweizer Immobilienmarkt hat einen neuen Rekord erreicht. Noch nie standen in absoluten Zahlen so viele Wohnungen und Häuser leer wie am 1. Juni dieses Jahres. 72 294 Objekte waren laut den kürzlich veröffentlichten Zahlen des Bundesamts für Statistik unbesetzt. Das sind 8020 mehr als im Vorjahr, was einer Zunahme um 13 Prozent entspricht.
Weiter gestiegen ist auch die Leerwohnungsquote – also der Anteil der leer stehenden Wohnungen am Gesamtbestand. Mit 1,6 Prozent liegt dieser Wert nur noch knapp unter der Höchstmarke von 1,8 Prozent aus den 1990er-Jahren.
Landesweit am höchsten liegt die Leerwohnungsquote im Kanton Solothurn mit 3 Prozent. An zweiter und dritter Stelle folgen die Kantone Aargau (2,7 Prozent) und Jura (2,6 Prozent). Der Kanton St. Gallen liegt mit 2,2 Prozent ebenfalls über dem Durchschnitt. Der tiefste Wert wird mit 0,4 Prozent im Kanton Zug registriert.

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