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Granit Xhakas Pläne und Londoner Zusatzschichten

Im Normalfall ist Granit Xhaka bei Arsenal in jeder wichtigen Partie gesetzt. Einzig Verletzungen wie zuletzt im EM-Qualifikations-Finish gegen Dänemark (3:3) können den Mittelfeldstrategen stoppen.

Agentur
sda
09.04.19 - 21:00 Uhr
Fussball
Granit Xhaka gibt auch bei Arsenal im Mittelfeld den Ton an
Granit Xhaka gibt auch bei Arsenal im Mittelfeld den Ton an
KEYSTONE/EPA/ANDY RAIN

Vor den Europa-League-Viertelfinals gegen Napoli spricht Granit Xhaka, der Leader der Gunners, mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA über die Londoner Leistungskultur, persönliche Zusatzschichten und seinen Champions-League-Plan.

Die Premier League hat in der Champions League brilliert und die Bundesligisten mit 17:3 Toren in den Direktduellen zu Statisten degradiert. Mehr als eine Momentaufnahme?

«Der Champions-League-Final 2013 war ein reines Bundesliga-Duell und alle waren der Meinung, dass die Bundesliga auf die nächsten Jahre alle anderen Ligen abgehängt haben würde. Heute wissen wir: Es ist nicht so.»

Worauf führen Sie die europäische Top-Performance der englischen Klubs zurück?

«Der diesjährige Erfolg der Premier-League-Vereine auf europäischer Ebene hängt stark mit dem Einfluss der neuen Trainergeneration in England zusammen. Abgesehen von der extrem hohen Leistungsdichte der Spieler haben Trainer wie Jürgen Klopp, Pep Guardiola, Mauricio Pochettino und auch Unai Emery den Fussball in der Premier League mit ihrer taktischen Finesse nachhaltig verändert. Während sich englische Teams in der Vergangenheit gegen taktisch starke Mannschaften schwer getan haben, beherrschen sie nun selber verschiedene Systeme, um auf höchster sportlicher Ebene glänzen zu können und ihre PS auf den Platz zu bringen.»

Ist ein englischer Monolog zu erwarten?

«Der letzte englische Champions-League-Sieger war Chelsea 2012. Seitdem hat es keine englische Mannschaft geschafft, in der Champions League zu gewinnen. Die letzten fünf Champions-League-Sieger kamen ja bekanntermassen immer aus Spanien. Daher kann man noch nicht von einer Dominanz sprechen, warten wir erst einmal ab, wer die Trophäe dieses Jahr gewinnt.»

Wie schwierig ist es, in einer derart gut bestückten Liga dauerhaft vorne mitzuspielen?

«Bereits mit einem Blick auf die Tabelle erkennt man sehr schnell, dass die Leistungsdichte in der Premier League im Vergleich zu früheren Jahren nochmals gestiegen ist. Im aktuellen Sechskampf um die Champions-League-Plätze darf man sich keine Auszeit erlauben. Jede Niederlage wird sofort bestraft und kann einen am Ende die Qualifikation kosten.»

Wo sehen Sie Arsenal in diesem Rennen? Was verlangt der Klub von sich selber? Was ist nötig, um wieder ganz vorne angreifen zu können?

«Für einen Klub wie Arsenal London muss es unabhängig von der bärenstarken Konkurrenz das Ziel sein, jedes Jahr in der Champions League vertreten zu sein und von Beginn an Druck auf die Tabellenspitze auszuüben. Ich denke, dass Arsenal letzten Sommer damit begonnen hat, die Weichen für einen Angriff auf ganz oben zu stellen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir als Mannschaft und Verein den Umbruch weiter erfolgreich vorantreiben werden. Der neu entfachte Hunger auf Erfolg ist in der Mannschaft und bei den Fans spürbar, und zusammen werden wir es schaffen, im kommenden Jahr wieder in der Champions League zu spielen. Das wird wichtig sein, um Leistungsträger halten zu können und gleichzeitig für neue Spieler attraktiv zu sein.»

