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Seine Hände sind seine neuen Augen 

Eine erbliche Augenkrankheit hat den Physiotherapeuten Michael Tönz fast blind gemacht und sein Leben auf den Kopf gestellt. Trotz allem geht der Churer seiner Berufung weiter nach. 

Jürg Abdias
Huber
15.10.21 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit

Am 15. Oktober ist der internationale Tag des weissen Stocks. Dabei wird auf die Situation blinder und sehbeeinträchtigter Menschen aufmerksam gemacht. Laut einer Studie des Schweizerischen Zentralvereins für das Blindenwesen aus dem Jahr 2020 leben in der Schweiz ungefähr 377’000 sehbeeinträchtigte Personen. Einer davon ist der Churer Physiotherapeut Michael Tönz. 

Vor zwei Jahren kam die Diagnose

Nahe des Regierungsplatzes liegt seine Praxis «Physio Tönz», welche er seit zwei Jahren mit seiner Frau Yvonne führt. Auf den ersten Blick wirkt die Physiotherapiepraxis wie jede andere auch: ein Wartezimmer mit Magazinen zum Stöbern, ein Raum mit Übungsgeräten und Liegen für die Behandlungen. Um 15 Uhr empfängt Tönz seine erste Patientin. Sie legt sich hin und er streicht mit seinen beiden Handflächen über ihren Nacken und beginnt mit der Behandlung. Er drückt gezielt auf ihre schmerzenden Stellen. 

Der 44-jährige Physiotherapeut weiss, was er tut. Seit über zehn Jahren arbeitet er auf diesem Beruf und war unter anderem auch im Physioteam des EHC Chur. Seit zwei Jahren muss er nun aber mehr und mehr seinen Händen vertrauen. Der gebürtige Churer ist nahezu blind. Vor zwei Jahren bekam er die Diagnose Retinitis pigmentosa. Sie ist die Bezeichnung für eine Gruppe von erblichen Augenerkrankungen, die eine Zerstörung der Netzhaut, des sehfähigen Gewebes am Augenhintergrund, zur Folge hat. Derzeit ist die Krankheit nicht heilbar. Inzwischen beträgt die Sehkraft weniger als 50 Prozent.

Wann er es zum ersten Mal gemerkt hat, wie seine Frau sich kurz nach der Diagnose gefühlt hat und wie er weiterhin seinen Beruf als Physiotherapeut ausüben kann, erfahrt ihr im obigen Video. 

«Weisser Stock bedeutet Stopp»

Die Stadtpolizei Chur und der Schweizerische Blinden- und Sehbehindertenverband haben zum «Tag des Weissen Stockes» eine Sensibilisierungskampagne für den Strassenverkehr durchgeführt. Das solltet ihr beachten:

- Der senkrechte weisse Stock sollte mit einer roten Ampel gleichgesetzt werden, das gilt auch für Velos und Trottinetts. 

- Immer möglichst lange anhalten und dabei den Motor laufen lassen (dient zur Orientierung).

- Hupen gilt als Warnsignal und kann falsch gedeutet werden

- Wenn die sehbehinderte bzw. blinde Person den Kopf zum Fahrer dreht, wird das oft als Blickkontakt wahrgenommen. Es dient aber der Geräuschwahrnehmung.

Jürg Abdias Huber ist Multimediaredaktor bei «suedostschweiz.ch». Der gelernte Kaufmann aus der Stadt Zürich hat Multimedia Production studiert und lebt im Herzen von Chur. Er arbeitet seit 2018 für die Medienfamilie Südostschweiz.

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