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Kolumbien: Präsident Duque setzt bei Protesten auf Härte

Der kolumbianische Präsident Iván Duque hat nach tagelangen Protesten den Einsatzbefehl für die Sicherheitskräfte verschärft.

Agentur
sda
10.05.21 - 09:30 Uhr
Politik
Der kolumbianische Präsident Ivan Duque (l) spricht begleitet von Marta Lucia Ramirez (r), Vizepräsidentin von Kolumbien, im Rahmen der heftigen Proteste gegen seine Regierung. Foto: Externos/colprensa/dpa
Der kolumbianische Präsident Ivan Duque (l) spricht begleitet von Marta Lucia Ramirez (r), Vizepräsidentin von Kolumbien, im Rahmen der heftigen Proteste gegen seine Regierung. Foto: Externos/colprensa/dpa
Keystone/colprensa/Externos

«Ich habe dem Verteidigungsminister, dem Innenminister und dem Regierungsteam, das in Cali ist, Anweisungen gegeben, den grösstmöglichen Aufmarsch der Sicherheitskräfte zu gewährleisten und den Bürgern Sicherheit zu geben», schrieb Duque auf Twitter am Sonntagabend (Ortszeit).

Der Präsident ordnete auch an, die Blockaden aufzuheben, die die Mobilität der Bewohner und die Versorgung der Stadt seit Tagen beinträchtigen. Zudem forderte er Indigene auf, in ihre Gebiete zurückzukehren.

Seit fast zwei Wochen kommt es in Kolumbien zu zahlreichen, teilweise von Gewalt überschatteten Protesten. Mindestens 26 Menschen sind nach den jüngsten Angaben der nationalen Ombudsstelle während der Protesttage ums Leben gekommen, ein Dutzend unter ihnen demnach durch die Polizei und die meisten in Cali. Fast alle Toten sind Jugendliche oder junge Erwachsene.

Zuerst demonstrierten Menschen gegen eine umstrittene Steuerreform, die vor allem zu Lasten der Mittelschicht und ärmeren Bevölkerung gegangen wäre. Die Arbeitslosigkeit in Cali ist hoch, die Armut gross. Die Corona-Pandemie hat die Lage verschärft. Präsident Iván Duque hat die Reform inzwischen zurückgenommen. Doch die Proteste halten an. Die meisten Demonstranten haben nun neue Ziele wie den Widerstand gegen eine ebenfalls geplante Gesundheitsreform und den Einsatz für den brüchig gewordenen Friedensprozess.

In der Salsa-Metropole Cali wurden am Sonntag mindestens acht Indigene durch Schüsse verletzt, als Hunderte Ureinwohner zu den Protesten kamen, wie der Sender «RCN Radio» unter Berufung auf die nationale Ombudsstelle berichtete.

Die Vertreterin der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte in dem südamerikanischen Land, Juliette de Rivero, verurteilte die Angriffe und drückte grosse Besorgnis aus. «Wir rufen alle zur Ruhe auf, besonders in Cali. Die Garantie der Menschenrechte wird durch Dialog und Gewaltlosigkeit erreicht. Wir mahnen: keine Gewalt mehr, keine Gewalt mehr», schrieb Rivero auf Twitter.

Präsident Duque führt seit einigen Tagen Gespräche mit der Opposition, Gouverneuren und Jugendlichen. Ein Treffen mit dem Nationalen Streikkomitee für diesen Montag bestätigte Arbeitsminister Ángel Custodia Cabrera in einem Video auf Twitter.

Nach Cali wollte Duque nicht reisen. In der Praxis scheint er bisher vor allem seinem politischen Ziehvater Álvaro Urive gefolgt zu sein, der auf Twitter schrieb: «Das Recht der Kolumbianer, ohne Blockaden und ohne Gewalt zu leben, ist nicht verhandelbar, es gibt nur ein Wort: Autorität.»

Kolumbien ist mit rund 50 Millionen Einwohnern nach Brasilien das zweitbevölkerungsreichste Land sowie der wichtigste Verbündete der USA in Südamerika. Mehr als 50 Jahre herrschte ein Bürgerkrieg, 220 000 Menschen kamen ums Leben, Millionen wurden vertrieben. 2016 schloss die kolumbianische Regierung einen Friedensvertrag mit der Farc-Guerilla, die Wirtschaft erlebte einen Aufschwung, der Tourismus, auch aus Deutschland, boomte. Doch der Frieden ist brüchig, die exzessive Polizeigewalt ein Rückschlag.

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