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Tanzboden-Trio kehrt dauerhaft ins Tal zurück

Seit sieben Jahren wirten Kari, Maria und Patricia Jud auf dem Tanzboden in Rieden. Die Alpwirtschaft ist ein beliebtes Ausflugsziel im Linthgebiet. Im November ist für das Wirte-Team aber Schluss.

Christine
Schibschid
19.02.19 - 17:54 Uhr
Tourismus

In diesen sonnigen Tagen ist die Alpwirtschaft Tanzboden in Rieden eines der beliebtesten Ausflugsziele im Linthgebiet. Schneeschuh- und Skitourengeher, Schlittenfahrer und Wanderer geniessen nach dem Aufstieg die herrliche Sicht auf den Zürichsee. Auf der anderen Seite ist unter anderem der Säntis zu sehen, an klaren Tagen sogar der Bodensee.

Hier oben wirten seit rund sieben Jahren Kari und Maria Jud mit ihrer Nichte Patricia. Die drei sind ein eingespieltes Team. Im Winter, wenn sie nicht mit dem Auto zur Hütte fahren können, übernachten sie meist hier oben. Wenn viele Gäste da sind, schlafen alle drei in einem Zimmer. Dieser Winter ist der letzte für die drei auf dem Tanzboden. Ab dem 1. November wird ein neues Wirtepaar oder -team für die Alpwirtschaft gesucht (siehe Infokasten).

«Richtige Zeit, um aufzuhören»

Kari Jud kommt gerade aus dem Tal. Er ist am Vorabend hinuntergefahren und war einkaufen, unter anderem hat er Brot und Fondue im Gepäck. Während die Gäste zum Tanzboden hinaufsteigen müssen, hat er die Genehmigung, mit einem Kettenfahrzeug zu fahren. Er hat es selbst gekauft. Unterwegs grüsst Jud jeden entgegenkommenden Tourengeher.

«Manche Gäste sind enttäuscht, irgendwie verstehen sie uns aber.»
Kari Jud, Wirt

Oben angekommen wird die Ware abgeladen. Danach findet Jud Zeit für ein Gespräch in der warmen Gaststube. «Wir haben das Gefühl, dass die richtige Zeit ist, um aufzuhören», sagt er. Einige Gäste hätten es schon erfahren. «Manche sind enttäuscht, irgendwie verstehen sie uns aber.»

Das Privatleben des Tanzboden-Trios sei in den vergangenen Jahren ziemlich eingeschränkt gewesen. Die Alpwirtschaft ist sechs Tage die Woche geöffnet. «Wir haben geschaut, dass jeder von uns zwei Tage die Woche frei hat. Urlaub hatten wir zwei Wochen im Jahr», so Jud. Die Wirtschaft sei durchgehend geöffnet. «Wenn ich und meine Frau frei hatten, hat unsere Nichte die Beiz mit Aushilfen geschmissen und umgekehrt.» Glücklicherweise könnten sie auf gute Aushilfen zählen. «Und das, obwohl die hier jedes Mal hochlaufen müssen.»

«Ein bisschen wehmütig»

Gern zurückdenken werde er an die Vollmondabende mit Live-Musik und an die Begegnungen mit den Älplern im Sommer, sagt Jud. «Die kommen Samstagabend oft zu Fuss», erzählt Jud. Überhaupt kenne man als Tanzboden-Wirt einen «Haufen» Leute. Es gebe Gäste, die kämen 80-mal im Jahr. «Dass wir aufhören, macht mich etwas wehmütig, aber man muss Vernunft walten lassen und mal einen Gang zurückschalten», sagt Jud. Man solle aufhören, solange man Freude an dem Job habe.

Jud freut sich darüber, dass das Team in der gleichen Konstellation abtritt, in der es angefangen hat. «Wir haben das gemeinsam durchgezogen und gelernt, aufeinander zu schauen und uns zuzuhören.» Er müsse sich bei seiner Frau und der Nichte bedanken, sagt Jud und hat Tränen in den Augen. «Ohne sie wäre das alles nicht möglich gewesen. Man arbeitet hier eng zusammen.» Auch mit dem Besitzer der Alpwirtschaft, der Ortsgemeinde Rieden, habe man es gut gehabt. «Natürlich war nicht immer alles super, aber wir haben uns gefunden.»

