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Wendy Holdener: «Schlaflose Nächte habe ich keine»

Wendy Holdener nimmt erneut Anlauf auf den ersten Sieg in einem Weltcup-Slalom. Die Schwyzerin stellt sich der Herausforderung ohne Groll.

Agentur
sda
23.11.19 - 07:00 Uhr
Ski alpin
Wendy Holdener will endlich ihren überfälligen ersten Sieg in einem Weltcup-Slalom einfahren
Wendy Holdener will endlich ihren überfälligen ersten Sieg in einem Weltcup-Slalom einfahren
KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER

Es war auch in den Wochen vor der neuen Saison nicht anders. Wendy Holdener sah sich in der Öffentlichkeit stets mit dem fehlenden Weltcup-Sieg in einem Slalom konfrontiert. Die Schwyzerin weiss mittlerweile mit der Situation besser umzugehen als in früheren Jahren, wie sie in Levi im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagt. Im finnischen Ort 135 Kilometer nördlich des Polarkreises stehen am Wochenende traditionsgemäss die ersten Slaloms des Weltcup-Winters im Programm.

Wendy Holdener, «neue Saison, neues Glück» heisst es so schön. Bei Ihnen würde auch «neue Saison, altes Ziel» passen.

«'Neue Saison, neues Glück' tönt nicht schlecht. Doch ich war auch in den letzten Jahren sehr glücklich. Deshalb hoffe ich, dass ich im gleichen Stil weiterziehen und mich nochmals steigern kann.»

Steigerung nicht nur in Bezug auf die Leistung, sondern auch beim Resultat, damit der erste Weltcup-Sieg im Slalom endlich Tatsache wird.

«Genau. Es gibt noch so viele Sachen, die ich besser machen kann. Es ist schön, dass ich noch nicht ausgelernt habe.»

Wie sehr beschäftigt Sie eigentlich dieser bisher ausgebliebene Sieg im Slalom?

«Es hat Jahre gegeben, da hat mich das Ganze mehr gestört als jetzt. Mir gehts ja auch ohne diesen Sieg gut. Es ist nicht so, dass ich deswegen schlaflose Nächte habe. Ich bin vielmehr dankbar dafür, was ich bis jetzt erreichen konnte. Aber trotzdem hoffe ich natürlich, dass auch ich einmal die Schnellste bin in einem Slalom.»

Was löst die Situation vom Sportlichen her aus? Bringt sie zusätzliche Motivation? Oder ist da die Gefahr, den Sieg mit der Brechstange erzwingen zu wollen, zu viel zu riskieren?

«Es ist vor allem eine Situation, die mich extrem fordert als Spitzensportlerin. Ich hab den Sieg bisher nicht geschafft, weil ich in einem Rennen nie zwei saubere Läufe runtergebracht habe. Es ist aber auch eine Aufgabe, der ich mich stelle.»

Was geht Ihnen durch den Kopf beim Gedanken an Mikaela Shiffrin?

«Sie ist im Moment die beste Skifahrerin, aber trotzdem nur ein Mensch. Es ist gut, dass sie uns fordert. Wir andern werden auch besser durch sie, der gesamte Frauen-Rennsport ist durch sie besser geworden. Deshalb sehe ich diese Rivalität von der positiven Seite.»

Die Vorbereitung auf Schnee ist im üblichen Rahmen verlaufen. Im konditionellen Bereich aber hat es eine personelle Änderung gegeben.

«Im Konditions- und Kraftbereich arbeite ich nicht mehr mit Andreas Durtschi zusammen, der mich auch nach seiner Zeit als Trainer von Swiss-Ski in den vergangenen zwei Jahren individuell betreut hat. Ich habe mich dem jetzigen Swiss-Ski-Coach Jan Seiler angeschlossen. Jan ist in Magglingen stationiert, weshalb ich während der Vorbereitung während fünf Wochen dort trainiert habe.»

Auch das Training war nicht mehr ganz das gleiche.

«Ich habe weniger Grundlagentraining hinter mir. Die Trainer hatten bemerkt, dass ich mich trotz vielen Stunden im Ausdauerbereich nicht steigern konnte. Jetzt habe ich weniger trainiert, beim Ausdauertest aber die genau gleichen Wert erzielt wie im Jahr zuvor. Die eingesparte Zeit kann ich nun anders nutzen, zum Beispiel für andere Trainingseinheiten oder zur Erholung.»

Im Konditionstraining haben Sie sich Ende Oktober am rechten Ellbogen das Radiusköpfchen angerissen. Spüren Sie die Verletzung noch?

«Ich kann den Ellbogen noch nicht strecken und drehen. Beim Skifahren spüre ich die Verletzung, wenn überhaupt, einzig noch beim Start. Angst, dass ich mir beim Touchieren der Torstangen wieder weh machen könnte, habe ich nicht.»

Unmittelbar nach der Verletzung haben Sie aber doch kurz aussetzen müssen.

«Ich habe eine Woche pausiert und dann mit Mini-Kippstangen wieder mit dem Training begonnen. Es war natürlich ein etwas anderes Training. Aber ich bin überzeugt, dass es mich nicht zurückgeworfen hat.»

Dieser Winter ist eine Zwischensaison ohne Grossanlass. Was ändert das für Sie persönlich?

«Die einzige Veränderung ist, dass ich nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt in Höchstform sein muss.»

Der Umfang Ihres Programms ist nicht wesentlich anders als in Saisons mit Grossanlass. Es gibt nach einem Meinungsumschwung bei den Verantwortlichen der FIS weiterhin Kombinations-Wettkämpfe, jetzt sogar mehr als bisher. Dazu sind die Parallelrennen jetzt eine eigene Disziplin.

«In erster Linie bedeutet das für mich viele Chancen. Gleichzeitig bin ich froh, dass ich nicht jedes Abfahrts-Wochenende bestreiten muss, und so Zeit fürs Training habe. Ich werde zum Beispiel nicht nach Lake Louise reisen. Da stimmen für mich Aufwand und Ertrag nicht.»

Stichwort Parallelrennen. Wie sehen Sie es in Bezug auf die Technik. Sie sind ja keine Verfechterin der Doppelblock-Variante.

«Ich habe diese Technik im Training natürlich auch probiert. Wegen der Ellbogen-Verletzung musste ich zuletzt aber darauf verzichten. Ich finde das Umfahren der Tore besser. Es ist schöner anzusehen, es ist mehr Skisport. Trotzdem werde auch ich nicht darum herumkommen, die Variante mit dem Doppelblock zu probieren, wenn ich dadurch schneller bin.»

Das heisst, dass Sie bereit wären, diese Technik bei Bedarf anzuwenden?

«Ich glaube schon, ja. Ich entscheide aber je nach Situation.»

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