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Rückkehr des Quer-Weltcups als Ergebnis des Aufschwungs

Nach acht Jahren ist der Radquer-Weltcup zurück in der Schweiz. Die Szene trauert nicht mehr der Blütezeit vergangener Jahre nach, die Athleten benötigen aber ein besonderes Mass an Hingabe.

Agentur
sda
19.10.18 - 12:23 Uhr
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Simon Zahner trotzt den Widrigkeiten
Simon Zahner trotzt den Widrigkeiten
KEYSTONE/URS FLUEELER

Teure Familienferien sind kein Thema, bei Weltcup-Rennen in Übersee geht die Milchbuchrechnung nicht auf: Wer sich als Schweizer im Quer-Sport als Profi behaupten will, muss ein genügsamer Idealist sein. Das zeigt das Beispiel Simon Zahner. Der 35-jährige Zürcher entdeckte die Disziplin Ende der Neunzigerjahre für sich und blieb ihr seither mit einem kurzen Abstecher auf die Strasse treu. Zwar fährt Zahner in den Zwischensaisons auch Mountainbike- und Strassenrennen und schloss er sich 2009 für zwei Jahre dem Strassen-Team von BMC an, doch im Quer fühlt er sich zuhause. «Das ist mein Sport», sagt der Vater von vier Kindern.

Seit bald 20 Jahren Quer-Fahrer

25 bis 30 Stunden trainiert Zahner im Sommer wöchentlich auf dem Velo, während der Quer-Saison im Winter immer noch 15 bis 20 Stunden zusätzlich zu den Rennen. Seit bald 20 Jahren tritt der Dürntner an nationalen und internationalen Rennen an. Einmal schaffte er es bislang aufs Weltcup-Podest, 2013 als Dritter in Hoogerheide. 2004 war er WM-Dritter bei der U23, 2009 WM-Achter bei der Elite. Reich wird Zahner mit seinem Tun wie die meisten seiner Branchenkollegen nicht. Das sei aber auch nicht sein Ziel, sagt er. «Meine Familie ist noch nicht verhungert und die drei Katzen auch nicht. Dass ich meinen Traum leben kann und dabei immer bei meiner Familie bin, ist auch Lebensqualität.» Zahners Genügsamkeit und Durchhaltewillen in der material- und personalintensiven Radsparte bringen nicht alle mit, noch weniger die Frauen, die sich wegen bislang fehlender Nachwuchskategorien noch länger durchbeissen müssen, bis sich Erfolge einstellen.

Die Blütezeit des Quer-Sports bis in die Neunziger-Jahre erlebte Zahner noch als junger Zuschauer. Seit dem Jahrtausendwechsel ist er als Athlet direkt am Puls. Zunächst erlebte er den schleichenden Niedergang durch das Aufkommen der Mountainbike-Sparte und Jahre abseits der öffentlichen Wahrnehmung, schliesslich die Wiederbelebung - auch dank neuen Investoren und Ideen. «Die letzten Jahre waren extrem schön. Der Sport lebt, das Interesse und die Begeisterung sind wieder spürbar. Lange war die Stimmung in der Szene von Wehmut geprägt», sagt Zahner.

Plattform vorhanden

Tatsächlich wurde dem Quer-Sport hierzulande mit der Etablierung der EKZ-Rennserie neues Leben eingehaucht. «Die nötige Plattform ist da. Die Cross-Tour ist eine attraktive und hochstehende Serie, die auf einem stabilen Fundament steht», sagt Nationaltrainer Bruno Diethelm vom Schweizer Verband Swiss Cycling. Das erste Weltcup-Rennen in der Schweiz am Wochenende in Bern ist der vorläufige Höhepunkt der Entwicklung. In zwei Jahren findet in Dübendorf die WM nach 23 Jahren wieder in Schweiz statt. Auch deshalb verschwendet Zahner noch keine Gedanken an seinen Rücktritt.

Der absoluten Weltspitze hinken die Schweizer Athleten indes noch nach. Es sind die Niederländer und vor allem die Belgier, die den Ton angeben. Der erste Athlet im Ranking der UCI, der nicht aus einem der beiden dominierenden Länder kommt, wird auf Platz 12 geführt. Der beste Schweizer, Mountainbike-Spezialist Lars Forster, ist auf Platz 36 zu finden, vor Marcel Wildhaber (39.) und Zahner (48.). Bei Weltcup-Rennen in fernen Landen, etwa in den USA, lohnt sich der Aufwand für die Schweizer nicht - auch deshalb, weil sie im Gegensatz zu den Belgiern und Niederländern auf sich alleine gestellt sind. Dreimal versuchten sich Zahner und Wildhaber an Weltcup-Veranstaltungen in den USA; mehr als abenteuerliche Geschichten brachten sie nicht mit nach Hause.

Das Schweizer Talent

Mit Schweizer Spitzenplätzen kann in Bern also auch wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen höchstens bei den U23-Junioren gerechnet werden. Dort reift mit dem Romand Loris Rouiller ein vielversprechendes Talent, das sich trotz anderweitiger Optionen dem Quer-Sport verschrieben hat. Der 18-jährige Lausanner errang Ende 2017 in der U23-Kategorie den EM-Titel und wurde früh vom belgischen Corendon-Team unter die Fittiche genommen, zu dem auch der niederländische Weltklassefahrer Mathieu van der Poel, Rouillers Idol, gehört. Sein Weg scheint damit vorgezeichnet. Doch auch bei ihm zeigt sich, was Nationalcoach Diethelm derzeit noch bedauert: «Wer sehr ambitioniert ist, muss seinen Weg im Ausland gehen.»

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