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Rapperswil-Jona steht im Bann der Drohnen

Für das Drohnenrennen auf dem Rapperswiler Schlosshügel laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Ein Drohnenpilot erklärt, worauf es bei den Hochgeschwindigkeitsrennen ankommt.

Südostschweiz
01.10.18 - 04:30 Uhr
Tourismus

Mitte Oktober steigt der grosse Drone Prix Zürichsee. Dabei kämpft das einheimische Team «Swiss Black Kites» gegen starke Konkurrenz aus der ganzen Welt. Für die Schweizer Piloten geht es beim Rennen darum, sich vom zweitletzten, siebenten Platz nach vorne zu kämpfen. Mit dabei am Drohnenwochenende ist auch die Hochschule für Technik Rapperswil (HSR). Diese stellt ein umfassendes Rahmenprogramm zum Rennen auf dem Schlosshügel auf die Beine. Dazu gehören neben Vorträgen von Drohnen-Fachleuten auch Demonstrationen zu den neuesten Anwendungen der Fluggeräte. 

Das Programm, das die HSR nun unter dem Namen Drohnentage präsentiert, ist beeindruckend vielfältig: Da werden die neuesten Technologien und Anwendungen der flinken Fluggeräte vorgestellt und live vorgeführt. Auch gibt es Vorträge zu Drohnen. Aber nicht genug damit. Neugierige können auch selber zum Joystick greifen und fliegen. Dazu wird die HSR zwei grosse Sicherheitskäfige aufstellen, damit die 30 zur Verfügung stehenden Drohnen beim Fliegen niemanden gefährden. 


Drohne gegen Drohnen


Der Prorektor der HSR, Alex Simeon, erklärt, wie es zu den Drohnentagen kam – und weshalb das Thema für die Hochschule extrem wichtig ist. «Wir wurden von Rapperswil Zürichsee Tourismus angefragt, ob wir die Drohnenrennen mit einem Rahmenprogramm begleiten könnten.» 

Für ihn war klar, dass die Hochschule mit ihrer Kompetenz in Sachen Drohnen die Gelegenheit ergreifen muss. Zumal auch die Stadt hinter dem Wunsch steht. «Für uns ist die Begeisterung rund um die Fluggeräte ideal dafür, einmal zu zeigen, wo die Forschung hinsichtlich der Drohnen momentan steht», sagt Simeon. Die HSR forsche ja seit bald 20 Jahren an der entsprechenden Technik. Damals sei es noch darum gegangen, die Dinger überhaupt zum Fliegen zu bringen. Heute stünden dagegen konkrete Anwendungen im Fokus.

So wird die HSR an den Drohnentagen etwa ihre Entwicklung «Dronehunter» zeigen: Ein Fluggerät, das unliebsame Drohnen vom Himmel holt. Simeon: «Unser ‘Dronehunter’ nutzt ein Verfolgungsradar, um Drohnen aufzuspüren und anschliessend abzuschiessen.» Laut dem Prorektor zeigte das Bundesamt für Rüstung Armasuisse an der Entwicklung schon Interesse. 


Defibrillator aus der Luft


Neben dem Drohnenjäger werden an den Drohnentagen aber auch weit friedlichere Anwendungen für Drohnen gezeigt: Zum Beispiel eine autonom fliegende Lieferdrohne, die in Notsituationen Hilfe bringen kann – etwa bei der Bergrettung. 

«Die Drohne könnte abklären, wo sich vermisste Bergsteiger befinden», so Simeon. «Mit ihr könnte man bei Bedarf einen Defibrillator zu den Bergsteigern fliegen.» Auch wäre die Drohne in der Lage, selbstständig in Gletscherspalten zu fliegen und nachzusehen, ob allfällig Vermisste überhaupt noch am Leben seien. Auch in Krisengebieten sieht Simeon vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für eine Lieferdrohne, um notleidende Menschen mit dringend benötigten Hilfsgütern zu versorgen. 

Simeon träumt von Lieferdrohnen, die in den Städten die verschiedensten Güter liefern könnten und so viele Autofahrten überflüssig machen würden. Auch bei der sogenannten Landschaftsmodellierung, bei der ein digitales Modell einer Landschaft erstellt wird, sieht er für Drohnen ein ergiebiges Einsatzgebiet. Dass Drohnen nicht zwingend mit Propellern fliegen, zeigt an den Drohnentagen ein solargetriebener Zeppelin, der autonom fliegen kann. 

Welche Zielgruppe möchte die Hochschule mit den Drohnentagen ansprechen? «Wir wollen ein Programm für jung und alt – und für Frauen und Männer bieten», sagt Prorektor Simeon. «Zudem sollen auch Kinder Spass haben.» Seiner Meinung nach würden die Drohnenrennen auf dem Schlosshügel eher ein anderes Publikum, nämlich jüngere Männer, anziehen. 

Schliesslich erwähnt er ein eher überraschendes Einsatzgebiet für Drohnen: «Ich stelle mir am Seenachtfest eine wunderschöne Choreografie mit leuchtenden Drohnen vor.» Dies wäre viel umweltfreundlicher und nachhaltiger als ein Feuerwerk. Simeon räumt ein, dass der Einsatz von Drohnen neue Herausforderungen mit sich bringe. Verstopfte Luftstrassen wegen Drohnen seien ein denkbares Problem. Ebenso müsse man sehen, was das Bundesamt für Zivilluftfahrt zu einem Einsatz von Drohnen sagt. Simeon: «Auch dieses Thema wollen wir in der Vortragsreihe an den Drohnentagen beleuchten.» 