Arbeit bis 23 Uhr und länger

Die Arbeit beginnt für das Tanzboden-Team in der Regel gegen neun Uhr morgens. «Aktuell ist die strengste Zeit des Jahres. Bis zum Feierabend kann es Mitternacht werden.» Der Monat mit den wenigsten Besuchern sei der April. «Dann machen wir um 17 Uhr zu und fahren mit dem Auto nach Hause.» Wenn kein Schnee liegt, muss das Team nicht auf der Hütte übernachten. Maria und Kari Jud leben in Schänis, Patricia in Eschenbach.

Anfangs einfacher vorgestellt

Am Anfang hatte Jud gar nicht recht daran geglaubt, dass überhaupt jemand mit ihm auf den Tanzboden kommen würde. «Alleine kann man das nicht machen.» Im Jahr 2012 hatte er das Inserat für die Pacht im In-ternet entdeckt. Anlässlich des 50. Geburtstags seiner Frau war Jud damals mit ihr und den beiden Töchtern auf einem Kurztrip in Wien. «Ich bin in der Hotellobby kurz ins Internet gegangen», erinnert er sich.

Als der damalige Werkstattleiter wieder zu Hause war, liess ihm die Sache keine Ruhe. «Ich habe also bei der Ortsgemeinde angerufen. Meine Frau wollte dann auch mitmachen, und dann kam meine Nichte noch dazu.» Zu dritt bewarben sie sich. Maria ar-beitete damals in einer Bäckerei, Patricia in einer Klinik. Alle drei kündigten ihre Jobs und nahmen das Projekt Tanzboden in Angriff. «Wir haben es nicht bereut, auch wenn es manchmal streng war», sagt Jud. «Es muss einem bewusst sein, dass man ein paar Jahre dafür lebt.» Er habe sich das Ganze anfangs einfacher vorgestellt.

Wenn viele Gäste da seien, könne es stressig werden in der Alpwirtschaft. Zu Beginn sei das Team ab und an ins Rudern gekommen. «Heute sind wir entspannter: Wenn wir am Anschlag sind, ist das so. Es lässt sich nicht alles planen.» Wie Jud sagt, teilen die drei sich die Arbeit auf: «Maria ist für die Küche zuständig, Patricia für den Service und ich für die Logistik.» Dennoch müsse aber jeder alles können. Richtige Probleme hätten sie nie gehabt: «Wir hatten Glück. Vergangenen Sommer war zum Beispiel das Wasser knapp, am Ende hat es aber gereicht.»

Keine Pläne für die Zeit danach

Wie es nach der Zeit auf dem Tanzboden weitergeht, weiss Jud noch nicht. Im Moment habe er keine Zeit, sich darum zu kümmern. «Im Frühling werde ich die Fühler ausstrecken. Ich bin dann 63 und will noch bis zu drei Tage pro Woche arbeiten.» Auch die Frauen haben noch keine Pläne.

«Wir werden noch den Sommer geniessen, dann kommt die Älplerchilbi, und im September machen wir sicher ein Abschiedsfest», kündigt Jud an. Im Oktober werde das Team dann aufräumen. «Es ist schneller Ende Jahr, als man denkt.»

Paar oder Team als Nachfolger gesucht

Ab dem 1. November sucht die Ortsgemeinde Rieden ein neues Wirtepaar oder -Team für den Tanzboden. «Es sollten umgängliche Menschen sein, die mit Älplern und Touristen auskommen», sagt Präsident Urs Kühne. Natürlich müssten die neuen Wirte auch kochen können. «Im Winter ist alles sehr streng dort oben», so Kühne.

Die neuen Pächter müssten mit Spezialfahrzeugen fahren und diese reparieren können. «Auch viel Schnee schaufeln gehört dazu.» Auf dem Tanzboden könne man gut verdienen, aber das sei mit viel Arbeit verbunden. Eine permanente Stromversorgung gibt es nicht. «Für die Generatoren und die Solaranlage braucht es technisches Verständnis», so Kühne.

Die Juds hätten die Latte sehr hoch gelegt. «Am liebsten hätten wir jemanden, der ähnlich weitermacht», sagt der Ortsgemeindepräsident. Einige Bewerbungen seien schon eingegangen, es seien aber einige «Traumtänzer» dabei. Möglicherweise schalte die Ortsgemeinde das Inserat erneut. (sch)

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