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Ferdy Küblers erster Schritt in eine grosse Karriere

Zeitzeugen können nicht ahnen, welch grossartiger Karriere Ferdy Kübler entgegenfahren würde, als er vor 78 Jahren zum ersten Mal die Tour de Suisse für sich entscheidet.

Agentur
sda
03.08.20 - 08:07 Uhr
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Der Sommer 1942 war lange Zeit nass und eher kühl. Deutlich wärmer war es jedoch, als sich das Feld der 9. Tour de Suisse in der letzten Juliwoche in Zürich aufmachte und in fünf Etappen über den Nationalfeiertag hinaus den Champion der Schweizer Rundfahrt erkor. Es war Ferdy Kübler, «Ferdy National», 2016 mit 97 Jahren verstorben.

Die Tour de Suisse 1942 war auch eine Tour des Suisses. Nach jeder Etappe war ein Schweizer zuoberst auf dem Podest, der Reihe nach Hans Maag, Ferdy Kübler, Hans Martin, Albert Sommer und Edgar Buchwalder. Walter Diggelmann gewann die Bergpreis-Gesamtwertung. So verwunderte es auch nicht, dass nur Schweizer auf dem Podest des Tour-Gesamtklassements Platz fanden. Hinter Ferdy Kübler, der das Leadertrikot mit seinem Sieg in der 2. Etappe von Winterthur nach Bellinzona übernommen und es nicht mehr abgegeben hatte, wurden Willy Kern Zweiter und Fritz Stocker Dritter. Eine knappe Angelegenheit war es allerdings nicht. Der 23-jährige Kübler fuhr über die fünf Tage einen Vorsprung heraus, der so markant war wie damals schon seine Nase. Es war ein Vorsprung von mehr als acht Minuten auf Kern und von über zehn Minuten auf alle andern.

Obwohl der Zweite Weltkrieg viele Spitzenfahrer aus den in den Krieg involvierten Ländern an der Teilnahme hinderte, war die TdS gut besetzt. Die Spanier und die seinerzeit (wie auch viel später wieder) starken Luxemburger kamen mit ihren besten Aufgeboten. Auch ein paar renommierte Franzosen und Italiener waren dabei.

Das Feld war klein. 56 starteten in Zürich, 39 kamen zurück nach Zürich. Aber die Qualität des Feldes war gut, sodass die Dominanz der besten Schweizer Radrennfahrer jener Zeit keine Selbstverständlichkeit war.

Spricht man heute von Ferdy Kübler, denkt man in einem Gedankengang auch an dessen grossen Rivalen Hugo Koblet. Aber der spätere «pédaleur de charme», war damals erst 17 Jahre alt und längst noch nicht im Feld der Schweizer Rundfahrt.

Als am 2. August alle Pässe der Tour bewältigt und alle relevanten Zeitabstände herausgefahren waren, konnte sich der hoch überlegene Ferdy Kübler, seinen erklecklichen Vorsprung wissend, auf eine Triumph-Fahrt von Lausanne auf die Offene Radrennbahn Oerlikon freuen, zum Ziel der Tour.

Es wurde eine Schlussetappe «voll Schuss und Rasse», wie die Fachzeitung «Sport» titelte. Die Place Riponne in Lausanne war überbevölkert, als sich der Tross um 9.30 Uhr in Bewegung setzte. Alle rechneten mit einem Angriff der Cilo-Mannschaft um Willy Kern, den Zweiten des Gesamtklassements. Die Attacke blieb aus, dennoch war schon in den Hügeln zwischen Lausanne und Oron immer etwas los. Nach Freiburg versuchte es Kern mit einer Flucht in einer Siebnergruppe, aber «der gelbe Ferdinand» (so nannte der «Sport» Kübler im Leadertrikot) stellte die Ausreisser alsbald. Vor Biel hatte Willy Kern einen Platten, sodass er darauf bis Olten selber der Jäger war. Der letzte Test war die Staffelegg ob Aarau, die von Abertausenden gesäumt war. Zuletzt fuhren dann doch alle Wichtigen gemeinsam auf der Rennbahn Oerlikon ein. Edgar Buchwalder liess sich als Spurtsieger feiern. In der Rennbahn fanden längst nicht so viele Zuschauer Platz, wie das Finale hätten verfolgen wollen.

Vor diesem ersten Triumph an der Tour de Suisse war Ferdy Kübler schon zweimal - auf der Bahn - Schweizer Meister in der Einzelverfolgung gewesen. Aber 1942 konnte er seine Laufbahn richtig lancieren. 1943 triumphierte er unter anderem in der Meisterschaft von Zürich, der «Züri-Metzgete». 1947 siegte er in zwei Etappen der Tour de France, 1948 entschied er die Tour de Romandie und zum zweiten Mal die Tour de Suisse für sich. 1950 war er mit 31 Jahren am Zenit: Gewinner der Tour de France mit drei Etappensiegen. Die meisten grossen Sachen gewann er 1951: den Weltmeistertitel, die Tour de Suisse, die Tour de Romandie und nicht zuletzt die Klassiker Flèche Wallonne und Lüttich-Bastogne-Lüttich.

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