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Eine Gondel geht auf Reisen

Wie zwei Franken aufbrachen, um eine Schweizer Seilbahn-Gondel zu kaufen – und diese dann in Wangs als Weihnachtsgeschenk erhielten.

Südostschweiz
08.01.19 - 04:30 Uhr
Tourismus
Ab nach Franken: Simon Czickus (links) und Fabian Blüm laden die Gondel in Wangs auf den Anhänger.
Ab nach Franken: Simon Czickus (links) und Fabian Blüm laden die Gondel in Wangs auf den Anhänger.
OLIVIA ITEM

Simon Czickus strahlt über das ganze Gesicht. Da steht sie: seine erste erworbene Seilbahn-Gondel. Es ist ein knallrotes Exemplar aus dem Skigebiet «Pizol Bad Ragaz – Wangs». Von 1974 bis 2000 fuhr sie von Wangs tagein tagaus den Berg ins Skigebiet hinauf. Gemeinsam mit seinem Arbeitskollegen Fabian Blüm macht sich Czickus an die Arbeit, die Gondel auf den Anhänger zu laden.

«Sammler sucht Gondeln»

Angefangen hat diese «ungewöhnliche Weihnachtsgeschichte» mit einem Inserat. Am 27. November vergangenen Jahres stand in dieser Zeitung: «Sammler sucht alte Seilbahn-Gondeln zum Kauf.» Zwei Tage später meldete sich Rut Decurtins aus Fläsch bei Czickus. Ihre Familie kommt aus Wangs und hat im Jahr 2000 insgesamt vier Gondeln zum Preis von «300 bis 600 Franken pro Gondel» erworben.

Da sie keinen Platz mehr für die Gondel mit der Nummer 66 hatten, beschlossen Decurtins und ihre Schwester Marianne Koskamp, dem Inserenten die Gondel zu überlassen. «Für uns ist es der Abschluss eines speziellen Jahres. Deshalb wollen wir Herr Czickus diese Freude machen und schenken ihm die Gondel zu Weihnachten.»

Früher, als Koskamp und Decurtins noch Kinder waren und in Wangs zur Schule gingen, waren «70 bis 80 Prozent der Feriengäste Deutsche», erzählen die beiden Schwestern. «Von dem her passt es, dass die Gondel jetzt nach Deutschland geht», findet Decurtins.

Tief verwurzelt in Wangs

18 Jahre in einem Garten in Wangs haben bei der Seilbahn-Gondel einige Spuren hinterlassen. Ein junger Baum ist durch den Boden der Gondel gewachsen. Czickus und Blüm müssen diesen zuerst absägen – erst jetzt lässt sich die Gondel verschieben. Damit die Gondel in den Anhänger passt, schrauben die beiden Franken noch die Skihalter ab. Gemeinsam heben sie die Gondel in den Anhänger. Es geht um Zentimeter. Aber die Gondel passt genau – Czickus hat richtig gerechnet.

«Die Gondel gefällt mir», sagt Czickus, durch die anstrengende Arbeit noch ein wenig ausser Atem. Diese Gondel soll der Anfang einer Sammlung werden. «Das ist eine kleine Leidenschaft von mir», so der Franke. Er will Seilbahn-Gondeln sammeln, weil er sie mit schönen Erinnerungen verbindet. «Diese Gondel ist zwar nicht aus dem Engadin, aber sie erinnert mich an Skiferien, die wir früher in La Punt und Samedan verbracht haben», erzählt Czickus.

Abschied nehmen fällt schwer

In seiner Heimat in Cadolzburg bei Nürnberg will der Sammler die Wangser Gondel in den Garten stellen. Schon bald sollen noch mehr Gondeln dazukommen. «Ich habe bereits ein weiteres Exemplar im Südtirol in Aussicht», sagt Czickus.

Für die beiden Schwestern Koskamp und Decurtins heisst es nun, Abschied von ihrer geliebten Gondel zu nehmen. Dieser fällt ihnen schwer, denn mit der Gondel verbinden auch sie viele schöne Erinnerungen. Die Schwestern fuhren früher mit der Seilbahn von der Mittelstation nach Wangs sogar zur Schule, da ihre Mutter das Berghaus «Baschalva» führte.

Ganz mit leeren Händen stehen Koskamp und Decurtins nun aber nicht da – Czickus hat den beiden als kleines Dankeschön einen «Nürnberger Glühwein» mitgebracht. Die Schwestern winken den beiden Deutschen bei der Abfahrt zum Abschied hinterher – und so begibt sich die Wangser Gondel auf ihre vielleicht letzte grosse Reise.

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