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Wie der FCB in eine neuerliche Krise schlittert

Alex Frei steht beim FC Basel vor einer wegweisenden Woche mit zwei Spielen gegen GC. Sollte sein Team am Mittwoch im Cup-Achtelfinal scheitern, könnte die Situation noch ungemütlicher werden.

Agentur
sda
01.02.23 - 05:00 Uhr
Fussball
FCB-Trainer Alex Frei muss seiner Mannschaft auf die Spur helfen
FCB-Trainer Alex Frei muss seiner Mannschaft auf die Spur helfen
KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Es ist die Ruhe vor dem Sturm. Während die Trommeln der FCB-Fans in der Ferne dumpf den Takt der vergeblichen Schlussoffensive der Basler Spieler vorgeben, laufen im Interviewraum wenige Meter vom Spielfeld des St. Jakob Parks entfernt die letzten Vorbereitungen. Der Sicherheitsmann instruiert seine Mitarbeiterin, dass sie unter keinen Umständen jemanden durch die Tür lassen soll, die zu den Kabinen der beiden Teams führt. Auch bei den anderen zwei Ausgängen positioniert sich jemand. Es ist ein Prozedere, das nach jedem Heimspiel des FC Basel so oder ähnlich abläuft, und doch ist die Rolle der Türbewachenden an diesem Samstagabend zentraler als auch schon, denn in den Katakomben des Stadions gäbe es auf einmal ganz viel zu sehen, das der FCB eher nicht sehen möchte.

Freis Wutrede

Irgendwann nach 22 Uhr bringt der Schlusspfiff von Schiedsrichter Luca Cibelli den monotonen Klangteppich der Trommeln zum Verstummen. Der FC Basel verliert gegen den FC Luzern 2:3. Erstmals seit fast acht Jahren kassieren die Basler gegen die Luzerner eine Heimniederlage. Eine, die viele negative Emotionen auslöst. «Ich habe die Schnauze voll», hallt es mehrmals durch die Gänge, wobei die Türsteher ihre Aufgabe pflichtbewusst wahrnehmen und das Blickfeld Richtung FCB-Kabine einschränken, sodass verborgen bleibt, welche Basler Spieler sich schnurstracks in die Garderobe verziehen, ohne den obligaten Gang vor die Muttenzerkurve, um sich bei den Fans für die Unterstützung zu bedanken. Es ist etwas, das den sonst so besonnenen Basler Captain Fabian Frei zur Weissglut treibt. Sein Disput auf dem Feld mit Taulant Xhaka, als Frei lautstark und wild gestikulierend seinen Unmut äussert, führt am Samstag und auch in den Tagen danach zu Diskussionen in Kommentarspalten und Fernsehformaten.

Medienchef Simon Walter ist es wichtig, an der Pressekonferenz mit den beiden Trainern zu betonen, dass zwischen Frei und Xhaka alles in Ordnung sei und ersterer sich einfach über die Spieler aufgeregt habe, die ohne Dank an die Fans verschwunden seien. In einem emotionalen Interview spricht der Basler Captain dann von einem «absoluten No-Go», wie sich einige seiner Teamkollegen verhalten hätten, von mangelhafter Erziehung und fehlendem Respekt den Fans gegenüber, die trotz klirrender Kälte den Weg ins Stadion gefunden hätten. Und auf der Suche nach Erklärungen für die Niederlage kommt Frei zu einer Thematik, die er in den letzten Wochen und Monaten schon oft angesprochen hat: die ungenügende Effizienz vor dem gegnerischen Tor. Dann sagt der 34-Jährige aber einen Satz, der offenbart, dass die Probleme beim FC Basel derzeit viel tiefer liegen als bei einem ungenauen Zuspiel oder einem freistehend übers Tor gesetzten Kopfball: «Wenn wir über Dinge diskutieren müssen, wie den Fans nach dem Spiel zu danken, ist das Toreschiessen nicht einmal unser grösstes Problem.»

Degens Geduld

Verwaltungsratspräsident und Mitbesitzer David Degen verkündete vor der Rückrunde, dass alles besser werde im neuen Jahr. Nach zwei Partien und nur einem gewonnenen Zähler scheint der FCB eher in einem Tief angekommen zu sein, das die Frage aufwirft, ob die Basler in dieser Verfassung gar darum werden zittern müssen, sich für einen europäischen Wettbewerb zu qualifizieren. Mit der Partie gegen Luzern ging die erste Hälfte der Saison offiziell zu Ende, womit für den FCB auch mit Blick auf die Tabelle ein neuer Tiefpunkt erreicht war. 22 Punkte aus 18 Spielen und Rang 6 lautet die ernüchternde Bilanz. Seit Einführung der Super League 2003 hat der einstige Serienmeister nie eine schwächere Hinrunde gespielt.

Insofern könnte es überraschend sein, dass im unruhigen Umfeld am Rheinknie der gängigste Mechanismus in sportlich unbefriedigenden Zeiten noch nicht zur Anwendung gekommen ist. Trainer Alex Frei ist nach wie vor im Amt. Vor-Vorgänger Patrick Rahmen wurde vor knapp einem Jahr mit 40 Punkten auf Rang 3 liegend nach einem 3:0-Sieg gegen Lausanne entlassen. Dass sich Degen mit Frei geduldiger zeigt, hat mehrere Gründe - nicht zuletzt, dass Frei im Klub Legendenstatus hat und mit Degen freundschaftlich verbunden ist. Zudem würde eine Entlassung des 43-Jährigen das Budget belasten, das für 2022 abermals von einem Verlust von 1,2 Millionen Franken ausgeht. Dass Degen diesen ursprünglich zu einem Viertel von den Mitgliedern, ergo den Fans, hätte decken lassen wollen, sorgte im Umfeld für grossen Unmut.

Vogels Einstand

Ein Umkrempeln des Trainerstabs würde den Sparplänen zuwiderlaufen, zumal kaum Frei der Hauptschuldige an der Basler Misère zu sein scheint, obwohl er sich vor den Medien mehrmals als solchen identifiziert: «Ich bin immer schuld. Kein Problem», sagt er. «Ich muss Lösungen suchen.» Im unausgewogen zusammengestellt wirkenden Kader mit vielen jungen Leihspielern aus dem Ausland scheint das eine Herkulesaufgabe, auch wenn Frei beteuert: «Irgendwann ist Jugendlichkeit eine Ausrede.»

Dennoch birgt diese Konstellation auf mehreren Ebenen Konfliktpotenzial: Einerseits sind junge Spieler meist fehleranfälliger, wie der 19-jährige Aussenverteidiger Hugo Vogel, der am Samstag einen missglückten Einstand in der Super League gab. Andererseits fehlt es an Identifikation mit dem Verein, was wiederum zur Bindung der Fans zentral wäre. Und die eigenen Nachwuchsspieler verlieren die Perspektive, selbst einmal nachrücken zu können.

Am Mittwoch reist der FCB für den Cup-Achtelfinal zu den Grasshoppers, ehe sich die beiden Teams am Samstag in der Liga an gleicher Stätte erneut gegenüberstehen werden. In den letzten zwei Jahren bedeuteten die Achtelfinals jeweils Endstation für die Basler. Sollte dies auch in diesem Jahr so sein, scheint es mittlerweile nicht mehr utopisch, dass Alex Freis Zeit beim FCB auch im Letzigrund endet.

David Degen wollte den FC Basel günstiger machen, Talente ausbilden, Erfolg und Titel zurückbringen, Millionen erwirtschaften, Champions League spielen. Ersteres ist ihm wohl gelungen - vom Rest scheint er aktuell weit entfernt wie selten.

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