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SVP will konsequente Landesverweise und greift Härtefallklausel an

Die SVP verlangt, dass verurteilte ausländische Straftäter konsequent des Landes verwiesen werden. Ebenso greift sie die Härtefallklausel an, die es ermöglicht, auf Landesverweise zu verzichten. Am Mittwoch stellte sie ein Positionspapier dazu vor.

Agentur
sda
22.07.20 - 14:30 Uhr
Politik
Der frühere Berner SVP-Nationalrat Adrian Amstutz kritisiert vor den Medien die Umsetzung der vor 10 Jahren von Volk und Ständen angenommenen Ausschaffungsinitiative.
Der frühere Berner SVP-Nationalrat Adrian Amstutz kritisiert vor den Medien die Umsetzung der vor 10 Jahren von Volk und Ständen angenommenen Ausschaffungsinitiative.
KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Bei der Umsetzung der SVP-Ausschaffungsinitiative hätten Vertreter der anderen Parteien die Härtefallklausel als «absolute Ausnahme» bezeichnet. Eine «pfefferscharfe Umsetzung» sei zugesichert, dieses Versprechen aber nicht eingelöst worden, kritisierte der frühere Berner Nationalrat Adrian Amstutz in Bern vor den Medien.

42 Prozent ohne Landesverweis

Das Bundesamt für Statistik (BFS) errechnete für das Jahr 2019, dass über das Ganze gesehen die obligatorische Landesverweisung in 58 Prozent der Fälle angewendet wurde. Bei 42 Prozent wurde darauf verzichtet. Die Zahlen waren Ende Juni veröffentlicht worden.

Gemäss der Aufstellung der SVP im Positionspapier bedeutet das, dass beispielsweise 10 von 32 verurteilten Vergewaltigern nicht des Landes verwiesen wurden. Nach einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Tötung erhielten 6 von 20 Personen keinen Landesverweis.

Wegen schwerer Körperverletzung wurden 70 Personen verurteilt, davon 36 ohne gleichzeitigen Landesverweis. Nach einem Diebstahl in Verbindung mit Hausfriedensbruch standen 456 Urteilen ohne Landesverweisung 462 Richtersprüche mit Landesverweis gegenüber.

Erste vollständige Erfassung

Gemäss BFS konnte 2019 zum ersten Mal vollständig erfasst werden, mit wie vielen Verurteilungen für im «Katalog» des Strafgesetzbuches aufgeführten Straftaten eine Landesverweisung ausgesprochen wurde. Zuvor konnten Urteile wegen Diebstahls mit Hausfriedensbruch oder Betrugs in Verbindung mit Sozialleistungen nicht einbezogen werden.

Auf den Entscheid, Verurteilte nicht des Landes zu verweisen, hatten die Schwere der Tat und auch der Aufenthaltsstatus einen Einfluss, wie das BFS schreibt. Etwa war nach einem Tötungsdelikt oder einer Vergewaltigung das Risiko, die Schweiz verlassen zu müssen, fast 80 Mal höher als etwa beim unrechtmässigen Bezug von Sozialhilfe.

Für Personen ohne B- oder C- Ausweis ist das Risiko einer Landesverweisung 14 Mal höher als für eine Person mit einer C-Bewilligung. Auch wurden in der Schweiz geborene Ausländerinnen und Ausländer weniger oft des Landes verwiesen als im Ausland geborene Verurteilte.

Einfluss des freien Personenverkehrs

Einen Einfluss auf den Entscheid für oder gegen den Landesverweis hatte laut BFS bisher auch, ob der Verurteilte aus einem Land kommt, für das der freie Personenverkehr gilt. Der Unterschied kommt aber nur zum Tragen, wenn es um Menschen geht, die keinen B- oder C-Ausweis haben.

Die SVP fordert gestützt auf die Zahlen, wegen Straftaten verurteilte Ausländerinnen und Ausländer «konsequent» weg zu weisen wenn die Landesverweisung gemäss Strafgesetzbuch obligatorisch ist. Die Härtefallklausel für Ausnahmen von der nach gewissen Straftagen obligatorischen Landesverweisung will sie aus dem Gesetz streichen.

Weiter verlangt die SVP Aufschluss über die unterschiedliche Anwendung der Härtefallklausel in den Kantonen und eine Begründung für Ausnahmen gestützt auf die Klausel. Werde nicht Einhalt geboten und die Härtefallklausel weiterhin «übermässig» angewandt, behält sich die SVP eine neue Volksinitiative vor, wie sie schreibt.

Als Abhilfe sieht die SVP auch ihre Begrenzungsinitiative, über die am 27. September abgestimmt wird. In vielen Fällen verhindere die Personenfreizügigkeit die Ausschaffung von kriminell gewordenen Ausländern in ein EU-Land, macht Fraktionschef Thomas Aeschi dazu geltend.

Seit Oktober 2016 in Kraft

Der Bundesrat setzte das verschärfte Ausländergesetz auf den 1. Oktober 2016 in Kraft, nachdem das Volk die noch schärfer formulierte Durchsetzungsinitiative zur Ausschaffungsinitiative der SVP abgelehnt hatte. Die Ausschaffungsinitiative selbst hatte das Volk 2010 angenommen.

Die Zahlen des BFS zeigen laut SVP, dass die vom Stimmvolk 2010 angenommene Ausschaffungsinitiative nicht konsequent umgesetzt wird. Erfasst würden lediglich die nach einem «Katalogdelikt» verfügten Landesverweisungen, aber nicht die tatsächlich vollzogenen, kritisierte Aeschi. Diese Zahlen fehlten trotz wiederholtem Nachhaken noch immer.

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