«Beim Rennen kriege ich einen riesigen Adrenalinkick»

Raphael Strähl fliegt beim kommenden Drone Prix Rapperswil als Mitglied der «Swiss Black Kites». Auf das Rennen bereitet er sich akribisch vor, sogar der Rennkurs wird für das Training nachgebaut.
Raphael Strähl fliegt beim kommenden Drone Prix Rapperswil als Mitglied der «Swiss Black Kites». Auf das Rennen bereitet er sich akribisch vor, sogar der Rennkurs wird für das Training nachgebaut.
ZVG

Er ist ein 29-jähriger Physiotherapie-Student – und gehört zu den besten Drohnenpiloten der Schweiz. Zu seiner Leidenschaft kam Raphael Strähl eher zufällig. Für den Drone Prix in Rapperswil vom Donnerstag, 11., bis Sonntag, 14. Oktober hat er sich hohe Ziele gesetzt. 


Wie laufen die Drohnenrennen in Rapperswil-Jona genau ab?
Am Mittwoch trifft mein Team in der Stadt ein. An diesem Tag stehen Pressetermine auf dem Programm – fast wie bei einem Formel-1-Rennen. Am Donnerstag folgt das Training und am Freitagmorgen starten die Qualifikationsläufe. Freitagnachmittag und Samstagnachmittag finden dann die Rennen statt. 


Worin liegt die Herausforderung der Rennen in Rapperswil-Jona? 
Die Rennstrecke führt über Wasser. Das macht das Fliegen anspruchsvoller, weil die Flughöhe schwierig einzuschätzen ist. Ich sehe die Tore und Pylonen auf dem Wasser, das sind meine Referenzpunkte. Ich versuche gar nicht, daran zu denken: Bei einem Crash wäre die Drohne nämlich verloren. 


Wie bereiteten Sie sich auf das Rennen in Rapperswil-Jona vor?
Wir bekommen die Streckeninfos und fliegen die Strecke mit einem Simulationsprogramm. Das Simulatorfliegen ist hilfreich, aber die gleiche Strecke real zu fliegen, ist eine ganz andere Geschichte. Deshalb bauen wir die ganze Strecke in echt nach, dabei geht es auch darum, die Technik der Drohnen an die Strecke anzupassen. 


Das klingt ziemlich professionell ...
Ja, wir sind ziemlich professionell unterwegs. Dreimal in der Woche sind wir am Üben, das ist schon zeitaufwendig. Für ein Rennen geht sowieso das ganze Wochenende drauf. 


Verdienen Sie mit Drohnenrennen genug, um davon zu leben?
Nein. Das können nur ganz wenige Drohnenpiloten weltweit. Dazu braucht es hoch dotierte Sponsorenverträge. Ich erhalte von meinen Sponsoren kein Geld, sondern Materialunterstützung.


Wie sind Sie zum Sport gekommen? 
Das hat mit Youtube-Videos angefangen. Ich fand, das sieht recht interessant aus. Im Frühling 2016 bin ich über Facebook auf die Schweizer Community gestossen – und da hat es mich plötzlich voll mitgerissen! Als ich den bekannten Piloten Marc Heiniger traf, beschloss ich, eines Tages so gut wie er zu fliegen. 


Wie ging es weiter?
An der Schweizer Meisterschaft gewann ich 2016, und ein Jahr später wurde ich Europameister. Seit 2018 fliege ich bei den «Swiss Black Kites». 


Ihr Team belegt vor dem Rennen in Rapperswil den siebten, zweitletzten Platz. Damit sind Sie wohl nicht zufrieden? 
Natürlich nicht. In Rapperswil wollen wir unbedingt nach vorne fliegen. Wir werden für das Rennen eine neue Strategie erarbeiten und entsprechend trainieren. 


Wieso sind andere Teams momentan viel stärker? 
Wir hatten im ersten Jahr unseres Bestehens viele Wechsel, ich bin der einzige Pilot unseres Teams, der bei allen fünf Rennen des Jahres geflogen ist. Zudem hatten wir an jedem Rennen einen anderen Teammanager. Jetzt muss unser Team zunächst zusammenwachsen. 


Wie viele Rennpiloten gibt es in der Schweiz?
Rund 100. Davon etwa 20 Piloten mit ernsthaften Ambitionen. In Ländern wie Amerika, China oder Japan gibt es eine viel grössere Szene. 


Ihre Sportgeräte sind keine handelsüblichen Drohnen?
Stimmt. In der Drone Champions League fliegen wir mit speziellen, 780 Gramm schweren Drohnen, die sind doppelt so schwer wie übliche Renndrohnen. Bei Full Speed erreichen wir Geschwindigkeiten bis maximal 170 km/h. 


Welche Schwierigkeiten ergeben sich durch das hohe Gewicht? 
Es ist wichtig, dass man intelligent fliegt und möglichst viel Energie aus den Kurven mitnimmt. Manche pflegen einen eher runden Flugstil, andere fliegen hektischer. 


Braucht es zum Fliegen von Rennen auch körperliche Fitness?
Ja. Sicher braucht es gute Fitness. Michael Isler, mein Teamkollege, und ich trainieren regelmässig Tennis. An einem Renntag stehen wir rund zwölf Stunden an der Strecke. Beim Rennen kriege ich einen Riesen-Adrenalinschub, die Herzfrequenz steigt und ich muss mich konzentrieren: Dafür muss man körperlich bereit sein. 

Der Drone Prix Rapperswil beginnt am Donnerstag, 11. Oktober, und dauert bis Sonntag, 13. Oktober. Geflogen wird vom Schlosshügel Rapperswil aus. Programm unter www.dcl.aero.

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