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Was die Schweizer Fussballerinnen vom 0:6-Debakel mitnehmen

Pia Sundhage ist nach dem 0:6 gegen Deutschland froh, viel Anschauungsmaterial zur Verbesserung erhalten zu haben. Die Schweizer Nationaltrainerin sieht den Substanzverlust in ihrem Team als Chance.

Agentur
sda
30.11.24 - 01:22 Uhr
Fussball
Nationaltrainerin Pia Sundhage erhielt gegen Deutschland viel Material zur Analyse
Nationaltrainerin Pia Sundhage erhielt gegen Deutschland viel Material zur Analyse
KEYSTONE/EPA/MICHAEL BUHOLZER

Seit über 30 Jahren ist Pia Sundhage nun als Trainerin tätig, aber das, was sie am Freitagabend im Zürcher Letzigrund erlebt, ist dann doch ein Novum. Die Schwedin kann sich jedenfalls nicht daran erinnern, mit einem Team schon einmal 0:6 verloren zu haben. So, wie sie es nun in ihrem elften Spiel als Coach des Schweizer Nationalteams im Test gegen Deutschland hat erleben müssen.

«Sie waren physisch stärker und im Kopf cleverer als wir», sagt Sundhage und spricht dabei vor allem die zweite Halbzeit an, in der die Schweiz einen Einbruch erlitt und fünf Tore kassierte. Mit der ersten Hälfte war die 64-Jährige nämlich noch zufrieden gewesen. Denn, findet die Skandinavierin, wenn ihre Spielerinnen einen ihrer Gegenstösse in den ersten 45 Minuten besser ausgespielt hätten, hätte die Partie auch eine ganz andere Wende nehmen können.

Bachmann stösst zu den Abwesenden

Es ist eine Aussage, die zeigt, dass die Schweizer Nationaltrainerin die Gabe besitzt, auch aus einem scheinbaren Debakel Positives zu ziehen. «Dieses Spiel war eine gute Lektion für uns», sagt Sundhage und erwähnt, wie ihr dieser Auftritt ihres Teams ganz viel Videomaterial geliefert habe, das sie dazu nutzen könne, konkrete Situationen mit den Spielerinnen anzusprechen und ihnen dabei zu helfen, sich zu verbessern.

Etwa dann, als die drei Spielerinnen im Zentrum - Coumba Sow, Smilla Vallotto und Sydney Schertenleib - wiederholt keine Lösung fanden, die kompakten Linien der Deutschen zu durchbrechen und nach Ballverlusten oft hinterherrennen mussten. Das Trio ist eine Art Sinnbild dafür, unter welchen Umständen die SFV-Auswahl dieses zweitletzte Testspiel des Jahres bestreiten musste. Mit Captain Lia Wälti, Abwehrchefin Luana Bühler, Géraldine Reuteler und Naomi Luyet war die Absenz von vier Teamstützen in diesem letzten Zusammenzug schon länger bekannt. Mit Ramona Bachmann fiel am Matchtag eine fünfte Akteurin aufgrund einer Grippe aus. Die Stürmerin von Houston Dash hat das Camp der Schweizerinnen verlassen und Amira Arfaoui von Werder Bremen Platz gemacht.

Sow erinnert an Frankreich und Australien

Einen derartigen Substanzverlust könnten wohl nur globale Top-Teams auffangen, ohne dass sie eine Kanterniederlage einstecken müssen. So weit ist die Schweiz nicht - auch wenn sie unter Sundhage in den letzten Monaten eklatante Fortschritte erzielt hat, welche wie in Zürich die Massen mobilisieren und für Rekordkulissen sorgen können. Sundhage sagt, gegen Deutschland hätten viele Spielerinnen gespielt, die sonst nicht oder nur sporadisch zum Einsatz gekommen wären. «Ihnen können wir im Trainerteam jetzt sehr genaue Rückmeldungen geben und sie weiterbringen. Das ist sehr wertvoll.»

Die Trainerin hat ihren Horizont geöffnet. Sie weiss, dass ihr Team nicht an diesem kalten Freitag Ende November auf dem höchsten Leistungsniveau sein muss, sondern erst am 2. Juli 2025, wenn es in Basel die Heim-EM eröffnet. In eine ähnliche Richtung denkt auch Coumba Sow, wenn sie sagt: «So ein Match definiert uns nicht. Wir haben in den letzten zwei Spielen gezeigt, was wir können.»

Das neue Selbstverständnis

Nadine Riesen, die im linken Mittelfeld mit vielen defensiven Aufgaben betraut wurde, gibt zu bedenken, dass auch an der EM wichtige Spielerinnen ausfallen könnten und es entsprechend nicht schaden könne, die Verantwortung auf viele Schultern zu verteilen.

Jede einzelne Spielerin ist wichtig. Nicht nur die ersten 15, die meistens zum Einsatz kommen. Es ist ein Motto, von dem im Umfeld dieses Nationalteams zuletzt immer mal wieder zu hören war. Unter Sundhage spüren die Spielerinnen dieses Gefühl, wichtig zu sein für den Erfolg. Egal, ob sie dann auf der Bank sitzen oder das Team als Captain anführen. Es ist ein Selbstverständnis, das unter Vorgängerin Inka Grings nicht vorhanden war.

Insofern überrascht es nicht, will die Trainerin im letzten Testspiel des Jahres am Dienstag in Sheffield gegen Europameister England wieder Spielerinnen eine Chance geben, die ansonsten eine Nebenrolle bekleiden. Etwa den jungen Riola Xhemaili, Aurélie Csillag oder Noemi Ivelj. Da Noelle Maritz, Viola Calligaris und Julia Stierli, die gegen Deutschland die zentrale Defensive bildeten, müde seien, sind auch in der Abwehr Anpassungen zu erwarten. «Wir werden ein paar taktische Dinge anpassen», sagt Sundhage. «Und wir werden einen Weg suchen, dieses Spiel zu gewinnen.»

Eben, den Optimismus der Schwedin kann so ein 0:6 nicht erschüttern.

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