Sie haben einen sehr langfristigen Vertrag mit den Gunners - was hat der Verein mit Ihnen vor? Was haben Sie selber vor?

«Im Fussball verhält es sich ähnlich wie bei jeder anderen beruflichen Partnerschaft auch: Zwei Parteien gehen eine Beziehung miteinander ein, von der beide Seiten zu dem Zeitpunkt überzeugt sind, dass sie davon gemeinsam profitieren und Erfolg haben werden - richtig? Eine Garantie dafür, dass der Erfolg dann so schnell eintrifft, wie man es sich erhofft, gibt es natürlich für niemanden.»

Sie sind extrem ehrgeizig, wollen um Trophäen spielen.

«Ich bin mit dem Ziel zu Arsenal gegangen, jedes Jahr oben in der Tabelle und in der Champions League mitzuspielen. An diesem Ziel hat sich seither für mich nichts verändert, und das ist der Grund dafür, warum ich in jedem Spiel rausgehe und bereit bin, alles für den Erfolg des Vereins zu geben und Verantwortung in der Mannschaft zu übernehmen. Natürlich gehört es ebenso dazu, am Ende jeder Saison Bilanz zu ziehen und zu überprüfen, ob man dem Ziel ein Stück nähergekommen ist und ob die Zielsetzung der Parteien noch die gleiche ist.»

Themawechsel: Wie tickt Unai Emery, der Nachfolger von Arsène Wenger?

«Es war für die Mannschaft, Spieler und Staff natürlich eine grosse Umstellung, als der Chef nach einer so langen Zeit plötzlich nicht mehr Wenger hiess, das ist ja vollkommen normal. Doch wenn man auf die aktuelle sportliche Situation schaut, kann man sagen, dass der Umbruch sehr gut gelungen ist und wir auf einem guten Weg sind, die Ideen und Ansätze des Trainers erfolgreich umzusetzen.»

Wie bindet er Sie in das Projekt ein? Er vertraut Ihnen ja auf verschiedenen Positionen.

«Als Spieler tut es natürlich gut, wenn man das Vertrauen des neuen Trainers spürt, vor allem wenn man täglich versucht, vorneweg zu gehen und Verantwortung zu übernehmen. Aufgrund einer solchen Basis bedurfte es für mich auch keiner grossen Überlegung, Ja zu sagen, als der Trainer mitten in der Saison auf mich zukam und mich gebeten hat, in der durch Verletzungen geschwächten Abwehr auszuhelfen. Wenn es dem Erfolg der Mannschaft dient und es klare Absprachen mit dem Trainer gibt, dann muss man auch mal auf einer ungewohnten Position spielen.»

Sie spielen auf Ihrer Stammposition offensiver als auch schon. Mehr Tore in der Liga haben Sie nie gemacht. Ist Ihr Game-Plan mittlerweile noch komplexer? Hinten abfangen, vorne angreifen?

«Ich würde nicht sagen, dass ich per se offensiver spiele. Ich sehe mich am liebsten als tief stehenden Spielmacher. Auf dieser Position kommen meinen Stärken am besten zum Tragen. Es ist für mich von Vorteil, wenn ich das Spiel vor mir habe, das Tempo unseres Spiels bestimmen kann, um so Angriffe einzuleiten. Ich will jeden Ball haben, immer anspielbereit sein, mich nicht verstecken und dann meine Mitspieler mit effektiven Pässen in Szene setzen.»

Liegt Ihnen Emerys System?

«Die Art und Weise wie Unai Emery in dieser Saison spielen lässt, hilft mir dabei mehr offensive Aktionen zu starten. Ich ergänze mich sehr gut mit meinen Nebenleuten Lucas Torreira oder Aaron Ramsey, die mich defensiv absichern, wenn ich einen Lauf nach vorne auslöse.»

