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Die Sache mit den Geschenken

Reto
Furter
13.05.22 - 15:38 Uhr
Politik
Kommentar

Am Sonntag ist Weihnachten. So richtig eben, mit Bescherung und einem Gläsli Champagner oder zwei. Ohne Christbaum zwar, dafür mit einem richtig schönen, grossen Geschenk, gestiftet von vielen Bündnerinnen und Bündnern, überreicht durch den Kanton. Es ist Wahlsonntag, und die meisten erhalten ein Geschenk. Die einen, weil sie gewählt wurden, in die Bündner Regierung oder in den 120-köpfigen Grossen Rat. Und die anderen, die lediglich als Lückenfüller und Stimmenträger auf den hinteren Listenplätzen ins Rennen stiegen, werden auch beschenkt, weil sie Gott sei Dank nicht gewählt wurden.

Der eine oder die andere wird es am Sonntagabend nicht bei einem oder zwei Gläsli Champagner bewenden lassen, sondern richtig feiern. Die Parteizentralen haben ihre Lokale gebucht, in gewissen Gemeinden soll abends sogar ein Dorffest steigen, munkelt man, aus Freude oder aus Dankbarkeit, wer weiss? Feiern wird man jedenfalls bei Caduffs in Morissen, höchstwahrscheinlich bei Peyers in Trin, möglicherweise bei den Hugs in Trimmis, möglicherweise bei den Bühlers in Fideris, möglicherweise eben bei den Maissens in der Grossgemeinde Ilanz/Glion, möglicherweise auch bei Parolinis in Scuol und und vielleicht findet sich auch in Grüsch bei den Vetschs noch ein Grund dafür, trotz (oder grad wegen) der absehbaren Nichtwahl.

Feiern dürfen auch Sie und Sie und Sie. Sie werden eine Regierung mit neuen Köpfen erhalten, der hoffentlich mehr Frauen angehören als der bisherigen, und vor allem werden Sie dank des neuen Wahlmodus ein Parlament erhalten, das die Bündner Bevölkerung repräsentiert und entsprechend politisiert in den nächsten vier Jahren. Endlich.

Aber überall feiern, das wird man am Sonntag dann doch nicht. Zwei der Kandidierenden für die Regierung müssen am Sonntag über die Klinge springen, sofern kein zweiter Wahlgang im Juni nötig wird. Die meisten werden ein Geschenk erhalten. Und die, die keines erhalten, die haben das Geschenk. Immerhin.

Reto Furter ist Leiter Chefredaktion der Südostschweiz Medienfamilie und verantwortet Radio, TV, Online und Tageszeitungen in den Kantonen Graubünden, Glarus und St. Gallen. Er ist promovierter Historiker und arbeitet seit 2009 bei Somedia.

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