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Aktivisten: Deutsche Kulturvermittlerin in Bagdad entführt

Unbekannte haben in der irakischen Hauptstadt Bagdad nach Angaben von Aktivisten die deutsche Kuratorin und Kulturvermittlerin Hella Mewis entführt. Bewaffnete Männer hätten Mewis in ihre Gewalt gebracht.

Agentur
sda
21.07.20 - 05:34 Uhr
Politik
Im Irak ist eine Deutsche nach Angaben von Aktivisten entführt worden. (Symbolbild Bagdad, 2003)
Im Irak ist eine Deutsche nach Angaben von Aktivisten entführt worden. (Symbolbild Bagdad, 2003)
KEYSTONE/AP/JEROME DELAY

Dies schrieb Ali al-Bajati, Mitglied der vom Parlament gewählten Menschenrechtskommission, am Montag bei Twitter.

Sicherheitskräfte hätten die Suche nach ihr aufgenommen, sagte ein Aktivist, der namentlich nicht genannt werden wollte, der Nachrichtenagentur DPA in der Nacht zum Dienstag. Das deutsche Auswärtige Amt bestätigte die Entführung der Deutschen zunächst nicht.

Mewis wurde in Berlin geboren und lebt seit mehreren Jahren in Bagdad. Sie arbeitete dort am Aufbau des Kulturinstituts Bait Tarkib, das die Arbeit junger irakischer Künstler fördern will. Zeitweise war sie auch für das Goethe-Institut tätig.

Die Männer hätten Mewis am Montagabend gegen 20 Uhr (Ortszeit) in Nähe des Kulturzentrums im zentral gelegenen Stadtteil Abu Nuwas entführt, schrieb Al-Bajati bei Twitter. Das Viertel liegt unweit des Flusses Tigris.

Aufschwung konservativer Kräfte

Bait Tarkib - zu übersetzen etwa als «Haus der Installation» - wurde 2015 zur Förderung zeitgenössischer Kunst gegründet. Die Organisation bemüht sich laut ihrer Website darum, «aufstrebende irakische Künstler und junge Menschen zu fördern, die ihr künstlerisches Talent entwickeln oder eine künstlerische Laufbahn anstreben». Das arabische Wort «tarkib» kann auch mit «Kombination» oder «Struktur» übersetzt werden.

Nach dem Ende von Saddam Husseins Diktatur im Jahr 2003 lebte der politische Islam im Irak wieder auf - und damit auch konservative islamische Werte, die viele Arten von nicht-religiöser Kunst als verboten («haram») betrachten. Viele irakische Künstler haben in ihrer Heimat einen schweren Stand und leben im Ausland.

Vor zwei Wochen hatten Unbekannte in Bagdad den international anerkannten politischen Analysten Hischam al-Haschimi in der Nähe seiner Wohnung erschossen. Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat. In den irakischen Medien richtete sich der Verdacht vor allem gegen die Iran-treue schiitische Miliz Kataib Hisbollah und die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Al-Haschimi galt als einer der besten Kenner extremistischer Gruppen im Irak. Er äusserte sich häufig kritisch zu proianischen Milizen im Land und war als Regierungsberater tätig.

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