In den grossen Spielen gehören Sie ausnahmslos dazu. Seit Jahren sind Sie absolut unumstrittener Stammspieler im Ausland. Was löst das aus?

«Meine Antwort auf diese Frage ist vielleicht etwas überraschend, aber es ist mir wichtig sie so ehrlich wie möglich zu beantworten. Eigentlich löst das nichts Besonderes in mir aus, da es nur ein Teil meiner Reise als Fussballer ist. Ich empfinde es lediglich als eine Art Bestätigung, dass ich in der Vergangenheit gute Entscheide getroffen habe.»

Ihre Konstanz fällt auf.

«Dass ich heute auf diesem Niveau konstant gute Leistungen abrufen kann, ist das Resultat von jahrelanger, harter Arbeit und dem Treffen von guten Entscheiden in der Vergangenheit. Um meinen Weg weiterzugehen und in Zukunft um Trophäen kämpfen zu dürfen, muss ich heute und in der Zukunft bereit sein, härter zu arbeiten als jeder andere Fussballer, der mir meine Position streitig machen will. Nur dann kann ich weiterhin jedes Spiel von Beginn an bestreiten und dem Team dabei helfen, Erfolge zu feiern und Ziele zu erreichen. Zeit, mich auf dem jetzigen Niveau auszuruhen, habe ich nicht.»

Die Konkurrenz ist da - der Klub holt immer wieder Leute fürs Mittelfeld. Stachelt Sie das zusätzlich an?

«Ich persönlich ziehe viel Energie daraus, mich jeden Tag im Training mit anderen Spielern zu messen und habe dem Begriff Stammspieler auch noch nie viel abgewinnen können. In der schnelllebigen Fussballwelt gilt das Leistungsprinzip; nur wenn du bereit bist, jeden Tag hart an dir und deiner Leistung zu arbeiten, kannst du dir einen Vorsprung gegenüber anderen Spielern im Kader verschaffen. Natürlich spielt der Erfahrungswert auch eine Rolle - aber im Endeffekt muss sich jeder dem Trainer auf konstant hohem Niveau anbieten. Der gemeinsame Erfolg der Mannschaft ist das oberste Ziel, aber ich habe an mich selber den Anspruch, jedes Spiel zu spielen, und dabei maximale Leistungsfähigkeit abrufen zu können.»

Was ist nach bald drei Jahren in England die grösste Herausforderung für Sie?

«Die grösste Challenge ist für mich ist die Distanz zur Schweizer Heimat. Es ist für mich daher immer etwas ganz Besonderes, an die Spiele der Nationalmannschaft zu fliegen und ein paar Tage daheim zu sein. »

Haben Sie ab und zu ein paar Tage, um die Batterien aufzuladen? In England wird im Winter ja praktisch durchgespielt und Sie sind inzwischen inklusive des Nationalteams bei 40 Saison-Partien angelangt.

«Die hohe Anzahl an Spielen und die intensive Belastung der Liga sind sicherlich die grössten körperlichen und mentalen Herausforderungen für jeden Spieler in der Premier League. Ich für meinen Teil habe zu Beginn dieser Saison einiges an meinem Lebenswandel und in meinem Umfeld umgestellt, um in der Lage zu sein, auch während der intensivsten Phasen der Saison maximal leistungsfähig zu sein.»

Leisten Sie Zusatzschichten?

«Zusammen mit meinem persönlichen Team arbeite ich beispielsweise täglich an den Bereichen Athletik, Stoffwechseloptimierung, Ernährung und Regeneration, aber auch an meinem taktischen Spielverständnis. Mein Arbeitstag beginnt morgens um sieben und endet noch lange nicht, nachdem ich das Vereinstrainingsgelände verlassen habe. Ich bin davon überzeugt, dass sich dieses professionelle, tägliche Trainieren und Arbeiten bereits im intensiven Winter ausgezahlt hat und mir ermöglicht, in den bevorstehenden Monaten der Saison weiter Gas geben zu können.»

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